zurück
Rimpar
25 Jahre: Was die Freundschaft zwischen den Landkreisen Würzburg und Mateh Yehuda in Israel auszeichnet
Es ist längst mehr als eine politische Partnerschaft, die Mateh Yehuda und Würzburg verbindet. Zum Jubiläum wird getanzt, gesungen - aber auch getrauert.
25 Jahre Partnerschaft zwischen den Landkreisen Würzburg und Mateh Yehuda (Israel) mit (von links):  Roni Iron (Tourismusbeauftragte), Maja Ashkenazi (Partnerschaftsbeauftragte), Klaus Rostek (Landratsamt), Andrea Eberth und Thomas Eberth (Landrat), Niv Viezel (Landrat), Beni Eliraz (stellvertretender Landrat), Eberhard Nuß (Altlandrat) mit Ehefrau Caroline und Rivka Shahaf-Scherpf (Übersetzerin). 
Foto: Thomas Fritz | 25 Jahre Partnerschaft zwischen den Landkreisen Würzburg und Mateh Yehuda (Israel) mit (von links):  Roni Iron (Tourismusbeauftragte), Maja Ashkenazi (Partnerschaftsbeauftragte), Klaus Rostek (Landratsamt), ...
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:31 Uhr

Es wird gebusselt, geherzt und gedrückt. Ein Mann ruft, "Hey, Rosa!", und nimmt Frau Behon sofort freundschaftlich in den Arm. Die beiden reden Englisch, andere rufen sich hebräische Wortfetzen zu. Unbeschwert ist die Stimmung bei den Gästen aus dem Landkreis Mateh Yehuda in Israel, unkompliziert der Umgang mit ihrem Gastgeber. Es ist, als würden sie sich schon ewig kennen, dabei sind es erst 25 Jahre, die den Landkreis Würzburg mit Mateh Yehuda verbinden

"Es soll ein Abend der Freundschaft werden", sagt Landrat Thomas Eberth, den die Israelis alle nur mit seinem Vornamen ansprechen. Ein Abend, der festlich 25 Jahre Partnerschaft zwischen beiden Landkreisen besiegelt und verfestigt, an dem aber auch abseits des Protokolls Israelis und Deutsche persönliche Freundschaften pflegen und vertiefen. 

Über 25 Jahre Freundschaft zwischen den Landkreisen Mateh Yehuda und Würzburg freuen sich die beiden Landräte Thomas Eberth und Niv Viezel.  
Foto: Thomas Fritz | Über 25 Jahre Freundschaft zwischen den Landkreisen Mateh Yehuda und Würzburg freuen sich die beiden Landräte Thomas Eberth und Niv Viezel.  

Am Sonntag ist die Delegation aus dem Landkreis Mateh Yehuda aus dem "Grünen Herz" zwischen Tel Aviv und Jerusalem angereist. Die Gäste sind durch die Weinberge gewandert, haben Winzer kennengelernt, viele Weingüter besichtigt, das Weinfest in Eibelstadt besucht, auf Kiliani Volksfeststimmung erlebt, manche hätten sogar auf den Bierbänken getanzt, wird erzählt.

Gute Partnerschaft trotz schwieriger Vergangenheit

25 Jahre: Was die Freundschaft zwischen den Landkreisen Würzburg und Mateh Yehuda in Israel auszeichnet

Der Kontrast am Tag danach: inne halten in der ehemaligen Synagoge in Gaukönigshofen, Gedenken an die Verbrechen des NS-Regimes, an den Holocaust. Ein paar Stunden später beim Festabend zur 25-jährigen Partnerschaft in der Schloßgaststätte Rimpar betont Landrat Thomas Eberth am Mittwoch, es sei eine "besondere Verpflichtung, die Erinnerung an die Vergangenheit zu bewahren".   

"Es ist eine besondere Verpflichtung, die Erinnerung an die Vergangenheit zu bewahren."
Thomas Eberth, Landrat

"Es ist nicht selbstverständlich, dass diese Partnerschaft so ist wie sie ist", sagt Niv Viezel, Landrat in Mateh Yehuda, weil in der israelischen Delegation die Schoa sehr präsent sei. "Manche von uns haben Familienangehörige, die diese schreckliche Vergangenheit mitgemacht haben", wird er nachdenklich und fügt hinzu: "Das ist schwer für alle."

Mai 1997, der Partnerschaftsvertrag zwischen den Landkreisen Mateh Yehuda und Würzburg ist unterzeichnet. Dabei waren (von links) Moshe David, Landrat Meir Viezel, Paul Lehrieder, Landrat Waldemar Zorn, Volker Kleinfeld und Eberhard Nuß.
Foto: Günther Hillawoth | Mai 1997, der Partnerschaftsvertrag zwischen den Landkreisen Mateh Yehuda und Würzburg ist unterzeichnet. Dabei waren (von links) Moshe David, Landrat Meir Viezel, Paul Lehrieder, Landrat Waldemar Zorn, Volker ...

