Die Zeitgenossen staunten: Das modernste Großkrankenhaus auf deutschem Boden – vor der Toren der Stadt auf der grünen Wiese gebaut. Als das Würzburger Luitpoldkrankenhaus 1921 offiziell eröffnet wurde, fand es Bewunderung überall. Und der Landesvater selbst gab dazu seinen Segen. Über Jahrhunderte hatten in Würzburg Universität und das Juliusspital zusammengewirkt zum Segen der Wissenschaft und für die Kranken in Stadt und Land. Jetzt brauchte es dringend eine größere Klinik, die den neuen Ansprüchen genügte. Den Namen des Regenten sollte das Krankenhaus für "ewige Zeiten" tragen, so beschlossen es die akademischen Behörden und die Stadt. Und seine Königliche Hoheit hatte die Gnade, die Genehmigung dazu zu erteilen: Luitpoldspital.
Die Widmung blieb, das "Spital" indes nicht. Als "Staatliches Luitpoldkrankenhaus" wurde der Neubau schließlich eingeweiht, der Kürze wegen das "LuKra". Wie auch immer der eingebürgerte Name: Dieses Krankenhaus, das den Namen des bayerischen Prinzregenten trug, war ein Meilenstein in der Geschichte Würzburgs und der Universität.
Die Anfangsjahre im Juliusspital
Wann und wie alles anfing? Früh. Zeitgleich mit der Universitätsgründung 1582 waren im Würzburger Juliusspital die ersten Kranken aufgenommen und von Arzt und Chirurgus behandelt worden. Die Statuten der Medizinischen Fakultät hatten von Beginn an auch gelegentlichen Unterricht am Krankenbett vorsehen. Doch die Universitätsmedizin, so beschreibt es Medizinhistoriker Dr. Andreas Mettenleiter, blieb erst mal provinziell und nutzte diese Möglichkeit kaum. Das Spital aber florierte und wuchs. Anfang des 18. Jahrhunderts überließen die Fürstbischöfe den Medizinern den Spitalgarten, aus dem ein Botanischer Garten wurde, das Apothekenlabor für die Experimentalchemie sowie den Gartenpavillon, um ein Anatomisches Theater einzurichten.
Wie die Unimedizin wuchs und die Unikliniken entstanden
Drei zukunftsweisende Entscheidungen Fürstbischof Franz Ludwig von Erthals sollten dann eine erste Blütezeit der Universitätskliniken begründen: 1786 entstand eine Krankenkasse für Handwerksgesellen, gegen einen kleinen Beitrag wurden Versicherte im Spital unentgeltlich verpflegt. Als modernes Armenkrankenhaus wurde bis 1793 der "Kuristenbau" neu gebaut. Und tüchtige Mediziner wie Internist Franz Meinolph Wilhelm oder Chirurg Carl Caspar Siebold gefördert, die systematisch einen klinischen Unterricht einführten. So zog Würzburg bald Mediziner aus ganz Süddeutschland an.
Siebolds Söhne Christoph, Barthel und Adam Elias leiten bzw. gründeten die Medizinische, Chirurgische und Geburtshilfliche Klinik. Die Patientenzahlen stiegen, bald gab es obligatorisch Sektionen, die Medizinstudenten erhielten sorgfältigen Unterricht in Anatomie, Pathologie, Zoologie und Botanik. Die Zeiten waren unruhig, doch das Konzept überzeugte und die enge Verbindung zum Juliusspital half, schreibt Andreas Mettenleiter in der LuKra-Festschrift, die Verlagerung der Universität nach Bamberg abzuwehren.
Ein frühes Bio-Zentrum mit Botanischem Garten
1854 wurden dann Anatomiepavillon, Botanischer Garten und Chemiegebäude der alleinigen Verantwortung der Universität übergeben. Das neu errichtete geräumige Medizinische Kollegienhaus versammelte fortan Anatomen, Pathologen, Botaniker, Chemiker und jene Ärzte, die im Labor forschten. Bedeutende Mediziner folgten einem Ruf nach Würzburg – darunter Albert Koelliker oder Rudolf Virchow. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, so Medizinhistoriker Andreas Mettenleiter, gehörten die Würzburger Kliniken zu den besuchtesten im deutschsprachigen Raum.
Parallel zu den Patientenzahlen stieg die Zahl der Studenten. Dass in Werneck im Landkreis Schweinfurt die „Kreis-Irrenanstalt“ eingerichtet wurde und 1888 die Psychiatrische Klinik aus den Stadtmauern hinaus in den neuen Stadtteil Grombühl zog, brachte etwas Entlastung.
