Sophie Unterguggenberger ist 18 Jahre jung, gleichwohl ist sie bei der Freiwilligen Feuerwehr in Rottenbauer eine erfahrene Mitstreiterin. Sie war zwölfeinhalb, als sie mit zwei Schulfreunden vom Heuchelhof zur Jugendfeuerwehr im Stadtteil kam. "Es war cool, es hat von Beginn an Spaß gemacht", sagt sie. Die Frage, sich ein anderes Hobby zu suchen, habe sich ihr bis heute nicht gestellt. Hier ein Scheunenbrand, dort ein Autounfall: Mittlerweile ist die junge Frau nicht nur die Leiterin der 15-köpfigen Kinderfeuerwehr, sie ist auch regelmäßig bei Einsätzen dabei.
"Sophie ist bestens ausgebildet, sie packt an, wo immer es nötig ist. Und sie ist absolut zuverlässig." Kommandant Michael Olbrich (45) ist voll des Lobes über die Schülerin. Und die 18-Jährige sei nicht die Einzige, die man in letzter Zeit in die aktive Lösch-Mannschaft integriert habe. Nachwuchsprobleme habe man in Rottenbauer derzeit keine, so Olbrich.
Rund 50 Aktive zählt die Freiwillige Feuerwehr, ein gutes Fünftel davon sind Frauen. Mit Jessica Weller hat die Stadtteil-Wehr eine stellvertretende Kommandantin. Der Feuerwehrverein Rottenbauer unter der Führung von Stefan Orth (50) zählt 220 Mitglieder - darunter viele, die die Altersgrenze im aktiven Dienst, 65 Jahre, überschritten haben. An diesem Wochenende feiert die Freiwillige Feuerwehr Rottenbauer ihr 125-jähriges Bestehen.
Jochen Düll ist seit 34 Jahren bei der Feuerwehr aktiv
Jochen Düll ist seit 34 Jahren dabei. Als er dazukam, in den 1980er und 90er Jahren, sei es für die Jugend im dörflich geprägten Stadtteil "irgendwie selbstverständlich" gewesen, zur Feuerwehr zu gehen. Gleichwohl hätten viele Mitstreiter von damals später wieder aufgehört. Die Arbeit, familiär bedingter Wegzug, private Umstände oder andere Hobbys: Gründe für den Ausstieg gibt es viele.
Familienvater Düll ist geblieben. Der 50-Jährige hat den Vorteil, dass er als selbstständiger Immobilienkaufmann das Büro im Dorf hat und somit immer einer der ersten ist, die am Gerätehaus im Eibelstädter Weg zur Stelle sind, wenn der Piepser Alarm auslöst. 40 bis 60 Einsätze fährt die Feuerwehr Rottenbauer im Jahr. "Deutlich mehr als in meiner Anfangszeit", sagt Düll, der als Gruppenführer Atemschutz und Maschinist Verantwortung für Kameradinnen und Kameraden trägt. Zwei Drittel der Einsätze seien klassische Brände, ein Drittel technische Hilfeleistungen, beispielsweise nach Verkehrsunfällen oder bei Hochwasser.
Laut Kommandant Olbrich steigt die Zahl der Einsätze. Zum einen werden die Menschen leichtsinniger, so sein Eindruck. Küchenbrände beispielsweise nähmen zu. Zum anderen ist das Einsatzgebiet der Feuerwehr Rottenbauer über die Jahre größer geworden. In Abstimmung mit der städtischen Berufsfeuerwehr und den Nachbarwehren rücken Olbrich und seine Leute aus, wenn in Rottenbauer selbst, in Teilen des Heuchelhofs (bis zur Gethsemanekirche) oder in den angrenzenden Ortsteilen von Reichenberg Alarm ausgelöst wird. Zuletzt sei auch noch der Katzenberg-Tunnel an der A3 als weitere Herausforderung dazugekommen.
Ein Großeinsatz, bei dem über hundert Feuerwehrmänner und -frauen aus der Umgebung beteiligt waren, war der Brand Ende März in Rottenbauer, als eine Scheune, in der Wohnmobile untergestellt waren, in Flammen stand. Die Wehren konnten ein Übergreifen des Feuers auf Wohnhäuser verhindern. Düll: "Zum Glück gab es keine Schwerverletzten oder Tote, das ist am Ende das Wichtigste."
Die Voraussetzung, um im Ernstfall auch mitten in der Nacht, zu funktionieren, auf den Punkt präsent zu sein, ist regelmäßiges Üben. "Erst Routine schafft Sicherheit." Drei bis fünf Stunden die Woche verbringen Aktive wie Sophie Unterguggenberger und Jochen Düll bei der Feuerwehr. Es reicht heute auch für freiwillige Feuerwehrleute längst nicht, lediglich einen Schlauch halten oder Brechwerkzeug bedienen zu können.
Feuerwehrleute brauchen einen klaren Kopf
Feuerwehrautos sind hochkomplexe Einsatzgeräte geworden, der Umgang etwa mit brennenden Photovoltaikanlagen oder brennenden E-Autos will ebenso trainiert sein wie die Brandbekämpfung mit Atemschutz-Gerät oder das Verhalten bei Amoklagen. Da ist körperliche Fitness gefragt – und ein klarer Kopf.
"Einmal hatten wir so eine Art Hochstapler bei uns", erinnert sich Jochen Düll. Der Mann habe groß erzählt, bei welchen Einsätzen er schon dabei war und was er alles könne. "In Wirklichkeit war nichts dahinter, den haben wir schnell aussortiert." Michael Olbrich lächelt zufrieden: "Da lobe ich mir die aktuelle Langweiligkeit."
Jochen Düll: "Feuerwehr'ler zu sein, ist ein sinnvolles Hobby"
Es komme vor, dass ein Einsatz den einen oder anderen Feuerwehr‘ler mehr belastet als andere, "etwa, wenn bei einem Unfall Bekannte unter den Verletzten sind". Niemand müsse sich seiner Gefühle schämen, versichert der Kommandant. Wichtig sei, die Einsätze hinterher im Gerätehaus mit den Kameradinnen und Kameraden gemeinsam nachzuarbeiten. Olbrich: "Jeder soll gesund vom Einsatz wieder heimkommen – an Körper und Seele."
"Feuerwehr'ler zu sein, ist ein sinnvolles Hobby", antwortet Jochen Düll auf die Frage, warum er schon so lange dabei ist. Er gehe davon aus, dass noch ein paar Jahre hinzukommen, so der 50-Jährige. Bei Sophie Unterguggenberger steht nächstes Jahr das Abitur an. Und dann? Die 18-Jährige lacht: "Entweder mache ich etwas mit Medizin oder ich gehe zur Berufsfeuerwehr."