Dass es immer noch nicht normal ist, wenn Deutsche und Israelis aufeinandertreffen, zeigt der Besuch des Zentralratspräsidenten Josef Schuster beim Festakt 20 Jahre Partnerschaft zwischen den Landkreisen Mateh Yehuda und dem Landkreis Würzburg. Schuster wurde begleitet von zwei Sicherheitsbeamten. Und das in einem Umfeld von Kreisräten und Ehrengästen, von denen ihm sicher keiner etwas Böses will. Trotzdem, Polizeistreifen vor jüdischen Einrichtungen in Deutschland und Sicherheitsvorkehrungen beim Besuch israelischer Delegationen sind nach wie vor nötig. Auch, „weil in Deutschland mittlerweile die Freundschaft zu Israel leider gefährdet ist“, so Josef Schuster in seiner Festrede.
Ungezwungene Freundschaften, die in die Tiefe gehen
Davon völlig unberührt ist die Partnerschaft zwischen den Landkreisen Mateh Yehuda und Würzburg. Seit 20 Jahren besteht sie. Nicht nur auf dem Papier. Regelmäßig tauschen sich Jugendliche und Erwachsene aus
, reisen nach Israel oder empfangen Delegationen aus Mateh Yehuda im Landkreis Würzburg. Erst kürzlich war eine Gruppe aus dem Landkreis Würzburg in Israel zu Gast.
Dabei bleibt es oft nicht bei einem bloßen Treffen, die Besuche gehen in die Tiefe. Sie werden ungezwungener. Freundschaften entstehen. Genauso wie es der im Dezember 2008 verstorbene Landrat Waldemar Zorn 1997 wollte. Sinngemäß sagte er bei der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde: Wenn es gelinge, diese Partnerschaft mit Leben zu erfüllen, dann freue er sich und sei auch ein Stück stolz darauf, wenn beide Landkreise einen kleinen Anteil an der Aussöhnung beider Staaten haben werden.
Intensive und herzliche Freundschaft
Landrat Eberhard Nuß weiß heute, 20 Jahre später, dass diese Zwischenmenschlichkeit die Partnerschaft zwischen beiden Landkreisen bestimmt. „Die dunkle Seite der gemeinsamen Geschichte wiegt schwer. Trotzdem steht nicht das Trennende, sondern das Verbindende im Vordergrund“, sagte er am Montagabend im Wöllrieder Hof.
Hier feierten Deutsche und Israelis ihre Freundschaft zueinander, und hier versprachen Nuß und der stellvertretende Landrat Beni Eliraz durch ihre Unterschriften auf der „Erneuerung der Partnerschaftsvereinbarung“ auch, dass die freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Landkreisen fortgesetzt werden. Eigentlich bräuchte es diese schriftliche Vereinbarung gar nicht. Außenstehende merken schnell wie herzlich, wie intensiv die Freundschaft mittlerweile zueinander ist.
Josef Schuster: „AfD missachtet Teile des Grundgesetzes“
Das spürt auch Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. „Die vielen persönlichen Freundschaften, die sich generationsübergreifend gebildet haben, sind der Kern dieser lebendigen Partnerschaft zwischen beiden Landkreisen“, so Schuster. Dabei sei die direkte Begegnung stets das beste Mittel, um ein anderes Land, eine andere Kultur und Religion kennen zu lernen. Und vor allem eines würden die Teilnehmer bei einer Reise in den Partnerlandkreis schnell begreifen: „Die Situation im Nahen Osten lässt sich aus 3000 Kilometer Entfernung anscheinend leicht erklären.
Vor Ort sieht das ganz anders aus. Mit simplen Schwarz-Weiß-Zeichnungen wird niemand Israel und seinen Nachbarstaaten gerecht.“ Vor allem von Deutschen würde sich Schuster gerade deswegen mehr Zurückhaltung in ihren Urteilen über Israel wünschen.
Schuster ging dann auch auf den wachsenden Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Deutschland ein. Vor allem zur AfD fand er deutlich kritische Worte. „Bei der AfD haben wir es nicht nur mit einer rassistischen und revisionistischen Partei zu tun, sondern auch mit einer Partei, die Teile unseres Grundgesetzes missachtet und demokratische Werte diskreditieren will.“ Mit permanenten Sticheleien gegen Ausländer, gegen Asylbewerber, gegen Muslime, gegen Homosexuelle schüre die AfD Ressentiments, die immer noch in unserer Gesellschaft schlummerten und nun wieder wachgerüttelt werden. „Sie nimmt damit wissentlich in Kauf, dass es mit verbalem Zündeln anfängt und mit brennenden Asylbewerberheimen aufhört“, so Schuster.
Eine Scheidung der „katholischen Partnerschaft“ ist ausgeschlossen
Schuster ist aber zuversichtlich, dass es gelingen kann, viel zu bewegen. Nämlich dann, wenn „wir uns nicht entmutigen lassen“ und wenn „Demokraten zusammenstehen“. „Letztlich zählt nicht das Parteibuch. Letztlich zählen unsere Werte und unsere demokratische Grundüberzeugung.“ Und für die Partnerschaft zwischen den Landkreisen Mateh Yehuda und Würzburg steht der kleine Scherz, den Landrat Meir Viezel 1997 machte. Weil die Delegation aus Deutschland zu vielen biblischen Stätten quer durch Israel gereist ist bezeichnete er die Beziehung zwischen beiden als eine „katholische Partnerschaft“. Eine Scheidung sei somit nicht möglich. In fünf Jahren wird dann also Silberhochzeit gefeiert.