Große Vorbehalte haben die Gründung des Landkreis-Kommunalunternehmens (KU) im Jahr 1998 begleitet. Zum 20. Geburtstag der Einrichtung sind die allermeisten davon verflogen. Beim Festakt in den Veitshöchheimer Mainfrankensälen zeigten sich selbst die Kritiker von damals überzeugt. Landrat Eberhard Nuß meint sogar: „Der Landkreis sähe heute nicht so gut aus, wenn wir das KU nicht gegründet hätten.“
Über 100 Ehrengäste waren zur Feierstunde nach Veitshöchheim gekommen, darunter viele Gründerväter und Geburtshelfer des KU, aber auch Vertreter von Verbänden und Organisationen, mit denen das Kommunalunternehmen auf verschiedenen Ebenen kooperiert. IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Jahn überreichte eine Ehrenurkunde für besondere Verdienste.
Neuland betreten
KU, die beiden Buchstaben stehen für Neuland, das der Landkreis Würzburg vor 20 Jahren betreten hat. Nach den Stadtstaaten Bremen und Hamburg hatte der Freistaat Bayern als erstes Flächenland die neue Rechtsform eingeführt. In einer Zeit, da die Privatisierung öffentlicher Aufgaben vielerorts als Allheilmittel gepriesen wurde, ging es darum, wirtschaftliche Bereiche von der öffentlichen Verwaltung zu entkoppeln, ohne sie der Kontrolle der politischen Gremien zu entziehen.
Der Landkreis Würzburg war der erste in Bayern, der unter der Führung des damaligen Landrats Waldemar Zorn umfassend von den neuen Möglichkeiten Gebrauch gemacht hatte. Die Main-Klinik in Ochsenfurt, die ursprünglich zwei Seniorenheime in Würzburg und Aub sowie die Nahverkehrsgesellschaft APG wurden in eigenständige Gesellschaften ausgegliedert und unter das Dach der neuen Landkreis-Holding gestellt. Zu deren Vorständen wurden der vormalige Kreisverwaltungsdirektor Joachim Riedmayer und der junge Verwaltungsjurist Alexander Schraml bestellt. Inzwischen steht Schraml alleine an der Spitze des KU.
Müll und Wasser kamen hinzu
2004 kam mit dem „Team Orange“ die Abfallwirtschaft hinzu, die bis dato als bayernweiter Sonderfall in der Obhut der Gemeinden lag. Mit der Geschäftsbesorgung für den Abwasserzweckverband und die Fernwasserversorgung Mittelmain ist das KU außerdem vor zwei Jahren auch noch in die Trinkwasserversorgung und die Abwasserbeseitigung eingestiegen.
Ein Sammelsurium an Aufgaben, das nahezu alle Lebensbereiche der Landkreisbürger berührt. Kein Wunder, dass Kritiker im Kreistag damals die Entmachtung der politischen Gremien und gar die Installation einen „Neben-Landrats“ befürchteten, wie der Günterslebener Verwaltungsrechtler Josef Ziegler in Erinnerung brachte. Ziegler stand damals an der Spitze der Freien Wähler im Kreistag und erinnert sich noch gut an den langwierigen und schwierigen Entscheidungsprozess.
Vorbehalte und Widerstände
Trotz der Bereitschaft zu Reformen weiß auch der damalige CSU-Fraktionschef Manfred Ach von Vorbehalten und Widerständen in den eigenen Reihen zu berichten. „Jeder wusste, es muss etwas passieren, aber jeder hat gesagt, es darf nicht zu viel passieren“, fasst er seine Eindrücke zusammen.
Heute sieht sich das Kommunalunternehmen in all seinen Aufgabenbereichen gut aufgestellt. Die Main-Klinik, vor 15 Jahren noch Gegenstand von Privatisierungsfantasien, sei mehr denn je ein unverzichtbarer Bestandteil der medizinischen Versorgung in der Region, meint Klaus Schulenburg, Krankenhausreferent beim Bayerischen Landkreistag. Beim öffentlichen Nahverkehr habe das Kommunalunternehmen gemeinsam mit den Partnern der Würzburger Verkehrsbetriebe unterfrankenweit eine Vorreiterrolle übernommen, sagt Regierungspräsident Paul Beinhofer.
Aus zwei Altenheimen wurden sieben
Aus den ursprünglich zwei Kreisaltenheimen des Landkreises sind unter der Hoheit des Kommunalunternehmens sieben geworden, die die wohnortnahe Betreuung von Senioren sicherstellen. Und die kontroverse Diskussion über die Reform der Müllentsorgung ist längst verstummt. „Niemand spricht mehr über das Thema, weil es funktioniert“, sagt der ehemalige Kreisrat Helmuth Gerbig, der die Reform als zuständiger Sachbearbeiter an der Regierung von Unterfranken begleitet hatte.
Visionen für die Zukunft
Die Sorge, dass das Kommunalunternehmen zu einer Entmachtung der demokratischen Organe führt, ist inzwischen selbst bei einstigen Skeptikern wie Josef Ziegler gewichen. Mehr noch: Der Jurist und ehemalige Bürgermeister schlägt sogar vor, weitere Bereiche der Kreisverwaltung, wie die Betreuung der Liegenschaften und die Bautätigkeit an den Landkreisschulen ins Kommunalunternehmen auszulagern. „Das könnte als letzte Großtat des Landrats in die Geschichte eingehen“, so Ziegler an die Adresse von Eberhard Nuß, der in zwei Jahren sein Amt aufgeben will.