Die Zeit für Autos mit Diesel- oder Benzinmotoren läuft ab: Ab 2035 soll es in der EU keine Neuwagen mit solchen Verbrennungsmotoren mehr geben. Was als Mobilitätswende hin zu Elektroautos bezeichnet wird, treibt den ZF-Konzern heftig vor sich her.
Das wurde am Donnerstag auf der Bilanzpressekonferenz deutlich, bei der Vorstandsvorsitzender Holger Klein mit Blick auf wirtschaftliche Herausforderungen wie Corona-Pandemie oder Ukraine-Krieg vom "vierten Krisenjahr in Folge" sprach. Er erwarte in den nächsten Jahren "nur eine zaghafte Erholung" des Auto- und Industriezulieferers, der mit 9000 Beschäftigten in Schweinfurt einen seiner größten deutschen Standorte hat.
Klein zufolge baut sich die ZF Friedrichshafen AG weiter um, um bei der Mobilitätswende in der Kurve zu bleiben. Dabei werde in den gut 50 Standorten in Deutschland auf "eine noch größere Kostendisziplin" geachtet. Einzelheiten nannte der Vorstandschef nicht, der zum Jahreswechsel Wolf-Henning Scheider abgelöst hat.
Der Umbau führt unter anderem dazu, dass die ZF-Divisionen für Pkw-Fahrwerktechnik und Aktive Sicherheitstechnik "zu einer neuen und im Markt einzigartigen Division für Fahrwerk-, Lenkungs- und Bremsentechnologie" zusammengelegt werden, wie es am Donnerstag in einer Mitteilung hieß.
Die Sparte Pkw-Fahrwerktechnik ist mit 970 Beschäftigten auch in Schweinfurt vertreten. Was die Zusammenlegung für den Standort im Detail bedeutet, ist nach Auskunft einer Sprecherin noch in Planung.
Abgesehen davon hatte der Vorstandsvorsitzende ausdrückliches Lob für Schweinfurt parat: Im Bereich Kolbenfertigung habe der Standort ein Werk, "auf das ich sehr stolz bin". Was die Fertigung von Stoßdämpfern angehe, profitiere Schweinfurt von der großen Nachfrage. Schon jetzt zeige sich, dass der Standort gut im Rennen liege, was die Digitalisierung und zum Beispiel den Einsatz von Robotern in den Werken angeht.
Unter dem Strich wurde auf der Bilanzpressekonferenz deutlich, dass die großen ZF-Niederlassungen wie Schweinfurt und Saarbrücken keine Wackelkandidaten sind. Das sieht woanders nicht immer so aus: So sorgte im Oktober die geplante Schließung des ZF-Werkes im nordrhein-westfälischen Eitorf für Schlagzeilen und für Protestkundgebungen selbst im entfernten Schweinfurt.
50.000 ZF-Beschäftigte bekommen jeweils 800 Euro
Klein ließ am Donnerstag durchblicken, dass es für acht ZF-Standorte derzeit eine "Zielbildungsdiskussion" über deren Zukunft gebe. Einzelheiten nannte der Vorstandschef nicht. Immerhin gab es am Rande der Bilanzpressekonferenz eine gute Nachricht für 50.000 ZF-Vollzeitbeschäftigte in Deutschland: Sie erhalten laut einer Mitteilung mit dem April-Gehalt eine Erfolgsbeteiligung von je 800 Euro brutto überwiesen.
Von Erfolg war am Donnerstag freilich nicht bei allen Geschäftszahlen des Konzerns für 2022 die Rede. Zwar stiegen im Jahresvergleich der Umsatz um 14 Prozent auf den Rekordwert von 43,8 Milliarden Euro und das operative Ergebnis (Ebit) um 6,7 Prozent auf gut 2 Milliarden Euro. Doch der Gewinn nach Steuern sackte von 783 auf 376 Millionen Euro ab.
Wie sich Aftermarket bei ZF in Schweinfurt entwickelt hat
Neben dem weltweiten Halbleitermangel und den brüchigen Lieferketten machte den Friedrichshafenern im vergangenen Jahr der Rückzug aus dem Russland-Geschäft zu schaffen. Diese "Konsolidierung" im Zuge des Ukraine-Kriegs habe den Konzern "einen zweistelligen Millionenbetrag" gekostet, sagte Klein.
Erfreulich hingegen sei, dass 2022 der höchste Auftragseingang in der Konzerngeschichte verbucht wurde. Allein bei elektrischen Antrieben seien es mehr als 30 Milliarden Euro gewesen, so der Vorstandschef. Die Division Aftermarket in Schweinfurt habe ihren Umsatz um sechs Prozent auf 3,2 Milliarden Euro gesteigert.