
Wenn die Kürnacher CSU nach 29 Starkbieranstichen etwas gelernt hat, dann das: Nicht jeder hat die fachliche Reife, das Starkbierfass anzustechen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte es 2011 fertig gebracht, dass Bierfontänen aus dem Fass schossen. Unvergessen auch der damalige Landwirtschaftsminister Josef Miller, der beim 9. Starkbieranstich im Jahr 2004 kräftig daneben haute.
Anzapfpannen solcher Art gibt es viele in der Geschichte des Starkbieranstichs. Den Leuten gefällt's, wenn sich die Politprominenz blamiert. Am Freitag, zum 30. Geburtstag des legendären Starkbieranstichs, hatten vielleicht viele erwartet, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sich vielleicht oder hoffentlich mit Bier besudelt. Doch der CSU-Chef wurde in Berlin gebraucht, wo sich am Abend noch die Parteivorsitzenden von SPD und Union zu Sondierungsgesprächen trafen. Söder sagte Kürnach ab und schickte Ersatz: Florian Herrmann, den Chef der Staatskanzlei.

Florian Herrmann ist anders als sein Namensvetter eigentlich ein guter Fassanstecher. Zumindest vor sechs Jahren hat er die Bewährungsprobe mit Bravour überstanden. Und dieses Mal? Herrmann macht sich die Hände nicht schmutzig. Stefan Scheller, der Kürnacher CSU-Ortsverbandsvorsitzende, übernimmt. Der Hahn sitzt, O'zapft is. "Er hat ja auch drei Wochen lang mit einem 30- Liter-Fass geübt", kommentiert CSU-Kreisvorsitzender Thomas Eberth.
Damit ist der Abend in trockenen Tüchern. Auf der Bühne beginnt das Gedränge um den schönsten Platz fürs Gruppenfoto, es wird geprostet und hoffentlich gleich g'scheit gefrotzelt. Das erwarten die gut 1000 Gäste in der Höllberghalle. Dafür sind sie extra mit Bussen angereist, dafür fahren sie seit Jahren nach Kürnach - und eben nicht zum Politischen Aschermittwoch nach Passau.
Und noch etwas zieht viele in den "Tempel der schwarzen Brüderlichkeit". Wenn es dunkel wird in der Halle, das dritte Starkbier seine Wirkung entfaltet und aus den Lautsprechern "Conquest of Paradise" und ausnahmsweise nicht die Körnier Dorfmusik zu hören ist, zieht Quirinius von Quirnaha ein.
Im Gewand eines Statthalters, begleitet von ehrfürchtigen Mönchen, erhebt Manfred Ländner als Landtagsabgeordneter im Ruhestand den Zeigefinger. Florian Herrmann ist da schon wieder auf dem Heimweg.
CSU-Frauenpower zum Frauentag
Ländner ist bekannt für seine direkte Art, nicht nur in der Rolle des Quirinius. So dauert es nicht lange, da kommt er auf den Familienstreit in der CSU-Stadt und Land zu sprechen. Weil es zwischen beiden Kreisverbänden im Vorfeld der Bundestagswahl intensive Diskussionen um die Kandidatenfrage gab, "hat der Zusammenhalt gewackelt", gesteht Quirinius ein. "Doch als es im Wahlkampf darauf angekommen ist, standen wir zusammen."
Auffällig oft werden am Tag vor dem Internationalen Frauentag die vielen Frauen in der Würzburger CSU hervorgehoben. Qurinius spricht von "Frauenpower", Florian Herrmann gar von der "weiblichen Kompetenz neben starken Männern. Da braucht uns niemand was vorzumachen". Eifrig zählt er ihre Namen auf: Andrea Behr, Rosa Behon, Hülya Düber, Judith Roth-Jörg, Karoline Ruf.

Ob Ländner und Herrmann dabei noch das Foto von den sechs Männer am Konferenztisch im Adenauerhaus vor Augen haben? Markus Söder hatte für das Bild vom Verhandlungsteam der Union kurz nach der Bundestagswahl reichlich Häme einstecken müssen, weil er es unter die Überschrift, "Wir sind bereit für einen Politikwechsel", in sozialen Medien postete. Von Frauenpower keine Spur.
Was CSU-Mitglieder zum Sondervermögen sagen
Dass im Wahlkampf Kanzlerkandidat Friedrich Merz noch über die Schulden der anderen schimpfte, jetzt mit einem Sondervermögen von 500 Milliarden davon nichts mehr wissen will, stört die CSU-Mitglieder nicht. "Er wird in die Ecke gedrängt, kann gar nicht anders. Wir müssen aufrüsten", findet Jutta Schmitt-Weininger aus Würzburg. "Neue Umstände erfordern neue Maßnahmen", sagt Burkard Wohlfahrt aus Rottendorf.
Und Qurinius weiß nicht so recht, was er dazu sagen soll. Er baut lieber auf seinen Optimismus. Dass er noch mit seinen Enkelkindern mit der Linie 6 ans Hubland fahren kann, die Fertigstellung des Mainfranken Theaters in Würzburg erleben wird, hält ihn aufrecht. Und freilich auch der Starkbieranstich - die "Krönung des CSU-Jahres". 2026 dann sicher mit Markus Söder - hoffen sie in Kürnach.
Zuvor wird der Ministerpräsident aber erst einmal beim Frühlingsvolksfest erwartet. Schließlich ist in Würzburg OB-Wahlkampf. Zu Brose will er auch kommen, weil das Werk geschlossen werden soll. Damit er weiß, dass es dafür keine wirtschaftlichen Gründe gibt, hat Betriebsratsvorsitzender Yves Weinberger Söder eingeladen und Unterlagen dabei, die er Florian Herrmann mit auf den Weg nach München gibt.