
Vor einem möglichen Blackout, also einem großflächigen, mehrtägigen und womöglich bundesweit eintretenden Stromausfall, wurde vor diesem Winter eingehend gewarnt. Bislang blieben wir davor verschont. Doch Experten warnen: Das europaweit zusammenhängende Stromnetz ist weiter zu fragil, als dass es nicht doch plötzlich kollabieren könnte.
In einem solchen Fall würde auch in Gerolzhofen und den umliegenden Gemeinden schlagartig nicht nur das Licht ausgehen – nahezu alle Lebensbereiche wären betroffen. Auf den Umgang mit einem solchen Szenario beschäftigen sich in Gerolzhofen die verantwortlichen Stellen der Stadtverwaltung sowie die örtliche Feuerwehr, aber auch Polizei und Schulen und weitere Einrichtungen seit mehreren Monaten intensiv.
Anders als beispielsweise die Stadt Schweinfurt, die eigene Notfallkonzepte für einen Blackout zur Verschlusssache erklärt haben, gewährt Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak im Gespräch mit dieser Redaktion einen Einblick in den Stand der Planungen. "Wir wollen das Signal geben: Man soll sich nicht verrückt machen, aber es soll auch klargemacht werden, welches Risiko abgesichert werden kann und wer welche Verantwortung trägt." Deshalb schildert er, wie und wo den Menschen im Blackout-Fall in Gerolzhofen geholfen wird – und wo diese sich selbst helfen und vorsorgen müssen.

Wird es öffentliche Versorgungspunkte geben, wo Menschen über Generatoren mit Strom versorgt werden?
Solche Versorgungspunkte sind nicht vorgesehen. Prämisse der Stadt ist es, zumindest die städtischen Einrichtungen zur Notfallhilfe am Laufen zu halten. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Feuerwehrgerätehaus. Für dieses wurde bereits ein fest installierter Notstromgenerator angeschafft, der eine Leistung von bis zu 100 kVA (Kilovolt-Amperes) bringt, was umgerechnet einer sicheren elektrischen Leistung von 80.000 Watt entspricht. Anschaulicher ausgedrückt: Der Generator liefert Strom für circa 40 Wasserkocher. Die Strommenge reicht, um das Gerätehaus einsatzbereit zu halten und wohl auch den benachbarten städtischen Bauhof.
Kauft die Stadt weitere Generatoren?
Ein zweiter 100-kVA-Generator soll zeitnah für die Kläranlage beschafft werden, um diese mit Notstrom betreiben zu können. Ein 60-kVA-Generator wird für das Gebäude der Verwaltungsgemeinschaft (VG) gekauft, um dort einen Notbetrieb zu gewährleisten. Beide Stromerzeuger werden auf Anhängern verlastet, damit die Feuerwehr diese auch an Einsatzstellen betreiben kann. Im Blackout-Fall werden die Generatoren an die Kläranlage und zur VG gefahren. Für alle drei Generatoren zahlt die Stadt insgesamt über 100.000 Euro aus Haushaltsmitteln, so Wozniak. Ob es dafür Förderungen gibt, werde noch geprüft.
Wird die Stadt Ausgabestellen für Lebensmittel einrichten?
Nein, dies ist keine Aufgabe der Kommune. Die Bevorratung mit Lebensmitteln unterliegt der Verantwortung jedes Einzelnen (siehe Infobox).

