
Laut den Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft von 2023 fehlen in Deutschland etwa 900 Schwimmmeister, der Bundesverband deutscher Schwimmmeister schätzt die Zahl sogar auf 3000. Ist deren Job wirklich so anstrengend? Mitunter schon, finden zwei Schwimmmeister des Geomaris und erzählen, wieso sie ihre Arbeit trotzdem gerne tun.
Zu Schichtbeginn deckt Schwimmmeisterin Julia Förster erst einmal alle Außenbecken ab und lässt den Sauger laufen. Reinigungs- und Instandhaltungsaufgaben gehören zu ihrer Arbeit ebenso dazu, wie die Betreuung der Badegäste und die Leitung von Kursen. Schwimmflügel und Schwimmbrillen verleihen, Fragen der Gäste beantworten und die Erstversorgung von Wunden und Insektenstichen, das ist ihr täglich Brot.

Ihr Kollege Kim Müller ist gelernter Fachangestellter für Bäderbetriebe. Er ist daher für die Wassertechnik verantwortlich: Er spült die Filter zurück, wechselt Chlorgasflaschen und prüft den pH-Wert des Wassers. Außerdem gehört ein morgendlicher Rundgang zu seinen Aufgaben, bei dem er kontrolliert, ob das Bad betriebsbereit ist, und Anlagen wie die Dampfgrotte in Betrieb nimmt. Da er stellvertretender Betriebsleiter ist, übernimmt er auch organisatorische Tätigkeiten. Als Schichtleiter koordiniert er die Schwimmmeister seiner Schicht so, dass alle Gefahrenstellen abgedeckt sind.
Schwimmkurse: Eine herausfordernde Herzensangelegenheit
Dass wirklich jemand vor dem Ertrinken gerettet werden muss, passiere zum Glück selten, sagt Förster. Vor allem betreffe das Kinder. Auch deswegen würden ihr die Schwimmkurse, die sie erteilt, besonders am Herzen liegen. "Wenn ich nach Hause gehe und es kann wieder ein Kind mehr schwimmen, das ist immer wieder schön."
Kinder seien allerdings oft ängstlich im Wasser, gerade die Corona-Jahrgänge, die als Kleinkinder kaum in Schwimmbädern waren. "Da ist es schon eine Herausforderung, die überhaupt mal ins Wasser zu bekommen, ohne dass da ganz viele Tränen fließen", meint die Schwimmmeisterin.

Kein langer Sommerurlaub
Was laut Förster zur Arbeit als Schwimmmeisterin dazugehört, sei die Schichtarbeit und die saisonal ungleich verteilte Arbeitszeit. Im Sommer an drei Wochenenden pro Monat zu arbeiten, sei normal. Die Hitze stört Förster nicht, sie hält sich möglichst im Schatten auf. In den Pausen könne sie sich im Wasser abkühlen, sagt sie.
Kim Müller ist aufgrund des Personalmangels im Sommer teils zehn Tage am Stück im Einsatz. Seine Überstunden seien "exorbitant", sagt er. Auch die Hitze setze ihm gerade bei vielen Arbeitstagen am Stück zu. Trotz des Stresses aufgrund der Unterbesetzung mache er seine Arbeit mit "Vollblut und aus absoluter Überzeugung". Er könne sich momentan nichts anderes vorstellen.
Beide würden die Arbeit quasi in Freizeitklamotten schätzen, kurze Hose und Badelatschen sind für sie Arbeitsbekleidung. Sommergefühle hätten sie auch im Winter, wenn das Hallenbad wohlige 34 Grad habe.

Große Verantwortung – kleines Gehalt
Die Entlohnung eines Schwimmmeisters erfolgt in städtischen Bädern nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes. Für die Verantwortung, die die Fachangestellten für Bäderbetriebe tragen, könnte es laut Müller und Förster mehr Geld geben. Fachangestellte hätten eine dreijährige Ausbildung durchlaufen und würden die Verantwortung für die gesamten Badegäste tragen. "Man muss immer alles im Blick haben, gerade im Freibad ist das sehr herausfordernd." Falls es einen Unfall oder medizinischen Notfall gibt, seien sie für die Menschen verantwortlich.
Auch strafrechtlich müssten sie sich im Fall der Fälle wegen etwaiger Fahrlässigkeit verantworten. "Das passiert schneller, als man denkt", meint Müller, der schon einen Todesfall im Bad erlebt hat. Ein Gast habe einen Herzinfarkt erlitten und trotz sofortiger Reanimationsmaßnahmen nicht überlebt. Schwimmmeister müssten sich in einem solchen Fall juristisch verantworten. "Man lernt schon in der ersten Woche der Ausbildung, dass man in dem Beruf mit einem Bein im Knast steht."

Neben Fachangestellten für Bäderbetrieb arbeiten in diesem Bad auch Rettungsschwimmer. Deren Bezahlung sei angemessen, meinen Förster und Müller, da sie außer dem Rettungsschwimmabzeichen keine Ausbildung durchlaufen.
Förster ist ausgebildete Kauffrau für Sport und Fitness sowie Rettungsschwimmerin und kam über eine Aushilfsstelle zu der Festanstellung. Müller machte seine Leidenschaft für Schwimmen, die er seit seiner Kindheit hat, mit seiner Ausbildung zum Beruf. Er übt diesen nun seit 18 Jahren aus, erst nebenher, nun hauptberuflich als Schwimmmeister.
Größtenteils respektvoller Umgang der Badegäste
"Viele wissen gar nicht, dass es ein Ausbildungsberuf ist", sagt Müller. Der Respekt, den er sich im Umgang mit seinen Kunden wünscht, sei nicht immer gegeben. Unfreundlichkeit sei allerdings kein gravierendes Problem, das betreffe vielleicht zwei Prozent der Gäste.

Auch Förster berichtet von Badegästen, die Regeln nicht akzeptieren wollen. Die große Masse der Kunden sei allerdings äußerst freundlich. Lob bekomme sie für ihre Arbeit des Öfteren: Eltern, deren Kinder bei ihr Schwimmen gelernt haben, würden der Schwimmmeisterin für ihre Arbeit danken.
Das Baywatch-Klischee
Auf die Frage, welche Klischees über Schwimmmeister zutreffen, nennt Müller schmunzelnd das Baywatch-Stereotyp: Es komme wohl häufiger vor, dass Badegäste Kreislaufprobleme oder verstauchte Knöchel vortäuschen, um an die Handynummer der Schwimmmeister zu gelangen.
Auch Förster berichtet von amüsanten Erfahrungen: Sie sei einmal von einem ihr bekannten Badegast vom Sprungturm aus ins Wasser geschmissen worden. "Erfrischend!"
Wieso gibt es nun zu wenig Schwimmmeister?
Bleibt die Frage, weshalb Schwimmmeister fehlen. Förster meint, dass für manche die Schicht- beziehungsweise Wochenendarbeit problematisch sei. An sich sei der Beruf "super attraktiv, weil er sehr vielfältig ist".
"Wir arbeiten, wenn andere Leute Freizeit haben", glaubt auch Müller, dass die Arbeitszeiten abschrecken können. Die Arbeit an Feiertagen und Wochenenden belaste – obwohl es dafür freie Tage unter der Woche gibt – besonders in der Urlaubszeit: Schwimmmeister arbeiten dann, wenn andere in der Sonne liegen.