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Ochsenfurt
Sommer, Sonne, Stress: Wie die Ochsenfurter Bademeister die Freibadsaison erleben
Der Andrang auf die lokalen Freibäder ist enorm. Ein Anlass, die Perspektive zu wechseln und den Arbeitstag der beiden Ochsenfurter Bademeister zu begleiten.
Die beiden Fachangestellten für Bäderbetriebe Siegfried Pregitzer und Hanna Hug bei der Arbeit im Freibad in Ochsenfurt. 
Foto: Silvia Gralla | Die beiden Fachangestellten für Bäderbetriebe Siegfried Pregitzer und Hanna Hug bei der Arbeit im Freibad in Ochsenfurt. 
Leonie Dierolf
 |  aktualisiert: 28.08.2024 02:39 Uhr

Temperaturen von über 30 Grad. Der Geruch von Sonnencreme und Pommes liegt in der Luft. Das Freibad ist für viele Menschen aus der Region der Zufluchtsort, wenn die Hitze wieder einmal unerträglich wird. Allein in diesem Jahr verzeichnete das Maininsel-Bad in Ochsenfurt bisher rund 38.000 Besucherinnen und Besucher. Doch wo andere Spaß haben, gibt es für die Ochsenfurter Bademeister Hanna Hug und Siegfried Pregitzer alle Hände voll zu tun.

Die verborgene Arbeit eines Bademeisters

Die Schicht der beiden Fachangestellten für Bäderbetriebe - so die korrekte Berufsbezeichnung - beginnt um 8 Uhr, noch lange bevor die Besucherinnen und Besucher in das Maininsel-Bad strömen. Dann erledigen Siegfried und Hanna erst einmal in Ruhe ihre alltäglichen Routine-Aufgaben, säubern die Anlage und überprüfen die Wasserqualität.

Der Bademeister Siegfried Pregitzer kontrolliert täglich die Technik im Maschinenraum.
Foto: Silvia Gralla | Der Bademeister Siegfried Pregitzer kontrolliert täglich die Technik im Maschinenraum.

Besonders die Technik hinter den Kulissen bereitet Siegfried Pregitzer Freude. Sie ist in Räumen unterhalb der Anlage versteckt. Hier wird unter anderem der pH-Wert des Wassers überwacht, der Chlorgehalt reguliert und das Beckenwasser durch Filter gereinigt. 

Sanitäter, Techniker, Gärtner und Aufsicht in einem

Sobald die Türen des Bades geöffnet sind, sind die Schwimmmeister vor allem für die Überwachung der beiden Becken, die Einhaltung der Baderegeln und das Versorgen kleinerer Verletzungen zuständig. Solche Verletzungen kommen regelmäßig vor, sind aber meist harmlos. Oftmals handelt es sich nur um Schnitt- und Schürfwunden oder Wespenstiche, bei denen die betroffenen Kinder nicht einmal eine Träne verdrücken, erzählt Hanna Hug. Während Hanna in ihrer bisherigen Laufbahn noch niemandem das Leben retten musste, hat Siegfried in seinen 24 Jahren im Ochsenfurter Bad bereits zweimal Menschen reanimiert, die im Becken einen Herzstillstand erlitten hatten.

Der Kleine Johann (4) aus Biebelried bekommt von Hanna Hug die Aufgaben für das Seepferdchen-Abzeichen erklärt. 
Foto: Silvia Gralla | Der Kleine Johann (4) aus Biebelried bekommt von Hanna Hug die Aufgaben für das Seepferdchen-Abzeichen erklärt. 

Ist das Wetter einmal kalt und bewölkt, fällt für die Fachkräfte auch die Gartenarbeit an. Dann werden Hecken geschnitten, die Wiesen mit dem Rasentraktor gemäht oder im Spätsommer Laub gerecht. Auch kleinere Reparaturen, die zwischenzeitlich angefallen sind, werden dann erledigt. Auf die Frage, welche der Arbeiten er denn am liebsten erledigt, antwortet Siegfried Pregitzer knapp: "Ich mach alle gern."

Auch die Gartenarbeit gehört zur Tätigkeit des Fachangestellten für Bäderbetriebe Siegfried Pregitzer.
Foto: Silvia Gralla | Auch die Gartenarbeit gehört zur Tätigkeit des Fachangestellten für Bäderbetriebe Siegfried Pregitzer.