Welche Anlaufstellen für die Einwohnerinnen und Einwohner wird es im Ernstfall geben?
In Gerolzhofen sind zwei Anlaufpunkte vorgesehen: Das Feuerwehrgerätehaus in der Andreas-Hippler-Straße würde rund um die Uhr besetzt sein. Dort wäre auch der Krisenstab untergebracht, und es besteht Kontakt zu weiteren Hilfs- und Rettungsdiensten. Wer einen Notfall zu melden hat, egal ob Brand, Unfall oder etwas Medizinisches, ist dort richtig. Denn mobiles Telefonieren, ebenso wie Festnetztelefonie, wird während eines Blackouts höchstwahrscheinlich ausfallen. Im Notfall hilft dann nur, persönlich ans Gerätehaus zu kommen, um die Rettungskräfte zu verständigen. Zweite Anlaufstelle ist das VG-Gebäude. Dort wird die Verwaltung einen Notbetrieb organisieren. Die VG ist die Anlaufstelle für nicht aufschiebbare Verwaltungsakte, etwa des Standesamtes (Geburtsurkunden, Todesfälle). Dies gilt auch für die Einwohnerinnen und Einwohner der angeschlossenen VG-Gemeinden, falls sie in ihren Gemeinden vor Ort keine ausreichende Hilfe erhalten.
Welche Aufgaben hat der Krisenstab?
Das von der Feuerwehr Gerolzhofen ausgearbeitete und mit weiteren Hilfsorganisationen sowie der Polizei abgesprochene Notfallkonzept sieht nach Angaben von Kommandant Martin Zink vor, dass der örtliche Krisenstab im Feuerwehrhaus nach Eintritt eines Blackout-Falles schnellstmöglich eingerichtet wird. Er bleibt im Schichtmodell rund um die Uhr besetzt. Auf diese Weise soll die Feuerwehr ständig einsatzbereit bleiben für Notfälle. Das Konzept sieht auch vor, die Versorgung mit Treibstoff und Lebensmitteln für die Einsatzkräfte sicherzustellen. Ebenso gibt es Pläne, wie Familienangehörige der Einsatzkräfte betreut werden können; dies gilt auch für Mitarbeitende der VG. Klar ist jedoch: Die Einsatzkräfte werden keine zivilen Einrichtungen oder gar einzelne Haushalte versorgen können, weder mit Treibstoff, Lebensmitteln oder Strom per Notstromerzeuger. Dies gilt übrigens auch für Seniorenheime, die – anders als Kliniken – in der Regel über keine eigene Notstromversorgung verfügen.
Wird der Ernstfall geprobt?
Um das Zusammenspiel der Beteiligten und die geplanten Abläufe zu proben, soll es, sobald alle technischen Voraussetzungen beschafft bzw. geschaffen sind, eine groß angelegte Übung geben. Dann wird beispielsweise der Notstrombetrieb in der VG und im Feuerwehrhaus getestet. Hierzu zählt auch der Aufbau eine Funkstrecke mit (alten) analogen Funkgeräten, die eine Kommunikation beispielsweise zwischen dem Feuerwehrhaus, dem VG-Gebäude und der örtlichen Polizei sicherstellen soll. Denn der moderne Digitalfunk könnte im Blackout-Fall, wie der Mobilfunk, nicht mehr funktionieren, wenn die dafür notwendigen Funkmasten nicht mehr mit Strom versorgt werden und auch die dafür vorgesehene Notstromversorgung nach einer bestimmten Zeit nicht mehr sichergestellt ist. Dies hat sich auch nach der Unwetterkatastrophe im Juli 2021 im Ahrtal gezeigt, wo Funkmasten reihenweise ausgefallen waren.

Wie steht es um die Wasserversorgung in der Stadt?
So lange die beiden Versorger, die Gerolzhofen mit Fernwasser beliefern, über (Not)Strom und damit laufende Pumpen verfügen, wird aus den Leitungen Wasser fließen. Fallen deren Pumpen aus, dann rechnet die Stadt damit, dass nach spätestens 24 Stunden die Wasserleitungen versiegen. Dann blieben noch die stadteigenen Wiebelsberger Quellen. Deren Schüttung wird zwar nicht mehr ins Wassernetz eingespeist, doch ließe sich aus dem Sammelbehälter notfalls Wasser abpumpen. Dieses wäre dann allerdings ein knappes und kostbares Gut und müsste verteilt werden, beispielsweise per Tanklöschfahrzeugen der Feuerwehr. Es wäre – am besten abgekocht – als Trinkwasser nutzbar, doch sicherlich kein Brauchwasser, etwa zum Spülen von Toiletten.
Sollte der Blackout im Winter eintreten: Plant die Stadt eine öffentliche Wärmestube?
Grundsätzlich wird damit gerechnet, dass ein Großteil der Bevölkerung eine Möglichkeit findet, eingeschränkt zu heizen und sich aufzuwärmen, etwa über Kaminöfen oder bei Nachbarn. Für diejenigen, die hierzu keine Möglichkeiten haben, werden im Schwimmbad Geomaris das Foyer und die Cafeteria geöffnet werden. Die vorhandene Restwärme in dem gut isolierten Gebäude dürfte für einige Tage reichen, um dort eine überschaubare Zahl von Menschen zu wärmen.

Welche Folgen ergeben sich für den Betrieb der Grundschule?
Die Grundschule Gerolzhofen hat sich laut Rektorin Barbara Heining auf zwei Blackout-Szenarien vorbereitet und alle Eltern darüber per Rundschreiben kurz vor Weihnachten informiert: Tritt ein Blackout außerhalb der Unterrichtszeiten ein, findet am Folgetag kein Unterricht mehr statt. Die Schülerinnen und Schüler sollen zuhause bleiben. Am folgenden Tag sollen dennoch in allen Schulhäusern in Gerolzhofen und in Oberschwarzach jeweils ein bis zwei Lehrkräfte eine Notbetreuung anbieten. Sollte es vormittags, also während des Unterrichts, zu einem Blackout kommen, wird's komplizierter. Denn dann würden die Kinder trotz Ausfall von Strom und Heizung bis zum regulären Schulende in den Klassen bleiben und sollen dann von den – hoffentlich regulär verkehrenden – Schulbussen nach Hause gebracht werden. Falls die Busse nicht wie gewohnt fahren sollten, müssten die Eltern ihre Kinder abholen, direkt bei den jeweiligen Klassenlehrkräften. Wobei auch hier ein Knackpunkt sein dürfte, dass es wegen des mutmaßlichen raschen Ausfalls des Telefonnetzes nicht möglich sein wird, Eltern vorab zu verständigen. Am Tag, der dem Blackout folgt, würde ebenfalls nochmals eine Notbetreuung angeboten.