Naturwissenschaften im Aufschwung - und Erweiterung am "Röntgenring"
1890 entsteht im Juliusspital-Garten ein hochmoderndes Operationssaalgebäude. Und dass die Stadtbefestigung abgerissen wird, hilft: In unmittelbarer Nähe zum Spital können am späteren „Röntgenring“ geräumige Institute für die Vorklinik und Naturwissenschaften gebaut werden. Dank privater Stiftungen entstehen Augenklinik, Zahnklinik und König-Ludwig-Haus. Und ab Mitte der 1890er Jahre dann wird über die Erweiterung diskutiert: Bekommt die Universität einen Neubau für ein Universitätskrankenhaus? Mit Beteiligung des Juliusspitals - oder ohne?
Juliusspital und Universität: Grundkonstellationen und Grundkonflikte
Mit Juliusspital und Universität hatte Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn im 16. Jahrhundert zwei bedeutende Institutionen geschaffen, die Stadt und Region über Jahrhunderte hinweg maßgeblich prägten – und die zu wechselseitiger Subsidiarität verpflichtet waren. Das Juliusspital sollte – so ist es in den Universitätsstatuten von 1587 festgehalten - von Anfang an auch Lehrkrankenhaus sein. 1596 hatten die vier Fakultäten vom Juliusspital "2300 fl. oder 2875 fl. (Gulden)" zu ihrer finanziellen Absicherung erhalten. Dafür konnte das Spital bei Bedarf auf das Können und Wissen der Universitäts-Juristen zurückgreifen. Die Studenten wiederum wurden im Juliusspital verpflegt – erst kostenfrei, später gegen etwas Geld.
Das Verhältnis der beiden Institutionen war indes im Verlauf der Jahrhunderte nicht nur so harmonisch und symbiotisch, wie es der Stifter es vorsah. Da gab es Neid und Streit, sagt Medizinhistoriker Andreas Mettenleiter. Psychiater Konrad Rieger sprach zu Beginn des 20. Jahrhunderts anlässlich einer Auseinandersetzung zwischen Spital und Universität gar überspitzt von "Bellum Julianum".
Forschung und Lehre - für den Patienten oder nicht im Sinne der Stiftung?
Der medizinische Fortschritt, steigende Patientenzahlen, steigende Studentenzahlen, neue medizinische Fachdisziplinen – die Juliusspital-Stiftung stieß ökonomisch an Grenzen. Die Medizinische Fakultät sah Lehre und Forschung, die ja zumindest mittelbar dem Patientenwohl zugutekommen würde, durch die Spitalverwaltung gehemmt. Die wiederum wollte die anvertraute Stiftung und die anvertrauten Kranken vor stiftungsfremden Bestrebungen schützen.
Schon gut ein Vierteljahrhundert vor dem Umzug nach Grombühl, anno 1867, hatte der Würzburger Magistrat erstmals eine Kommission eingesetzt, die der Frage nachgehen sollte, wie die beschränkte Bettenkapazität des Juliusspitals bei Bedarf erweitert werden könnte. Doch offenbar sah man noch keinen Handlungsdruck. Hatten sich indes 1804 Vorwürfe, dem Spital mangle es an "Luft, Licht und Raum", noch leicht als Propaganda zulasten der Würzburger Universität entlarven lassen, waren bauliche Mängel und eine zunehmende Überfüllung der Krankenstationen bald nicht mehr zu leugnen.
1880 verfügte das Innenministerium auf der Grundlage eines angesetzten "Minimalluftraums" pro Kranken von 30 Kubikmetern die Reduzierung der Bettenzahl im Juliusspital um 56 Patienten. Die Medizinische Fakultät geriet in Zugzwang.
Für weiteren Diskussionsstoff sorgten auch die mehrfach beanstandeten hygienischen Verhältnisse. 1890 hatte die Universität im Juliusspitalgarten zwar keine weitere Krankenstation, aber immerhin ein modernes Operationssaalgebäude errichtet. Die Chefärzte operierten und behandelten Privatpatienten schon seit Siebolds Zeiten in Privatkliniken oder brachten sie in Hotels unter.
Wohin mit der Erweiterung?
