Joachim Herrmann hat's eilig. Kaum ist der Innenminister in die Kürnacher Höllberghalle eingezogen, legt er schon los. Schnell wird das Fass Starkbier auf die Bühne gebracht, husch wird ihm die Schürze umgebunden, der Hammer gereicht. Herrmann prüft, ob der Hahn auch zu ist. Das zeichnet eigentlich einen professionellen Fass-Anstecher aus. Dann holt er aus und schlägt kräftig zu.
Der Spaß beginnt. Hermann scheint auf eine Gerstensaftquelle gestoßen zu sein. Bierfontänen schießen oben aus dem Fass. Der Minister guckt verdutzt. Schlägt weiter mit dem Hammer auf den Hahn. Manfred Ländner hält schnell einen Bierkrug hin, um wenigstens ein paar Tropfen aufzufangen. Ein Fehler, Herrmann schlägt weiter auf den Hahn, zertrümmert den Steinkrug. Scherben fallen in die Bierlache.
Paul Lehrieder macht einen Buckel, sucht Deckung. Bürgermeister Thomas Eberth und andere versuchen das Leck zu stopfen. Doch die Bierfontäne will nicht versiegen. Den Leuten gefällt's. Das Volk tobt. Nichts hält sie mehr auf ihren Plätzen. Das Bier schießt weiter aus dem Fass. Ratlose Gesichter auf der Bühne. Endlich. Die Quelle versiegt. „Prost! Liebe CSU-Familie“, tönt es von der Bühne. Später heißt es, das Ventil hätte nicht aufs Fass gepasst.
Joachim Herrmann Innenminister
Herrmann atmet durch. Stärkt sich mit einem Schluck. Die Körnier Dorfmusik spielt „Der Sorgenbrecher“ – wie passend. Dann spricht der Innenminister. Vieles habe er schon erlebt. Aber so etwas. Nein, das kam dem erfahrenen Bieranstecher vom Erlanger Berg noch nicht unter. „Kürnach ist eben einmalig“, sagt er und die gut 1000 CSU-Anhänger klatschen eifrig.
Dann wird es eine Weile ziemlich ruhig. Herrmann spult seine Rede ab. Wie ein Wasserfall, ohne Punkt und Komma, stets in der gleichen Tonlage spricht er über Bayerns Spitzenstellung in Deutschland. „In Bayern geht es uns am besten“, sagt Herrmann überzeugt und schimpft über den Länderfinanzausgleich. Von den sieben Milliarden stammten 3,5 Milliarden aus Bayern. „Ihre Steuergelder sollen in Bayern bleiben“ fordert er und erntet dafür den ersten verhaltenen Applaus. Dass Bayern aber auch schon erheblich vom Länderfinanzausgleich profitiert hat, verschweigt der Minister.
Bildung und Integration sind die nächsten Punkte. Es gebe nichts wichtigeres als in die Ausbildung junger Menschen zu investieren, und: „Alle müssen die Sprache unseres Landes ordentlich sprechen“, lauten die Kernaussagen hierzu. Doppelte Staatsbürgerschaft sei mit der CSU nicht zu machen und Hassprediger werden in Bayern sofort ausgewiesen, stellt Herrmann klar. Der Applaus wird stärker.
Schließlich noch die Themen Sicherheit und Werte. Wieder ist Bayern Spitze. Herrmann lobt die deutschlandweit niedrigste Kriminalitätsrate und die höchste Aufklärungsquote der bayerischen Justiz. Generalstaatsanwalt Clemens Lückemann in der ersten Reihe nickt zustimmend.
Es ist geschafft. Verhaltener Schlussapplaus nach 53 Minuten. Nicht alle in der großen CSU-Familie sind zufrieden mit der Rede. Ein Funktionär, er möchte lieber ungenannt bleiben, ärgert sich. „Er hat nur das angesprochen, was gut läuft. Über Guttenberg hat er kein Wort verloren.“
Das holt Landtagsabgeordneter Manfred Ländner nach. Als Statthalter Qurinius von Quirnaha derbleckt er das politische Zeitgeschehen im „Tempel der schwarzen Fröhlichkeit“. Er wagt nicht die Fehler des Freiherrn zu beurteilen, will auch keine Vergleiche mit „Steinewerfer Fischer“ ziehen, stattdessen ist er sich sicher: „KT musste weg, weil er zu beliebt war“, sagt er und verurteilt die Häme und Hetze im Bundestag. „Von Gysi brauchen wir keine Nachhilfe in Demokratie“, stellt Ländner klar. Die Menge tobt. Endlich kommt Starkbierstimmung auf. Und Herrmann hat gelernt, wie sich Massen begeistern lassen – mit Bierfontänen und starken Sprüchen.