Häuser, die kaum Energie brauchen, Regen auffangen anstatt ihn durch teure Abwasserkanäle in Kläranlagen zu leiten, den Schatten von cleverer Begrünung nutzen; schlaue Belüftungssysteme und Baustoffe, die dem Klima in den Gebäuden gut tun: Das ist die Botschaft, die Planer und Bauingenieure vermitteln. Sie arbeiten an dem, was einmal das Klimaquartier Kessler Field in Schweinfurt werden soll.
Und das Schweinfurt zu einer von acht Modellkommunen in Bayern für Klimaanpassung im experimentellen Wohnungsbau gemacht hat. Hier soll entwickelt werden, was Schule machen könnte: eine ganz neue Art von Bauen, von Wohngebieten.
Eine, die zuerst genau die Bedingungen im künftigen Baugebiet analysiert: Woher kommt der Wind, wo gibt es Schneisen, wie viel Niederschlag fällt, wie müssten die Häuser ausgerichtet sein, damit der Lichteinfall optimal, die Sonneneinstrahlung aber nicht zu groß ist, wie viel Bäume und Sträucher sind an welcher Stelle sinnvoll? Wer das berücksichtigt, hat viel gewonnen, davon zeigten sich die Planerinnen und Planer bei ihrer Präsentation vor dem Schweinfurter Stadtrat überzeugt.
Wo stehen die Planungen für das Klimaquartier – wann wird gebaut?
Das Konzept steht, genauer gesagt die Rahmenplanung. Das Klimaquartier wird aus fünf Höfen bestehen. Zunächst soll ein Hof gebaut werden, der als Blaupause für die anderen dient. Die Pläne dafür hat das Büro Frölich Schreiber Architekten aus Berlin geliefert, sie waren die Sieger in einem Realisierungswettbewerb. Nun wird die Planung vertieft. Das zahlt zunächst die Stadt, will die Kosten aber beim Grundstücksverkauf wieder hereinholen. Außerdem stehen staatliche Zuschüsse in Aussicht. 900.000 Euro für Gutachten und die weitere Planung – auch im Bereich Energieversorgung – will die Stadt Schweinfurt im kommenden Jahr einplanen. 2025 beginnt nach den aktuellen Plänen die Umsetzungsphase. Grundtücke sollen an Investoren verkauft werden, ab 2026 der Bau beginnen.
Wie soll das Klimaquartier am Kessler Field aussehen?
Das Klimaquartier besteht wie gesagt aus fünf Höfen, um jeden von ihnen gruppieren sich drei hohe Gebäude. Bis zu sieben Stockwerke hat jedes Haus. 90 Prozent der Fläche sind für Wohnen geplant, zehn Prozent für gewerbliche Nutzung. 80 Wohnungen soll dieser erste Hof bieten. Die Häuser sind nach dem Entwurf komplett aus Holz gebaut. Ganz allgemein setzen die Pläne für das Klimaquartier auf nachhaltige Baustoffe wie Holz und Lehm; aber auch Recycling-Beton.
Wird das Klimaquartier an die Fernwärme-Versorgung angeschlossen?
Das steht noch nicht fest. Vielmehr denkt man in eine andere Richtung, dass dieses Wohngebiet eventuell autark sein wird, also unabhängig. So sieht es auch der Entwurf für den ersten Hof vor. In Frage kommen, neben der Nutzung von Photovoltaik auf den Dächern, auch verschiedene Formen von Wärmepumpen – ob sie mit Luft, Erdwärme oder dem Prinzip Eisspeicher arbeiten. Ein Energiekonzept für das Quartier soll noch ausgearbeitet werden.
Wie viele Menschen sollen einmal im Klimaquartier Kessler Field wohnen?
In dem Bereich der Höfe sollen es am Ende einmal 700 Bewohnerinnen und Bewohner sein. Und zwar aus allen Bevölkerungsschichten. Geplant sind auch große Aufenthaltsbereiche, Spielplätze und -flächen. Die Menschen, so sagen Planerinnen und Planer, sollen sich hier wohlfühlen. Ebenso wie Insekten, Vögel und Fledermäuse, die man auf der Fläche kartiert hat. Neben den Höfen gehört zum Klimaquartier im Endausbau auch ein kleines Gebiet im Norden mit Einfamilienhäusern. Insgesamt könnten bis zu 1200 Einwohnerinnen und Einwohner einmal auf dem Kessler Field leben.
Sind Autos im künftigen Klimaquartier noch erlaubt?
Ja, auch wenn das Gebiet ein "autoarmes" sein soll, wie ein Planer es nannte. Deshalb wird auch ein Mobility Hub gebaut. Ein eigenes Gebäude am Quartier, wo Autos und Fahrräder geparkt werden können, wo es E-Ladestationen gibt, vielleicht auch einen kleinen Markt, Freizeiteinrichtungen und eine Paketstation. Angefahren werden können die Häuser also schon, geparkt wird aber im Mobility Hub. Angeschlossen sein wird das Quartier auch an den Busverkehr.
Was unterscheidet die Gebäude am Kessler Field von anderen?
Genutzt werden neue Gebäudekonzepte, die so ausgerichtet sind, dass Baustoffe und die Ausrichtung der Häuser dafür sorgen, den Energiebedarf möglichst gering zu halten. Ein Beispiel für experimentelles Bauen, das gerade im Gespräch ist, ist das Konzept einer Firma aus der Bodensee-Region, die Häuser plant, die allein durch ihre Bauweise und eine clevere Belüftungs-Steuerung ganzjährig Temperaturen von 22 bis 26 Grad in den Innenräumen versprechen. Wobei Sensoren ebenso eine Rolle spielen wie das Einberechnen von Wärmequellen – Haushaltsgeräten, aber auch Bewohnern. Schließlich geben auch Menschen Strahlungswärme ab. Schon im Ruhezustand sind das übrigens 100 Watt pro Person.
Wie werten Vertreter von Stadt und Stadtrat das Projekt?
Für Baureferent Ralf Brettin ist es das zentrale Stadtentwicklungsprojekt. Für Oberbürgermeister Sebastian Remelé ein Projekt, bei dem es nicht um die Frage geht "Wirtschaftlichkeit oder Umwelt". "Wenn wir uns dieser Bauweise annähern, dann baut man ökologischer und wirtschaftlicher." Das ist auch das Credo der Planerinnen und Planer. Manches, was hier geplant werde, spare Geld. Beispielsweise Regenwasser aufzufangen auf den Dächern oder in Zisternen, statt teure Abwasserkanäle zu bauen und Regenwasser in Kläranlagen zu schicken. Das Projekt Klimaquartier werde "insgesamt nicht teurer", wenn man den Lebenszyklus der Gebäude betrachte, so Planer Johann Senner.
Diese Aussage kam nicht von ungefähr. Denn auch wenn es aus dem Gremium nur positive Rückmeldungen über das innovative Konzept gab, ein Zweifel bleibt: Was wird es die Stadt kosten, wird man Investoren finden, die die Pläne umsetzen, wovon die Planerinnen und Planer überzeugt sind, und wie teuer wird das Wohnen im Klimaquartier am Ende sein? Fragen, die unter anderem Peter Hofmann (SPD) und Frank Firsching (Die Linke) stellten.
Welche Kosten für die Stadt anfallen, lasse sich aktuell nicht sagen, meinte Finanzreferentin Anna Barbara Keck. Klar sei, dass man ein Quartier schaffen wolle, "wo alle wohnen können". Sozialwohnungen seien hier genauso geplant wie Penthaus-Appartements, bemerkte Holger Laschka (Bündnis 90/Die Grünen). Ein Ziel, das auch umgesetzt werden müsste, betonte Firsching. Theresa Schefbeck (CSU) hatte für die Pläne nur eines übrig: Begeisterung. Entstanden sei für das Klimaquartier ein tolles, umsetzbares Konzept. "Das ist die Zukunft."
Werden gestimmt ganz tolle Hütten.
Im Zeitgeist ist auch das "autoarme" Quartier (trotz E-Mobilität!), mit Zentralparken am Rand. Erschließungsstraßen durch das Quartier, mit dezentralen Parken, brächten dem Viertel mehr Leben, Urbanität & soziale Kontrolle, als das frauenfeindliche Mobility Hub, zudem in der dunklen Jahreszeit mit langen Fußwegen an Büschen vorbei zu den Hauseingängen.
https://www.studiomauer.com/klimaquartierschweinfurt
Die Neue Urbanität ist noch nicht in der Provinz angekommen. Sie wiederholt nicht die ewigen Fehler moderner Stadtplanung. Stattdessen Blockrandbebauung, mit Autoverkehr an kleineren Quartierstraßen, mit Parken vor der Haustüre entlang der Fahrbahnen unter Alleebäumen.
https://blog.sbb.berlin/new-urbanism/
Das Klimaquartier Blockrandbebauung spart Außenwände/Heizung und schattige Gassen schützen vor unterfränk. Hitzesommern - statt öder Plätze die ausbrennen. Wir müssen bekanntlich bauen wie am Mittelmeer.