Die Vergangenheit – sie wäre der Partnerschaft zwischen beiden Landkreisen anfangs fast im Weg gestanden. Viezels Vater Meir war 1997 Landrat, als Waldemar Zorn zum ersten Mal mit einer Delegation nach Israel reiste, um die Partnerschaft mit Mateh Yehuda einzugehen. Doch umgedreht wollte Meir Viezel das Land der Täter niemals besuchen, weil auch Teile seiner Familie im Holocaust ermordet worden sind.

Wie aus zwei unterschiedlichen Männern enge Freunde wurden

Klaus Rostek, im Landratsamt 1990 für Jugend- und Familienarbeit zuständig, organisiert seit 1990  einen Jugendaustausch zwischen beiden Ländern und erzählt von Meir Viezels ersten Besuch in Deutschland. Es war in Rimpar, erinnert er, als beide Landräte sich zu ihrem ersten Vier-Augen-Gespräch trafen. Rostek sollte übersetzen, weil Zorn kein Wort Englisch sprach. "Oh je, dachte ich, was wird das werden?" Viezel, in Israel ein gefeierter Kriegsheld, ein Mann mit kräftiger Stimme; Zorn ein Pazifist, konservativ und katholisch.

Mit Zorn sprach Viezel dann über seine Kriegserfahrungen im israelisch-ägyptischen Krieg. Viezel  berichtete, dass seine Soldaten schon am Suez-Kanal standen. Und, dass alle ohne einen Schuss abzugeben, wieder gesund nach Hause zurück kehrten. In seinem Heimatland würde er dafür als Kriegsheld gefeiert. Und auch Zorn haben die Erlebnisse beeindruckt. "Dieser kurze Augenblick hat dazu geführt, dass zwei vollkommen unterschiedliche Männer enge Freunde wurden", sagt Rostek.  

Vermittelt und übersetzt seit 25 Jahren zwischen den Partnern: Rivka Shaha-Scherpf zwischen den Landräten Thomas Eberth (links) und Niv Viezel. 
Foto: Thomas Fritz | Vermittelt und übersetzt seit 25 Jahren zwischen den Partnern: Rivka Shaha-Scherpf zwischen den Landräten Thomas Eberth (links) und Niv Viezel. 

Rivka Shahaf-Scherpf begleitet die Partnerschaft seit 25 Jahren. Die gebürtige Marokkanerin hat über 40 Jahre in Israel gelebt, hat dort ihren deutschen Mann kennengelernt und lebt seit einigen Jahren in Margetshöchheim. "Wieder in Marokko", lacht sie. Sie hat viele Gespräche mitbekommen, "aber übersetzt was sie will", scherzt Landrat Niv Viezel.

Was die Israelis von den Deutschen und die Deutschen von den Israelis lernen wollen

Was sagen die Israelis eigentlich über ihre deutschen Freunde, wenn sie unter sich sind? "Dass sie korrekt und sehr pünktlich sind, und dass alles hier sehr sauber ist." Und als Israelin sagt sie: "Wir sind genau das Gegenteil: weniger diszipliniert und sehr direkt."  

Trotzdem nähern sich beide Nationalitäten im Laufe der Jahre an, besuchen sich über die Jahre immer wieder und profitieren voneinander. "Zu dieser Partnerschaft gehört auch die Zukunft", sagt Landrat Eberth und betont die inhaltliche Arbeit - vor allem beim Weinbau und in Bewässerungsfragen. 

'Hevenu Shalom Alechem', wir wollen Frieden für alle, singen die Gästen aus Mateh Yehuda und ihre Gastgeber im Rimparer Schlosshof. Entsprechend ist auch die Stimmung zwischen ihnen. 
Foto: Thomas Fritz | "Hevenu Shalom Alechem", wir wollen Frieden für alle, singen die Gästen aus Mateh Yehuda und ihre Gastgeber im Rimparer Schlosshof. Entsprechend ist auch die Stimmung zwischen ihnen. 

Gab es nie eine Krise in der Partnerschaft? "Nein", sagt Rivka Shahaf-Scherpf. Trotz der unterschiedlichen Mentalitäten, trotz der Vergangenheit - die Atmosphäre sei immer friedlich gewesen. "Vielleicht auch, weil ich als Israelin beide Sprachen kann und beide Lebensarten kenne, eine Brücke zwischen Israel und Deutschland bauen konnte", sagt sie und reiht sich ein in den Kreis, der bereits Arm in Arm tanzend fröhlich "Hevenu Shalom Alechem", wir wollen Frieden für alle, singt.  

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Rimpar
Thomas Fritz
Beziehungen und Partnerschaft
Freunde
Holocaust
Personen aus Israel
Thomas Eberth
Waldemar Zorn
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • U. A.
    Tolle Sache.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten