Die CSU-Stadtratsfraktion möchte, dass in Gerolzhofen durch die Verwaltung baldmöglichst ein "Notfallplan Energieversorgung" erstellt wird. Die Fraktion hat deswegen einen Antrag im Stadtrat gestellt. Man soll sich Gedanken machen, welche Maßnahmen zu ergreifen zu sind, wenn die Versorgung mit Gas eingeschränkt wird und es dadurch zu signifikanten Stromausfällen kommen kann. Es sei auch nötig, einen Krisenstab zu bilden, der schon heute Vorkehrungen trifft, falls es mal zum Blackout kommen sollte.
Andere Kommunen sind bei diesem Thema schon weiter. In der Stadt Schweinfurt beispielsweise hat Oberbürgermeister Sebastian Remelé bereits einen "Energiekrisenstab" einberufen. Dies teilte die Pressestelle der Stadt am Freitag mit. Hintergrund ist die unvorhersehbare Energieversorgung im kommenden Herbst und Winter. Dem Krisenstab gehören das Liegenschaftsamt, das Personal- und Organisationsamt sowie das Stadtentwicklungs- und Hochbauamt an. Zusätzlich vertreten sind die städtischen Töchter SWG, Stadtwerke und das Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt. Als erste Maßnahme wurden bereits ab dem Wochenende die Beleuchtungen historischer Gebäude und verschiedene Bodeneinbaustrahler in der Schweinfurter Innenstadt ausgeschaltet.
Die Gerolzhöfer CSU möchte in dem von ihr angeregten "Notfallplan" folgende Fragen beantwortet wissen: Wie ist der Plan für die einzelnen städtischen Einrichtungen? Wie ist die Priorisierung der städtischen Aufgaben, die aufrecht erhalten werden müssen? Wie kann die Stadt die Unternehmen, Vereine, Privathaushalte unterstützen beziehungsweise welche Einschränkungen werden hier erwartet?
Stromnetz überlastet?
Den Akteuren in der Energiebranche sei klar, dass relativ schnell aus einer Gas-Mangellage dann auch eine Strom-Mangellage mit einer Stromnetzüberlastung werden kann, so der stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende Burkhard Wächter. Nämlich dann, wenn in den Wohnungen zum Beispiel bei einer kühlen Warmwasser-Heizung notgedrungen mit Heizgeräten nachgeheizt werden muss, die mit Strom betrieben werden – also zum Beispiel Radiatoren oder Warmluftgebläse. Auch wenn die Stadt Gerolzhofen das Glück habe, im Netzgebiet der ÜZ Mainfranken zu liegen – mit nur zwei bis vier Minuten Stromausfall im Jahr statt den 20 Minuten im deutschlandweiten Schnitt – so steige doch die Wahrscheinlichkeit für eine Großstörung über einen längeren Zeitraum.
"Es geht hier nicht um Panikmache oder Populismus, sondern es geht darum, sich mit dem Thema auseinander zu setzen, was unserer Meinung nach wichtiger denn je ist", betont Wächter. Immer häufigere Frequenzeinbrüche würden zeigen, wie fragil inzwischen das Stromnetz durch die Umkehr von der zentralen zur dezentralen und durch den Wandel von der fossilen zur regenerativen Energieerzeugung geworden sei. Auch wenn die ÜZ Mainfranken ein extrem gut aufgestelltes Netz habe, "steht und fällt alles mit den übergeordneten Netzen und mit dem seit 1958 existierenden Europäischen Verbundnetz, welches bisher der Garant für eine stabile und sichere Stromversorgung war", so der CSU-Stadtrat.
Stromausfall könnte zur Katastrophe werden
Ein flächendeckender Stromausfall gelte als schlimmes Katastrophenszenario, "denn unsere Gesellschaft ist in nahezu allen Bereichen von einer sicheren und zuverlässigen Stromversorgung abhängig", steht im schriftlichen Antrag der CSU zu lesen. Totalausfälle in der Informations- und Telekommunikation, Versorgungsausfälle bei der Wasser- und Abwasserversorgung sowie im Lebensmittelbereich wären die Folge.
Besonders gefährdet wären auch kranke Menschen außerhalb von notstromversorgten Einrichtungen, also in ihren privaten Räumen: So seien Diabetikerinnen und Diabetiker auf gekühltes Insulin angewiesen, Dialyse-Patienten könnten ihr Dialyse-Gerät nicht nutzen und auch Menschen, die nur mithilfe von Beatmungsgeräten über ausreichend Sauerstoff versorgt werden, kämen bei einem längeren Stromausfall in eine lebensbedrohliche Situation.
Krisenstab soll Handbuch erstellen
Die Betreiber kritischer Infrastruktur seien bereits von der Bundesnetzagentur aufgefordert worden, für Ausfälle in der Gas- und Stromversorgung vorzusorgen, so die CSU. Die Stadt Gerolzhofen betreibe kritische Infrastruktur (zum Beispiel Wasser und Abwasser) und müsse zudem auch in ihrer administrativen Funktion handlungsfähig bleiben.
Ein jetzt zu bildender Krisenstab aus Vertretern von Polizei, Feuerwehr, THW, Stadtverwaltung, Bauhof, Kläranlage und Wasserversorgung könnte für die verschiedensten Szenarien ein Krisenhandbuch erstellen und bereits jetzt die notwendigen Vorplanungen vornehmen, um im Ernstfall sofort die erforderlichen Maßnahmen ergreifen zu können, sagt die CSU.
Die Errichtung einer Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger für den Fall der Fälle sollte ebenfalls Teil dieses Konzeptes sein. Dieses Krisenmanagement schaffe die konzeptionellen, organisatorischen und verfahrensmäßigen Voraussetzungen, um eine außergewöhnliche Situation schnellstmöglich wieder in den Normalzustand zu bringen und die negativen Konsequenzen so gering wie möglich zu halten.
Es gibt schon Vorarbeiten
In jüngster Vergangenheit haben sich Rettungsorganisationen schon Gedanken über die Folgen eines Blackouts gemacht. Der BRK-Kreisverband Schweinfurt und Studierende der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt haben für eine Studie in Gerolzhofen und in den acht Gemeindeteilen von Wasserlosen bereits Informationen zur Infrastruktur im Falle eines flächendeckenden Stromausfalls gesammelt. Untersucht wurde die Situation der Polizei, Feuerwehr, in den Rathäusern, bei Nahversorgern, Landwirten, Stromversorgern, Pflegeheimen und Krankenhäusern in den Gemeinden. Auch in Gerolzhofen wäre die Kommunikation von Versorgern, Behörden und Einsatzkräften im Falle eines Stromausfalls stark eingeschränkt und eine Notstromversorgung nur vereinzelt vorhanden.
Auch bei der Feuerwehr Gerolzhofen bildete sich bereits Anfang 2019 eine Planungsgruppe, die sich damit beschäftigt, was passiert, wenn der Strom weg ist und es für längere Zeit dunkel bleibt. Neben ihren Standardaufgaben wie etwa technische Hilfeleistung und Sicherstellung des Brandschutzes, muss die Feuerwehr bei einem länger anhaltenden Stromausfall auch darauf vorbereitet sein, weitere Aufgaben wahrzunehmen. Die Wehr muss dann helfen, eine Notunterkunft zu errichten und bei der Versorgung der hier untergebrachten Menschen zu unterstützen. Denn die wenigsten Leute haben in der heutigen Zeit noch ausreichend Vorräte, vor allem Wasser, zuhause, um sich selbst längerfristig autark zu versorgen.