Geldgeber für die breite Bevölkerung und damit eine Säule der regionalen Wirtschaft: So verstehen sich die Sparkassen in Bayern. Vor etwa 200 Jahren entstanden im Freistaat die ersten ihrer Art, was zum Beispiel die Sparkasse Mainfranken Anfang Oktober mit einem Festakt in Würzburg würdigte. Grund für eine Bestandsaufnahme.
Franz-Josef Eichhorn ist der Ansicht, dass die Sparkassen auch nach 200 Jahren eine feste Verankerung im Finanzwesen der Region haben, auch wenn Kostendruck und Filialschließungen in der Vergangenheit nicht für charmante Schlagzeilen rund um diese Anstalten des öffentlichen Rechts gesorgt haben. Der 63 Jahre alte Professor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Bankenwesen. Seine Kernaussage: Sparkassen haben Zukunft, Volk- und Raiffeisenbanken auch.
Franz-Josef Eichhorn: Es ist ein Grund zum Feiern. Aber kein Grund für Schampus, weil das zu teuer wäre. Die Sparkassen sind Arbeitgeber, die große Stabilität und Sicherheit für ihre Mitarbeiter bilden. Das haben wir vor ein paar Jahren empirisch untersucht. Allein die Sparkasse Mainfranken hat 1500 Mitarbeiter – das ist einfach ein großer Arbeitgeber. Die Sparkassen haben eine andere Unternehmenskultur. Fast wie früher in Japan: Sie sind ein Lebenszeit-Arbeitgeber. Das ist auch für Kunden ein Thema. Das hat sich gerade in der Finanzkrise gezeigt, wo vor Ort die Stabilität und die Sicherheit von Sparkassen und VR-Banken im Gegensatz zu einer anonymen Online-Bank gesehen wurden.
Eichhorn: Von der Theorie her haben Sparkassen einen öffentlichen Auftrag. Das heißt, es geht um die Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld und kreditwirtschaftlichen Leistungen. Wenn ich jetzt an Leute denke, die nicht online-affin sind, dann hätten sie keine Alternative, wenn es keine Sparkassen und VR-Banken gäbe. Denn die Großbanken haben sich schon länger aus der Fläche zurückgezogen.
Eichhorn: Es gibt aber auch Leute mit relativ geringer Bildung. Wir haben das für Banken empirisch untersucht: Es sind vor allem die Älteren und Leute mit geringer Bildung, die nach wie vor auf die Bank vor Ort angewiesen sind. Hinzu kommt, dass bei zentralen Entscheidungen im Leben, wie bei Versicherungen oder Immobilienkauf, immer noch das Motto gilt: Banking is people. Das heißt, bei solchen komplexen Themen will ich eine persönliche Beratung haben. Klar, denn eine Hausfinanzierung zum Beispiel macht man nur einmal im Leben.
Eichhorn: Ich würde ihr sagen: Es gibt Hybridlösungen, dass sich also eine Sparkasse mit einer VR-Bank die Filiale zeitversetzt teilt. Das wäre eine Alternative zu Filialschließungen. Dann gibt es teilweise mobile Einheiten, also dass Busse zu bestimmten Zeiten in die Orte kommen – so wie früher der Bäcker. Wenn nun gar nichts mehr geht in dem Dorf der Rentnerin, dann muss ich sagen: Wenn die Sparkasse all das nicht machen würde, dann gäbe es sie mittel- und langfristig nicht mehr, weil sie dem Kostendruck unterliegt. Die Sparkasse ist unter Rentabilitätsgesichtspunkten eher die letzte Einrichtung, die schließt. Da sind andere schon jahrelang weg.
Eichhorn: Das bezweifle ich. Ich glaube nicht, dass sich die Sparkassen endgültig zurückziehen. Bei ihnen ist der politische Druck stärker. Ich denke eher, dass sich die Filialen noch reduzieren müssen. Allerdings lag das bisher auch an der Niedrigzinsphase. Durch sie hatten die Sparkassen kaum noch eine Zinsspanne. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Filialen eher zu Beratungscentern werden. Also nicht mehr fünf Filialen, sondern eine, in der dann beraten wird.
Eichhorn: Unter der Voraussetzung, dass sich die Zinsen wieder normalisieren, kann ich mir vorstellen, dass das ein radikaler Schnitt war. Aber damit ist für die nächsten Jahre Ruhe. Hinzu kommt, dass die Sparkasse-Fondsgesellschaft Deka sehr erfolgreich ist mit Provisionsgeschäften. Wenn es gelingt, diese Geschäfte in den Sparkassenfilialen über Beratung voranzutreiben, ist das eine Chance für Stabilität bei den Niederlassungen vor Ort.
Eichhorn: Sie sind definitiv der Mittelstandsfinanzierer. Auch zusammen mit der Bayerischen Landesbank sind sie bei der Begleitung von Auslandsgeschäften wichtig. Da ist Kontinuität da, und das ist auch der öffentliche Auftrag.
Eichhorn: Ich könnte mir vorstellen, dass es dann noch zwei gibt. Die Fusion, die vor etwa 20 Jahren zur Sparkasse Mainfranken geführt hat, war genial und visionär. Das ist jetzt wie eine Großstadt-Sparkasse. Dadurch konnten viele Kosten eingespart werden, zum Beispiel durch weniger Vorstände. Da spielt hinein, dass bei Sparkassen und VR-Banken das sogenannte One-Stop-Shopping greift. Also, dass man als Kunde alles aus einer Hand bekommt. Im Gegensatz zum Online-Banking mit seinem Do-it-yourself-Gedanken.
Eichhorn: Absolut. Bei der nächsten Krise wird sich diese Stabilität wieder unter Beweis stellen. Das ist ein großer Pluspunkt.
Eichhorn: Die sind gerade fleißig am Fusionieren. Sie haben auch dieses One-Stop-Shopping im Verbundgeschäft, also Bausparkassen, Fonds, Investmentgeschäft und so weiter. Weil die Genossenschaftsbanken kleiner als die Sparkassen sind, sind sie noch ein bisschen marktnäher. Eine Bankengruppe, die langfristig bestehen wird. Ganz nah am Mittelstand, enge Kundenbeziehungen. Es ist also ein großes Plus, wenn ich als Mittelständler Kunde einer Sparkasse oder einer VR-Bank bin. Man darf auch nicht vergessen, dass die Sparkassen und VR-Banken über ihr Sponsoring große Förderer der Region sind – im Gegensatz zum Beispiel zu Online-Banken.