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Schweinfurt
"Wir rackern uns ab": Schweinfurts Citymanagement wehrt sich
Der Handelsverband warf der Stadt Schweinfurt vermehrt vor, seine Händler in der Krise im Stich zu lassen. Citymanager und Werbegemeinschaft platzte nun der Kragen.
Schweinfurts Citiymanager Thomas Herrmann (links) sowie Janik Quitsch und  Werner Christoffel (Vorsitzender) von 'Schweinfurt erleben' wehren sich gegen Vorwürfe des Handelsverbandes.
Foto: Nicolas Bettinger | Schweinfurts Citiymanager Thomas Herrmann (links) sowie Janik Quitsch und  Werner Christoffel (Vorsitzender) von "Schweinfurt erleben" wehren sich gegen Vorwürfe des Handelsverbandes.
Nicolas Bettinger, Volontär, Mediengruppe Main-Post
Nicolas Bettinger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:09 Uhr

Als "Dauerschlaf und Lethargie des Rathauses" hatte der Handelsverband den Umgang der Stadt Schweinfurt mit seinen Einzelhändlern erst kürzlich beschrieben. Insbesondere Kreisvorsitzender Axel Schöll attackierte die Stadt immer wieder und warf ihr Tatenlosigkeit vor. Schweinfurt hätte schon viel früher proaktiv werden und den Handel wieder öffnen müssen, beklagte Schöll. Nun meldete sich die Stadt zu Wort und wies die Vorwürfe entschieden zurück.

Bei einem gemeinsamen Pressetermin schilderten Schweinfurts Citymanager Thomas Herrmann sowie Werner Christoffel, Vorsitzender der Werbegemeinschaft "Schweinfurt erleben", ihre Sicht der Dinge. Und schnell wurde klar, dass Schölls Äußerungen die Verantwortlichen offensichtlich hart getroffen haben. Denn: "Herr Schöll meckert einfach immer und über alles, obwohl er ja auch nichts macht, wir rackern uns ab", sagte etwa Christoffel.

Gutscheinaktion sorgt für 300 000 Euro zusätzlichem Umsatz

Der Vorwurf, man tue nichts für die Ladenbesitzer, sei unfair und treffe nicht zu. Um Schölls Aussage zu widerlegen, listete Citymanager Thomas Herrmann eine ganze Reihe an Maßnahmen auf, die man seit Beginn der Corona-Krise vorangebracht habe. Ein sogenanntes Zehn-Punkte-Programm habe dabei der Sichtbarkeit und Bündelung von digitalen Aktivitäten des Handels, der Gastronomie und der Dienstleister während der Corona-Beschränkungen gedient.

Konkret habe man neben vielen Werbemaßnahmen etwa eine lokale Einkaufsplattform errichtet, welche für alle teilnehmenden Händler kostenfrei ist. Auch für Gastronomen habe man eine Lieferdienstplattform unterstützt. Die Einführung eines "same-day-delivery"-Lieferservice mit Partnern aus der Region sollte den Handel ebenfalls unterstützen. Besonders erfolgreich sei zudem der Aufbau und die Unterstützung der Gutscheinsysteme in Schweinfurt gelaufen. "Durch die verkauften Gutscheine wurde ein zusätzlicher Umsatz von rund 300 000 Euro geschaffen, dieser liegt jetzt noch bei den Leuten daheim im Schubkasten, bleibt aber letztlich in Schweinfurt", so Christoffel. Einige Gutscheine seien aber auch schon während der aktuellen Click & Meet-Regelung eingelöst worden. Mit den Gutscheinen können Kunden bei teilnehmenden Geschäften einkaufen. Die Händler können die Gutscheine anschließend in der Geschäftsstelle von "Schweinfurt erleben" in Geld einlösen. Christoffel rechnet damit, dass ein Großteil der der Gutscheine dann eingesetzt werde, wenn die Gastronomie wieder öffnen darf.

Händler überfordert von digitaler Einkaufsplattform

Weniger gut angenommen wurde jedoch das Angebot der lokalen Verkaufsplattform für Händler, welche etwa der Handelsverband seit langem forderte. "Die Seite steht perfekt da, aber es macht kaum einer mit, das ist traurig", sagt Christoffel. Laut Citymanager Herrmann seien viele Händler noch überfordert damit, ihren Onlineauftritt professionell zu betreiben. Deshalb würden viele das Angebot der kostenlosen Plattform erst gar nicht annehmen. Denn Händler müssten neben ihrem normalen Alltagsgeschäft ihre Produkte professionell fotografieren und beschreiben sowie die Verfügbarkeit der Waren auch online stets aktualisiert halten. "Das ist der Knackpunkt, an dem alle Städte mit einer Plattform bisher scheitern", so Herrmann.

"Herr Schöll meckert einfach immer und über alles obwohl er ja auch nichts macht, wir rackern uns ab."
Werner Christoffel, Vorsitzender von "Schweinfurt erleben"

Der laute Schrei des Handelsverbandes nach einer solchen Plattform sei deshalb "total überholt". Genau wie die Idee, sich dafür mit Ebay zusammen zu tun. "Der Händler müsste dabei hohe Gebühren zahlen, um überhaupt gelistet zu werden. Bei unserer Plattform kostet es ihn dagegen nichts", erklärt Herrmann. Dennoch nähmen das Angebot nur sehr wenige Händler in Anspruch.

Stadtmarketingpreis für Schweinfurt: "Niemand spricht darüber"

Trotzdem sei man grundsätzlich zufrieden mit den Leistungen, die man dem lokalen Handel bislang in der Krise zur Verfügung gestellt hat. So haben man etwa die Gelegenheit genutzt, um die Digitalisierung voran zu treiben. Als Pilotprojekt-Stadt bietet Schweinfurt beispielsweise ein kostenloses Schulungsportal an, womit der lokale Handel fit für die digitale Einkaufswelt gemacht werden soll, etwa durch Erklärvideos zum Thema Social Media.

Laut Herrmann habe man allein 10 000 Euro an Werbekosten für alle digitalen Angebote eingesetzt. Nicht zuletzt, so der Citymanager, habe sich die Mühe gelohnt. "Es wird gemeckert, aber niemand spricht darüber, dass wir für unsere Arbeit den 10. Stadtmarketingpreis Bayern für herausragendes Stadtmarketing (Kategorie: Sonderpreis 2020 Corona-Projekte für Stadt und Handel) erhalten haben." Für Herrmann und Christoffel sind die ständigen Vorwürfe, man setze sich nicht für den Handel ein, deshalb völlig unverständlich.

Hoffen auf die Modellstadt-Bewerbung

Denn auch in Sachen Modellstadt setze man weiter alles daran, durch die Bewerbung weitere Öffnungen zu ermöglichen. "Auch hier steckt natürlich viel Arbeit der Stadt dahinter, die Rahmenbedingungen für eine Bewerbung zu schaffen", erklärt Herrmann. Als "scheinheilig und heuchlerisch" hatte zuvor Axel Schöll die Eilanträge von CSU und SPD bezeichnet, sich als Modellstadt nach dem Vorbild Tübingens zu bewerben. Die Bekanntgabe der bayerischen Modellstädte wurde vom Staatsministerium aufgrund der landesweit hohen Inzidenzwerte vorerst verschoben.

 
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Kommentare
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  • hartwig.schweinfurt@arcor.de
    Solange Corona noch das beherrschende Thema ist kann sich das Stadtmarketingmanagement abstrakten wie wil, es wird nichts ändern. Größter Fehler in der Vergangenheit war das ECE. Steht jetzt auch zum grossen Teil leer und hat schon Billigläden aufgenommen. Die verbliebenen Anbieter fänden in der Innenstadt ohne Probleme einen Laden. Es muss sich mit der Veränderung abgefunden werden. Den Mix von Angeboten welche wir früher mal hatten wird nicht wieder kommen da es viele familiengeführte Läden nicht mehr gibt (Kolb, Grasberger, Krönlein, Voit-Bekleidung, Bechert , Rosa, Fischer ,usw.)
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  • Werner12
    Herr Schöll hat nur erreicht das jetzt die Baumärkte schlechter gestellt werden mit den Öffnungsregeln.
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