Es wird gebusselt, geherzt und gedrückt. Ein Mann ruft, "Hey, Rosa!", und nimmt Frau Behon sofort freundschaftlich in den Arm. Die beiden reden Englisch, andere rufen sich hebräische Wortfetzen zu. Unbeschwert ist die Stimmung bei den Gästen aus dem Landkreis Mateh Yehuda in Israel, unkompliziert der Umgang mit ihrem Gastgeber. Es ist, als würden sie sich schon ewig kennen, dabei sind es erst 25 Jahre, die den Landkreis Würzburg mit Mateh Yehuda verbinden.
"Es soll ein Abend der Freundschaft werden", sagt Landrat Thomas Eberth, den die Israelis alle nur mit seinem Vornamen ansprechen. Ein Abend, der festlich 25 Jahre Partnerschaft zwischen beiden Landkreisen besiegelt und verfestigt, an dem aber auch abseits des Protokolls Israelis und Deutsche persönliche Freundschaften pflegen und vertiefen.
Am Sonntag ist die Delegation aus dem Landkreis Mateh Yehuda aus dem "Grünen Herz" zwischen Tel Aviv und Jerusalem angereist. Die Gäste sind durch die Weinberge gewandert, haben Winzer kennengelernt, viele Weingüter besichtigt, das Weinfest in Eibelstadt besucht, auf Kiliani Volksfeststimmung erlebt, manche hätten sogar auf den Bierbänken getanzt, wird erzählt.
Gute Partnerschaft trotz schwieriger Vergangenheit
Der Kontrast am Tag danach: inne halten in der ehemaligen Synagoge in Gaukönigshofen, Gedenken an die Verbrechen des NS-Regimes, an den Holocaust. Ein paar Stunden später beim Festabend zur 25-jährigen Partnerschaft in der Schloßgaststätte Rimpar betont Landrat Thomas Eberth am Mittwoch, es sei eine "besondere Verpflichtung, die Erinnerung an die Vergangenheit zu bewahren".
"Es ist nicht selbstverständlich, dass diese Partnerschaft so ist wie sie ist", sagt Niv Viezel, Landrat in Mateh Yehuda, weil in der israelischen Delegation die Schoa sehr präsent sei. "Manche von uns haben Familienangehörige, die diese schreckliche Vergangenheit mitgemacht haben", wird er nachdenklich und fügt hinzu: "Das ist schwer für alle."
Die Vergangenheit – sie wäre der Partnerschaft zwischen beiden Landkreisen anfangs fast im Weg gestanden. Viezels Vater Meir war 1997 Landrat, als Waldemar Zorn zum ersten Mal mit einer Delegation nach Israel reiste, um die Partnerschaft mit Mateh Yehuda einzugehen. Doch umgedreht wollte Meir Viezel das Land der Täter niemals besuchen, weil auch Teile seiner Familie im Holocaust ermordet worden sind.
Wie aus zwei unterschiedlichen Männern enge Freunde wurden
Klaus Rostek, im Landratsamt 1990 für Jugend- und Familienarbeit zuständig, organisiert seit 1990 einen Jugendaustausch zwischen beiden Ländern und erzählt von Meir Viezels ersten Besuch in Deutschland. Es war in Rimpar, erinnert er, als beide Landräte sich zu ihrem ersten Vier-Augen-Gespräch trafen. Rostek sollte übersetzen, weil Zorn kein Wort Englisch sprach. "Oh je, dachte ich, was wird das werden?" Viezel, in Israel ein gefeierter Kriegsheld, ein Mann mit kräftiger Stimme; Zorn ein Pazifist, konservativ und katholisch.
Mit Zorn sprach Viezel dann über seine Kriegserfahrungen im israelisch-ägyptischen Krieg. Viezel berichtete, dass seine Soldaten schon am Suez-Kanal standen. Und, dass alle ohne einen Schuss abzugeben, wieder gesund nach Hause zurück kehrten. In seinem Heimatland würde er dafür als Kriegsheld gefeiert. Und auch Zorn haben die Erlebnisse beeindruckt. "Dieser kurze Augenblick hat dazu geführt, dass zwei vollkommen unterschiedliche Männer enge Freunde wurden", sagt Rostek.
Rivka Shahaf-Scherpf begleitet die Partnerschaft seit 25 Jahren. Die gebürtige Marokkanerin hat über 40 Jahre in Israel gelebt, hat dort ihren deutschen Mann kennengelernt und lebt seit einigen Jahren in Margetshöchheim. "Wieder in Marokko", lacht sie. Sie hat viele Gespräche mitbekommen, "aber übersetzt was sie will", scherzt Landrat Niv Viezel.
Was die Israelis von den Deutschen und die Deutschen von den Israelis lernen wollen
Was sagen die Israelis eigentlich über ihre deutschen Freunde, wenn sie unter sich sind? "Dass sie korrekt und sehr pünktlich sind, und dass alles hier sehr sauber ist." Und als Israelin sagt sie: "Wir sind genau das Gegenteil: weniger diszipliniert und sehr direkt."
Trotzdem nähern sich beide Nationalitäten im Laufe der Jahre an, besuchen sich über die Jahre immer wieder und profitieren voneinander. "Zu dieser Partnerschaft gehört auch die Zukunft", sagt Landrat Eberth und betont die inhaltliche Arbeit - vor allem beim Weinbau und in Bewässerungsfragen.
Gab es nie eine Krise in der Partnerschaft? "Nein", sagt Rivka Shahaf-Scherpf. Trotz der unterschiedlichen Mentalitäten, trotz der Vergangenheit - die Atmosphäre sei immer friedlich gewesen. "Vielleicht auch, weil ich als Israelin beide Sprachen kann und beide Lebensarten kenne, eine Brücke zwischen Israel und Deutschland bauen konnte", sagt sie und reiht sich ein in den Kreis, der bereits Arm in Arm tanzend fröhlich "Hevenu Shalom Alechem", wir wollen Frieden für alle, singt.