Das Juliusspital zu erweitern und die Krankenstationen räumlich auf verschiedene Standorte aufzuteilen? Nicht im Sinne des klinischen Unterrichts. Man erwog, am Nordende des Juliusspitals in der ganzen Länge, im Garten zwischen Fürstenbau und Kollegienhaus, einen Neubau zu errichten. Doch 1895 machte der ehemalige juliusspitälische Oberarzt, Professor Konrad Rieger, der mit der Psychiatrischen Klinik in einen Neubau im neuen Stadtviertel Grombühl übergesiedelt war, erstmals den so radikalen wie provokativen Vorschlag: Bau eines ganz neuen Krankenhauses außerhalb, das den zeitgemäßen Ansprüchen genügte. Die Spitalgebäude der traditionsreichen Stiftung könne man noch als Pfründner- und Armenanstalt nutzen.
Vernichtendes Urteil im Gutachten der Sanitätspolizei
Im Dezember 1900 legte Hubert Grashey, der bis 1886 Direktor der Psychiatrischen Klinik im Juliusspital gewesen war und die Verhältnisse dort kannte, in seiner Funktion als Obermedizinalrat im Innenministerium ein Gutachten vor. Und stellte dem Juliusspital aus sanitätspolizeilicher Sicht ein vernichtendes Urteil aus: Mühle und Weinkellerei seien in Zusammenhang mit einer Klinik ohnehin schon bedenklich, das Krankenhaus sei überlastet und überfüllt. Es fehle an Badezimmern, Garderoben, Spülküchen, ausreichenden Aborten und einer vernünftigen Kanalisation. Dementsprechend schlug auch er einen Neubau vor.
Dem Spatenstich für das Luitpoldkrankenhaus 1912 und der offiziellen Einweihung 1921 gingen schließlich noch lange Überlegungen und langwierige Verhandlungen voraus. Diskutiert wurde dabei nicht immer sachlich. 1906 erklärte sich die Stadt bereit, sich an einem Krankenhausneubau auf dem Schottenanger, der dem Militär gehörte, zu beteiligen. Innen- und Kriegsministerium, Universität, Juliusspital und Stadt verhandelten. Bis schließlich die Entscheidung für jenes Gelände fiel, das sich im im Nachhinein als richtig und glücklich erweisen sollte.
1911 stimmte Namensgeber Prinzregent Luitpold dem gemeinschaftlich eingebrachten Antrag von Universität und Stadt zu, das neue Krankenhaus "Luitpoldspital" zu nennen. Am Ende war aus dem gemeinsamen Krankenhausprojekt ausschließlich ein "Staatliches Luitpoldkrankenhaus" geworden.
100 Jahre Universitätsklinik Würzburg: Medizinhistoriker Dr. Andreas Mettenleiter hat eine umfangreiche wie lesenswerte Festschrift erstellt, die viele weitreichende Einblicke in die Geschichte der Würzburger Universitätsmedizin gibt. Der Band ist ab 2. November einsehbar sein auf der Jubiläums-Seite www.ukw.de/100.
Alte Fotos gesucht: In einem zweiten Band wird Mettenleiter auch die Geschichte der einzelnen Kliniken schildern. Dazu sucht der Medizinhistoriker noch alte Fotos und Bilder. Wer Bildmaterial oder alte Aufnahmen der Uniklinik hat, kann sich per Mail direkt melden unter andreas.mettenleiter@mail.uni-wuerzburg.de.
ja.... sehr interessant !
Auf einigen alten Ansichtskarten ( über Hundert Jahre alt ) sind die damaligen Zufahrtsstrassen wie zB
"Josef-Schneider-Str." bis zur damaligen "Kirschenlandstr." ( heute Oberdürrbacher Str. ) sehr gut erkenn-
bar. Viel hat sich in 100 Jahren nicht verändert !
Der heute notwendige " Mega-Neubau " hinter ZIM und ZOM , in der Oberdürrbacher Str., der über 1 Milliarde € kosten soll ( das sind 1.000 Milionen € ) wird über diese alten, nicht wesentlich veränderten Strassen er-
schlossen.. Mit einer Strassenbahn will man das heutige Fortbewegungsmittel Nr. 1 ( das Auto herkömmlich oder elektrisch ( verdrängen. Geradezu schamhaft hofft die Universität auf eine neue Zufahrt über den neuen
ST Lindleinsmühle " Am Schwarzenberg ".
Die Verantwortlichen heute...... sollten endlich Tacheles reden und mitteilen, mitsamt den WÜer Stadtratsgre-
mium, wie die Menschen grosszügig an das neue Ziel : " Gesundwerden ", zeitgemäss dorthin gelangen.
Wann kam der Bruch der Stadt mit den Namen Luitpolds?