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Schweinfurt
Zieht das Friederike-Schäfer-Heim an den Martin-Luther-Platz?
Gestern hier, heute dort: Die Diskussion um den Nachfolgebau für das Schweinfurter Seniorenheim geht weiter. Viele Standorte wurden diskutiert, jetzt die Rolle rückwärts.
Blick auf den Schweinfurt Martin-Luther-Platz. Nach Plänen der Stadt soll der Rückert-Bau (links) einem Neubau des Friederike-Schäfer-Heim weichen.  
Foto: Hajo Dietz Nürnberg | Blick auf den Schweinfurt Martin-Luther-Platz. Nach Plänen der Stadt soll der Rückert-Bau (links) einem Neubau des Friederike-Schäfer-Heim weichen.  
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:01 Uhr

Überraschung im Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrates am Dienstag: Das Friederike-Schäfer-Heim soll nun doch nicht am Verkehrsübungsplatz in der Friedrich-Stein-Straße gebaut werden. Der neue Standort ist nicht wirklich neu. Schon einmal wurde der Martin-Luther-Platz für einen Neubau ins Visier genommen, das war 2017. Und damals erklärte Baureferent Ralf Brettin, es gäbe eigentlich nur eine Option: den Verkehrsübungsplatz. Doch nun scheint er ausgeschieden: Der Grund, Altlasten stecken im Untergrund. Bleiben sie dort, ist das kein Problem, hieß es. Doch wer an dieser Stelle baut, muss sie beseitigen. Kosten: bis zu 750 000 Euro, plus 500 000 bis eine Million Euro für einen neuen Verkehrsübungsplatz in der Heisenbergstraße, wo außerdem Investoren Wohnungen bauen wollten. Rolle rückwärts? Ja, es sei denn, der Stadtrat entscheidet sich am 22. Oktober noch einmal anders.

So könnte das neue Friederike-Schäfer-Haus am Martin-Luther-Platz nach einem ersten Entwurf aussehen.
Foto: Entwurf: Architekturbüro BBO | So könnte das neue Friederike-Schäfer-Haus am Martin-Luther-Platz nach einem ersten Entwurf aussehen.

Im Ausschuss am Dienstag zeigten sich die Räte überrascht, konnten der Argumentation der Verwaltung in der Mehrheit zwar folgen. Doch es gab einige Bedenken und Kritik: Vor allem, was die Finanzierung betrifft. Kann die Hospitalstiftung, mit deren Geldern das Heim betrieben wird, den Neubau überhaupt schultern, wie steht es finanziell um die älteste Stiftung der Stadt? Eine Antwort darauf versprach Finanzreferentin Anna Barbara Keck zu den Haushaltsberatungen im November. Doch eben jene Zahlen, jene Einschätzung brauche man zwingend jetzt, um über Ja oder Nein zum neuen Standort zu entscheiden, meinte Sinan Ötztürk (Die Linke). Sein Antrag, die Entscheidung zu vertagen, wurde abgelehnt. Ebenso wie der Antrag von Joachim Schmidl im Namen der SPD im Vorfeld der Diskussion, den gesamten Punkt von der Tagesordnung zu nehmen. Schließlich basierte dieser zum einen auf einer Anfrage von proschweinfurt, in der es um die Nachnutzung des alten Heims für studentisches Wohnen ging; und zum anderen auf einem Antrag der SPD. Die hatte  nicht nur eine Prüfung der Nutzung für Kurzzeitpflege und betreutes Wohnen, sondern auch Zahlen gefordert, was den Bedarf an Pflegeplätzen in Schweinfurt betrifft. Für letzteres gab es keine Antwort.

Einzelzimmer für Senioren, Hausgemeinschaften und Kurzzeitpflege

Stattdessen wartete die Verwaltung unter Sozialreferent Jürgen Montag mit einem überraschenden Konzept am neuen und alten Standort auf. Einer Machbarkeitsstudie, wie man betonte. Die groben Pläne, die an manchen Stellen sehr detailliert wirken, stellte Architekt Thomas Otte vom Achitekturbüro BBO aus Bielefeld vor. Der drei- bis vierstöckige Neubau würde eine Fläche von rund 7500 Quadratmetern haben, etwa zwölf Meter weiter in den Platz reichen als der Friedrich-Rückert-Bau. Die Kosten für seinen Abbruch wären, dem stimmte Finanzreferentin Keck zu, nicht in den geplanten Investitionen für das neue Haus enthalten. Die Kosten für den Neubau könnten bei 19 Millionen liegen, falls man für 94 Bewohner, inklusive Kurzzeitpflege, und 18 Tagespflegeplätze baut. Stand 2019. Dass die Baukosten eher steigen als sinken, ist klar. Gebaut werden könnte auch erst, wenn das Kulturforum fertig sei, also etwa ab 2026 bis 2029.

