
Als der neu gewählte Stadtrat in Schweinfurt im Mai 2020 zu seiner ersten Sitzung zusammen kam, diskutierte er vor allem die Geschäftsordnung. Und produzierte eine Überraschung: Mit einer Stimme Mehrheit ging ein Antrag durch, die Sitzungen des Stadtrats per Livestream ins Internet zu übertragen. Seit gut eineinhalb Jahren wird das nun auch gemacht. Doch damit ist ab sofort bis auf Weiteres Schluss.
In einer Pressemitteilung der Stadtverwaltung erklärt Pressesprecher Werner Duske am Tag vor der Stadtratssitzung am 27. Februar ab 14.30 Uhr im großen Sitzungssaal im Rathaus, dass der Livestream abgeschaltet wird. Grund sei eine Änderung der Gemeindeordnung, wonach für den Beschluss, Sitzungen im Livestream zu übertragen, eine Mehrheit von zwei Dritteln im Gremium nötig ist.
Die Verwaltung, so Duske, sei davon ausgegangen, dass bestehende Beschlüsse weiter gelten würden. Man habe bei der Regierung aber nachgefragt, da der bestehende Beschluss des Stadtrates pro Streaming nicht mit Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst wurde. Die Antwort, laut Verwaltung: Es braucht ab 1. Januar 2024 einen neuen Beschluss, der diese Vorgaben erfüllt. Da es den nicht gibt, folgt nun das vorläufige Ende der Übertragung. "Aufgrund der Regelungen für eine ordnungsgemäße Ladung" könne der nötige Beschluss nicht in der Februar-Sitzung gefasst werden, so Duske, kündigt aber an: "Wir werden einen entsprechenden Tagesordnungspunkt für die Märzsitzung vorsehen."
Oberbürgermeister Sebastian Remelé wollte das Streaming im Dezember beenden
Erst im Dezember 2023 bei der Jahresschlusssitzung scheiterte der Versuch von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und der Verwaltung, das Thema Streaming zu begraben. Sie hatten damals vorgeschlagen, nach einer Besprechung mit dem Ältestenrat des Stadtrates, das Streaming aufzugeben. Als Grund wurde das Missverhältnis zwischen den relativ hohen Kosten und der geringen Nutzung durch Bürgerinnen und Bürger genannt.
Doch der Stadtrat lehnte das Ansinnen des OBs damals mit klarer Mehrheit nach längerer, lebhafter Debatte ab: 28 von 43 Stadträtinnen und Stadträten wollten, dass auch in 2024 die Stadtratssitzungen live im Internet zu sehen sein sollen.
Ein Problem des Schweinfurter Livestreams ist es, dass sechs der 44 Stadträtinnen und Stadträte von ihrem Persönlichkeitsrecht Gebrauch machen und sich nicht live übertragen lassen. Auch ein Teil der Amtsleiterinnen und Amtsleiter handhabt das so. Wenn diese Personen zu Wort kommen, ist das zwar im Sitzungssaal erlebbar, im Internet aber erscheint ein Standbild, auf dem zu lesen ist, dass die Übertragung aus rechtlichen Gründen nicht stattfindet.

Um einer Debatte zu folgen und alle Argumente abzuwägen, ist das natürlich für den Konsumenten am Computer schwierig. Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und alle seine vier Referenten lassen sich filmen, der OB hat aber auch Verständnis für die Personen, die das nicht wollen. Dabei handelt es sich um zwei AfD-Stadträte und vier von der CSU. "Es ist eine freie Entscheidung und der Schutz vor einer Öffentlichkeit, die es heute in sozialen Medien nicht immer gut mit einem meint", so der OB in der Sitzung im Dezember. Die Befürworter des Streamings sehen das anders, für sie steht die Transparenz im Vordergrund.
Ob es in der März-Sitzung des Stadtrates eine entsprechende Mehrheit gibt, ist derweil offen. Wenn alle 44 Mitglieder des Stadtrates anwesend sind, braucht es aufgrund der Stimme des Oberbürgermeisters 30 Stimmen für das Streaming, um die nötige Mehrheit zu haben. Wie sich die schwarz-grüne Koalition beim Thema verhält, ist offen.
Im Artikel 52 der bayerischen Gemeindeordnung ist in Absatz vier genau erläutert, unter welchen Voraussetzungen Sitzungen übertragen werden dürfen. Dabei ist nicht nur die Stimmenzahl festgelegt, auch das Recht auf Nicht-Übertragung ist festgehalten. Aber auch die Möglichkeit, eine Echtzeitübertragung mit Aufzeichnung zuzulassen, die sechs Wochen abrufbar ist. Die bisherige Version in Schweinfurt war ausschließlich live einsehbar.
Ja, es wäre sicher hilfreich, wenn der Stream offensiver bekannt gemacht würde, leichter auf der städtischen Startseite www.schweinfurt.de zu finden und idealerweise auch noch später abrufbar wäre.
Die Demokratie ist nicht zuletzt durch Falschinformationen immer stärker gefährdet. Konkret abrufbare Inhalte können ein Baustein sein, dem entgegenzuwirken.
Und CSU und AfD stechen heraus, wer hätte es gedacht…
Das diese es diese Übertragung vorerst nicht mehr gibt zeigt mal wieder sehr gut wo ran es in Deutschland immer wieder scheitert.