Ein Beruf mit Herz

Als er nach seiner schönsten Erinnerung in seinem Job gefragt wird, zeigt der 64-Jährige stolz auf eine Karte an der Pinnwand des Bademeisterhäuschens. Diese haben ihm Grundschulkinder letztes Jahr überreicht und ihm damit für seine tägliche Arbeit gedankt. Auch für Hanna sind es vor allem die Kinder, die ihren Arbeitsalltag bereichern. "Ich liebe es, die Kleinsten vom Seepferdchen bis zum goldenen Schwimmabzeichen begleiten zu können", erklärt die 25-Jährige, "Das ist das wirklich Schöne an meinem Beruf!"

Hanna Hug erklärt den Kindern Marie (9), Felix (7), Marie (7) und Julian (7) die wichtigsten Schwimmregeln. 
Foto: Silvia Gralla | Hanna Hug erklärt den Kindern Marie (9), Felix (7), Marie (7) und Julian (7) die wichtigsten Schwimmregeln. 

Hanna Hug kennt aber auch die Schattenseiten ihres Berufs. Die Wertschätzung werde von Jahr zu Jahr geringer, sagt sie. Immer wieder muss Siegfried Pregitzer zu seiner Pfeife greifen und Gäste ermahnen. Die strenge Durchsetzung der Baderegeln diene doch nur der Sicherheit der Badegäste, sagt er, stoße jedoch vielen Besucherinnen und Besuchern auf. So komme es regelmäßig zu Konflikten mit Regelbrechern, Übermütigen oder Eltern, die ihre Nichtschwimmer-Kinder in das große Becken schicken möchten

Bademeistermangel: Eine bundesweite Krise

Laut den Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft von 2023 fehlen in Deutschland etwa 900 Bademeister, der Bundesverband deutscher Schwimmmeister schätzt die Zahl sogar auf 3000. Auch in Ochsenfurt lässt sich dieses Drama beobachten. Vor zwei Jahren musste das Freibad sogar trotz besten Wetters einige Tage schließen, weil einer der Bademeister erkrankt war. 

Die Bademeister des Maininsel-Bad Ochsenfurt haben stets alles im Blick. 
Foto: Silvia Gralla | Die Bademeister des Maininsel-Bad Ochsenfurt haben stets alles im Blick. 

Derzeit arbeiten sie zu dritt. Rettungsschwimmer Bernd Viertel unterstützt die beiden Fachangestellten bei der Badeaufsicht. Doch Siegfried Pregitzer will im kommenden Jahr in Ruhestand gehen. Deshalb sucht das städtische Kommunalunternehmen KSO bereits nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Doch die Bewerberlage sieht eher düster aus, sagt Marcel Markert vom KSO.

Viel Verantwortung, wenig Wertschätzung

Einen Grund für den Nachwuchsmangel sieht Siegfried Pregitzer in der Bezahlung. Für die Verantwortung, die der Beruf mit sich bringe, sei die nicht angemessen. Zudem können Bademeister im Sommer keinen längeren Urlaub machen - vor allem für Jüngere sei das häufig ein Problem. Hinzu kommen die Vorurteile, mit denen auch die beiden Fachangestellten im Ochsenfurter Freibad regelmäßig zu kämpfen haben. "Viele glauben, wir sitzen hier nur rum und machen Urlaub", sagt Hanna Hug. Dabei erfordere der Beruf eine dreijährige Ausbildung und regelmäßig Lehrgänge. 

Siegfried Pregitzer hält Beckenaufsicht und muss dabei immer wieder zu seiner Pfeife greifen.
Foto: Silvia Gralla | Siegfried Pregitzer hält Beckenaufsicht und muss dabei immer wieder zu seiner Pfeife greifen.

Siegfried Pregitzer stellt die Vorteile des Berufs dagegen. "Im Freibad ist man sein eigener Herr und arbeitet immer im Freien", sagt er. Er habe Spaß an der Arbeit, sonst würde er den Job nicht schon seit 24 Jahren machen. 

Was macht ein Bademeister eigentlich im Winter?

Die Arbeit beschränkt sich nicht nur auf die Zeit zwischen Mai und September. Bereits ab März wird die gesamte Anlage aus ihrem Winterschlaf geholt. Dann werden beispielsweise Becken gereinigt, deren Zustand geprüft und Reparaturen vorgenommen. Nach der Saison muss die gesamte Anlage dann wieder winterfest gemacht, die Technik heruntergefahren und alles außer Betrieb genommen werden.

Den Winter über sind die Fachangestellten an anderer Stelle im KSO beschäftigt, es sei denn, der übrige Urlaub und die Überstunden reichen aus, um die gesamte Winterpause zu überbrücken. So ist es schon vorgekommen, dass Siegfried während einer Saison 600 Überstunden angesammelt hat. 

 
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