Der Friedrich-Rückert-Bau: Nach aktuellen Plänen soll er für einen Neubau des Friederike-Schäfer-Heims weichen.
Foto: Oliver Schikora | Der Friedrich-Rückert-Bau: Nach aktuellen Plänen soll er für einen Neubau des Friederike-Schäfer-Heims weichen.

In dem Neubau würden die Senioren in Einzelzimmern mit eigenem Bad leben, jeweils 13 Senioren eine Hausgemeinschaft bilden. Außerdem würde man Kurzzeitpflegeplätze und Tagespflege anbieten, was auch in Schweinfurt immer mehr gebraucht und staatlicherseits besser gefördert würde, so Dieter Kreuz von der Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Altersforschung, der das Konzept präsentierte. Der Bedarf an stationären Plätzen sinke bundesweit. Immer mehr Senioren bleiben immer länger zuhause, gehen erst ins Heim, wenn es zuhause nicht mehr geht. Entsprechend sank die durchschnittliche Aufenthaltsquote auf 25 Monate. Deshalb die Reduzierung von aktuell um die 120 auf dann rund 94 Plätze. Ideal sei der Standort, da mitten in der Stadt, mitten im Leben. Das alte Gebäude in der Judengasse könnte laut Architekt und Berater später für betreutes Wohnen, gemischte Wohnformen für Alt und Jung oder auch studentisches Wohnen genutzt werden. 14 Millionen Euro würde dieser Umbau kosten, schätzungsweise. Frühester Sanierungsstart: ab 2030.

Das alte Gebäude des Friederike-Schäfer-Heims, hier die Ansicht vom Paul-Rummert-Ring, könnte für betreutes Wohnen, für Studentenwohnungen oder einen Mix aus allem genutzt werden, so die ersten Überlegungen.
Foto: Anand Anders | Das alte Gebäude des Friederike-Schäfer-Heims, hier die Ansicht vom Paul-Rummert-Ring, könnte für betreutes Wohnen, für Studentenwohnungen oder einen Mix aus allem genutzt werden, so die ersten Überlegungen.

Zwischen Zustimmung und "massiven Bedenken"

Während Stefan Funk und Bernd Weiß den Standort für optimal hielten und – ebenso wie die überwältigende Mehrheit – für das Projekt am Martin-Luther-Platz plädierten, sahen andere den Standort kritisch: Darunter nicht nur Grünen-Stadtrat Thomas Schmitt. Auch Joachim Schmidl (SPD) betonte, er habe nicht nur massive Bedenken, was den Standort gegenüber Kirche und Kulturforum betreffe. Das Kulturforum sei noch nicht endgültig beschlossen, ein Mehrbedarf an Raum wäre denkbar. Zum Hintergrund: Die SPD hatte den Friedrich-Rückert-Bau als möglichen Standort für einen großen Veranstaltungssaal ins Gespräch gebracht, der bei dem geplanten Kulturforum keinen Platz finden wird. "Traumtänzerei" nannte das Bernd Weiß. Und: Man müsse jetzt Lösungen für das Seniorenheim finden.

Das hatte auch Oberbürgermeisterr Sebastian Remelé betont. Hintergrund: die Fristen für eine Verbesserung der von Gesundheitsamt und Heimaufsicht beanstandeten Punkte wie veraltete Technik, mangelnde Barrierefreiheit und so weiter sind an sich schon abgelaufen. Eine Verlängerung gibt es nur, wenn klar ist, dass sich etwas ändern wird, also ein Neubau auf den Weg gebracht wird. Der Sozialausschuss, der am gleichen Tag einige Stunden später tagte, stimmte ebenfalls mehrheitlich für die neue Standortwahl.

 
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  • F. R.
    Das ist ein Altenheim an ungeeigneter Stelle in ungeeigneter Architektur und nicht ein Ergebnis städtebaulicher Überlegungen, sondern des geringsten Widerstands. Der historische Platz, mit dem ältesten Gebäude der Stadt St. Johannis aus dem 12. Jh., darf nicht verramscht werden, mit dem Machwerk einer Machbarkeitsstudie.

    Altlasten bis zu 750.000 € sollten niemals Auslöser für eine weitere gewichtige städt. Fehlentwicklung sein! Der Verkehrsübungsplatz ist vmtl. ein ideales Hochhausgrundstück für Innenstadtverdichtung; z.B. durch futuristische Türme, die die unschöne SWer Skyline endlich(!) bereichern könnte. Was in anderen Städten, die derzeit nicht schlafen, längst geschieht. In den unteren Geschossen könnte das Altenheim einziehen und oben Luxuswohnungen, mit grandiosem Blick zum Steigerwald; sie könnten das Projekt mitfinanzieren!

