
Etwas versteckt, zwar nicht am Ende der Welt, aber doch am Ende Bayerns liegt der Büttharder Ortsteil Oesfeld. Eineinhalb Kilometer sind es von dort zum Dreiländereck zwischen dem ehemaligen Großherzogtum Baden und den Königreichen Württemberg und Bayern. Ein Grenzstein, errichtet im Jahr 1862, zeigt den Punkt, der die drei Herrschaftsgebiete vereinte. Die Geschichte Oesfelds freilich reicht sehr viel weiter zurück in die Geschichte. 700 Jahre, um genau zu sein. Allemal ein Grund, das Jubiläum am 1. September groß zu feiern. Dazu legen sich die insgesamt 110 Oesfelderinnen und Oesfelder bereits seit Wochen mächtig ins Zeug.
Aus dem Jahr 1324 stammt die Urkunde, auf die sich die Oesfelder berufen. Zwar gibt es ältere Erwähnungen, aber ob es sich dabei tatsächlich um das Dorf handelt, ist nicht erwiesen. Genau 400 Jahre später fand im nahegelegenen Wald in Richtung Harthausen ein Ereignis statt, mit dem sich Oesfeld endgültig seinen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert hat. Am 18. August 1724 starb hier der Würzburger Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn auf der Rückreise von der Mergentheimer Residenz des Deutschordens, nachdem er vier Jahre zuvor den Bau der Würzburger Residenz in Auftrag gegeben hatte.

An dem angeblichen Sterbeort im Wald, in dem einstmals die alte Heerstraße verlief, wurde zum Gedenken an den Fürstbischof 1932 eine kleine Kapelle errichtet. Am idyllisch gelegenen Kirchlein, um dessen Erhalt sich seit langem die Mitglieder der Freiwillige Feuerwehr Oesfeld kümmern, organisiert die Dorfgemeinschaft alljährlich das "Käppelesfest", das Gäste aus Nah und Fern anzieht.
Festausschuss will mehr Licht in die Geschichte bringen
Für Jana Fuchs, Lukas Fuchs, Marion Brell und Wolfgang Rupp, die dem offenen Festausschuss angehören, ist es eine Herzensache, im Zuge des Jubiläums mehr Licht in die Oesfelder Vergangenheit zu bringen. Unter anderem stöbern sie dazu seit Wochen in alten Fotoalben, um geeignetes Material für eine Fotoausstellung zu finden.
Auf den Aufnahmen, beginnend zu Anfang des 20. Jahrhunderts, zeigen sich nicht nur der Alltag und das Arbeitsleben im Dorf. Es wird auch sichtbar, dass es damals einige weltliche und kirchliche Feste gegeben hat und die Oesfelder es verstanden haben, sie zu feiern. Dazu gab es einstmals zwei Gastwirtschaften, von denen die letzte vor über 40 Jahren geschlossen wurde. Ebenso wie der Tante-Emma-Laden, der 1971 die Tür für immer zugesperrt hat.

Bei einem Gang durch Oesfeld zeigen die großen Hofstellen, dass der Ort früher stark landwirtschaftlich geprägt war. Den Mittelpunkt des Dorfes bildet die 1811 erbaute Pfarrkirche, die dem heiligen Erhard geweiht ist. Nur wenige Meter von dem Gotteshaus entfernt sitzt Rita Neckermann auf einer Bank vor ihrem Haus, in dem sie alleine lebt. Die ehemalige Bäuerin, die am 14. August ihren 90. Geburtstag gefeiert hat, ist bis heute überzeugte Oesfelderin.
Rita Neckermann ist seit 90 Jahren überzeugte Oesfelderin
"In Oesfeld hat es mir immer gefallen, ich wäre nie woanders hingegangen", erzählt sie. Auf die Frage, ob sie mal verreist sei, lautet ihre Antwort: "Verreisen, warum? In Oesfeld ist es doch schön." Rita Neckermann ist in Oesfeld zur Schule gegangen und hatte danach als Landwirtin "den schönsten Beruf der Welt", wie sie sagt. Mit ihrem langen Leben in ihrem kleinen Dorf ist sie zufrieden. Die Leute hier seien lieb und unterstützen sie, wenn sie mal Hilfe brauche.

In der Dorfstraße, in der es überall reichlich blüht, scheint das kleine grünbewachsene Waaghäuschen wie aus der Zeit gefallen. Die Dorfwaage hat zwar längst ausgedient, trägt aber ebenso zur dörflichen Idylle bei wie die gefasste Quelle, die munter vor sich hin plätschert.
Bei einem Spaziergang durch das Dorf weisen die Mitglieder des Festausschusses auf ein imposantes Gebäude aus dem Jahr 1771 hin. Wie ein Großteil der alten Häuser ist es saniert und modernisiert und bietet auch jungen Familie beste Wohnqualität. Wie für Wolfgang Rupp, der mit seiner Frau und den beiden Kindern erst vor wenigen Monaten nach Oesfeld gezogen ist, und dort ein Haus renoviert hat.
Weil es kaum Bauplätze gab, wurden die alten Häuser erhalten
Aus seiner Sicht ist es heute ein Vorteil, dass man in Oesfeld kein Baugebiet ausgewiesen hat, nachdem der Ort 1972 nach Bütthard eingemeindet wurde. Dadurch - darin sind sich auch Lukas Fuchs, Marion Brell und Jana Fuchs einig - werden die alten Häuser erhalten und belebt und kaum neue gebaut. Der markanteste Leerstand zeigt sich mit dem Pfarrhaus aus dem Jahr 1624. Das daneben liegende Gebäude, in dem früher das Rathaus und die Schule untergebracht waren, steht aber ebenfalls leer.

Wie sehr den Oesfeldern ihr Dorf am Herzen liegt, beweisen die T-Shirts, die der Festausschuss zum Jubiläum hat drucken lassen und die inzwischen von Groß und Klein getragen werden. Auf der Vorderseite ist ein Logo zu sehen, das einem EKG ähnelt, auf der Rückseite der Schriftzug "Oesfeld, Herzschlag seit 1324".
Bei dem Fest am 1. September, das von vielen auswärtigen Helferinnen und Helfern unterstützt wird, will die Dorfgemeinschaft viele Gäste aus nah und fern an ihrer Freude und ihrem Zusammenhalt teilhaben lassen.

Von zehn bis 18 Uhr warten die Gastgeber mit regionalen Köstlichkeiten auf wie: Grillspezialitäten, Milchprodukte, Rosenküchle und Festtagsbrot, Bauerhofeis sowie Bier- und Ostbrände. Den frisch gepressten Apfelsaft gibt es ebenso zu probieren wie die hausgemachten Torten und Kuchen der Oesfelder Frauengemeinschaft.
Der Weizen wird wie anno dazumal gedroschen
Auf dem kunterbunten Markt mit Kunst und Handwerk wird Airbrush-Malerei gezeigt, ebenso wie Korbflechten, Klöppeln, Motorsägekunst, Bildhauer-, Papier-, Filz- und Patchworkarbeiten. Afrikanische Kunst und Kuriositäten sind ebenso im Angebot wie handgemachte Seifen, sowie eine Schlepperausstellung und die Vorstellung einer Oesfelder Naturheilpraxis. Für Spaß bei Jung und Alt sorgen der Tretbulldog-Parcours, Hau-den-Lukas, Kinderschminken, die Fotoausstellung in der Kirche und die Vorführung mit der historischen Dreschmaschine.