    Wenn Projekte solcher Art OB & Baureferent scheuen, sind sie fürs Oberzentrum SW eine Fehlbesetzung und verwässern weiterhin das große Erbe Griesers.
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  • K. K.
    Ich mache fast täglich Besuche im Wilhelm-Löhe-Heim. Von den dortigen Bewohnern sind die wenigsten noch in der Lage, das Haus mit eigener Kraft zu verlassen. Bei den "fitten" Bewohnern reicht es gerade mal noch für einen Rundgang mit dem Rollator im Hausgarten. Was für Vorteile bringt da bitte ein Standort mitten in der Innenstadt, wenn die meisten Bewohner am innerstädtischen Leben gar nicht mehr teilnehmen können? Und so etwas wie ein Garten dürfte an diesen Standort gar nicht möglich sein. Die Besucher und Mitarbeiter werden an der innenstädtischen Parksituation verzweifeln. Ich empfehle den Entscheidungsträgern mal ein paar Pflegeheime zu besuchen und sich ein Bild vom Zustand der Bewohner zu machen. Die brauchen meist alles andere als Innenstadt.
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  • F. R.
    Genau: Das ist eine erstklassige Lage für begehrte innerstädtische Luxuswohnungen in den oberen Geschossen. Da käme weiteres Leben in die Altstadt und die Stadt SW würde finanziell durch die Vermarktung profitieren. Stadtplanung kann so einfach sein.
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  • K. U.
    #Wo bleibt die demokratische Debattenkultur + Architektenwettbewerb statt intransparentes Verwaltungshandeln ?
    Die Stadtverwaltung (StädtBauamt+Sozialamt) haben offenbar aus den Erfahrungen und verfehlten Wettbewerbsaufgabe (Baukosten>20%+Raumprogramm) zum KULTURFORUM nichts gelernt und wiederholen immer wieder wie die Parteien ihre ideologischen "Dummheiten"> Wahlergebnis ignoriert ?!
    #"Blitzkriege"+"Notfallfallverordnungen"+ZENSUR durch Stadtverwaltung + Parteien + Medien ersetzen zunehmend unsere freiheitliche demokratische Debatten- & Rechtsstaatskultur sowie den Wettbewerb um die besten Lösungen für unsere Stadt ! ;-(
    #KULTURFORUM (Raumprogramm 300 Pers) + Bebauung des Platz-Ensembles Rückert-Bau gehören zusammen und eine ökonomische und räumlich-städtebauliche Lösung sollte nur über einen unabhängigen Architektenwettbewerb ermittelt und gefunden werden
    #Beenden sie bitte ihre erpresserischen undemokratischen HAURUCK-NOTSTANDSPROJEKTE und wann steigen sie von toten Pferden ab ?
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  • K. U.
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  • K. U.
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  • K. U.
    Wir haben einen Hinweis zu Ihrem Kommentar: Was hat die Seebrücke mit dem Artikel zu tun?
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  • K. U.
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  • F. R.
    Gut, dass der Bau 12m weiter in den Martin-Luther-Platz hineinreicht, der bisher für einen Altstadtplatz zu groß war. "Der drei- bis vierstöckige Neubau" - er ist auf der Ansicht fünfstöckig und das ist auch gut so! Die falsche Info ist typisch für die deutsche Ängstlichkeit bei Stadtplanung. Am Mittelmeer gibt es Dörfer mit sechs oder sieben geschossigen Häusern. Und das unterfränkische Klima tendiert in diese Richtung. Hohe Häuser bieten im Sommer Schatten, im Winter sparen sie Heizung und verbrauchen weniger Fläche. Mitten in der historischen Altstadt von Brünn sah ich ein ca. zehngeschossiges Wohnhaus, nach oben zurückgesetzt, das urban wirkte. Zur Finanzierung des Heims sollte man oben Penthäuser draufsetzen. Das gäbe teure Traumwohnungen, soziale Durchmischung (Inklusion) und weitere Stadtverdichtung & Leben.

    Nur die obige Gebäudeansicht ist 0815, professionelle Routine, typisch Bielefeld! Nach dem Motto: heute Leverkusen, morgen SW... Bei Baureferent Müller gab es sowas nicht.
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  • E. B.
    Nicht noch 12 m weiter in den Platz. Ich bin vor ein paar Tagen erst vorbeigelaufen und habe mir gedacht, wie schön der freie Platz jetzt aus sieht.
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  • G. L.
    Auf eigenen Wunsch hin gelöscht.
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