Man tritt den Schweinfurter Stadträten sicher nicht zu nahe, wenn man sie als diskussionsfreudig beschreibt. Ein Beispiel war die jüngste Sitzung, in der es knapp drei Stunden um die neue Geschäftsordnung ging, die sich die Räte geben und in denen unter anderem Arbeits- und Sitzungsabläufe geregelt sind, aber auch die Kompetenzen des Oberbürgermeisters und wie groß seine Entscheidungsfreiheit ist.
Nun kann man sich darüber streiten, welche Relevanz das Thema für die Bürger hat, interessant ist die Diskussion über die 39 Paragrafen umfassende Geschäftsordnung aber dennoch, weil sie auch darlegt, welche Befürchtungen die Opposition gegenüber Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und seiner Verwaltung hat und in welcher Form es einem Stadtrat gelingt, seine gesetzlich verankerte Kontrollfunktion wahrzunehmen.
Diskutiert wird über eine neue Geschäftsordnung mittlerweile fast zwei Jahre. Es begann im Sommer 2019 im Vorfeld der Kommunalwahlen im März 2020. Ein normaler Vorgang, denn immer wenn es einen neuen Stadtrat gibt, gibt es auch Anpassungen an dem Regelwerk, das er für sich selbst erlässt. Daran hängt auch die so genannte Entschädigungssatzung, in der geregelt ist, wie die ehrenamtliche Arbeit als Stadtrat finanziell entschädigt wird.
Im Vorfeld der Stadtratssitzung kritisierten Linke und "Zukunft./ödp" die neue Geschäftsordnung und beantragten umfangreichen Änderungen. Auch die SPD äußerte Bedenken, allerdings erst am Tag vor der Sitzung. Frank Firsching (Linke) und Ulrike Schneider (Zuklunft./ödp) sprachen von "Entmachtung des Stadtrates" und "Förderung der Intransparenz".
Starke Worte, bewusst gewählt, die aber CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Funk so nicht stehen lassen wollte. Er frage sich, ob es um die Geschäftsordnung gehe oder nicht darum, aus der Diskussion "politisches Kapital zu schlagen". Man habe mit allen Fraktionsvorsitzenden gemeinsam sehr lange im Vorfeld beraten, so Funk. Er könne die Kritik nicht ernst nehmen, zumal man sich an der Mustersatzung des bayerischen Städtetages orientiere. "Wir als Stadträte wollen die Strategie bestimmen und die Ausgestaltung der Verwaltung überlassen", betonte Funk. Deswegen sei es auch richtig, dem OB und der Verwaltung mehr Spielraum zu gewähren.
Frank Firsching fordert mehr Transparenz von Seiten der Verwaltung
Frank Firsching sah das völlig anders. Natürlich wolle man eine bürgerfreundliche Verwaltung nicht verhindern, doch aus seiner Sicht sei die neue Geschäftsordnung, die im übrigen so genehmigt wurde, "eine massive Ausweitung der Befugnisse des OB und eine Beschneidung der Rechte des Stadtrates." Firsching geht es um "Transparenz, Mitbestimmung demokratische Kontrolle der Verwaltung".
Seine Bemerkung, er glaube nicht, "dass Schweinfurt in den letzten zehn Jahren unter zu viel Transparenz gelitten hat", hallte später in der Diskussion nach, als jeder einzelne Punkt des Änderungsantrages besprochen wurde. Bei den Ausführungen von Finanzreferentin Anna Barbara Keck war auch Irritation spürbar, dass relativ häufig zumindest Skepsis gegenüber Verwaltungshandeln durch die Opposition gegeben ist. "Wir sind kein schlampiger Laden, dem man nicht über den Weg trauen kann. Dagegen verwahre ich mich", fand Keck an einer Stelle erstaunlich deutliche Worte.
Sollen auch Referenten einen Platz in Aufsichtsräten städtische Töchter bekommen?
Themenfelder, an denen man die Bedenken festmachen kann, sind zum Beispiel die neue Möglichkeit, Aufsichtsratsposten in SWG, Stadtwerke oder Leopoldina nicht nur wie bisher mit Stadträten, sondern auch mit Referenten, so genannten berufsmäßigen Stadträten, zu besetzen. Das wurde mit 22:21 Stimmen genehmigt, auch wenn Frank Firsching befürchtet, dass so andere Mehrheiten entstehen könnten und die Ausrichtung der städtischen Töchter noch stärker davon beeinflusst würde, was die Verwaltung für richtig hält.
Ein anderes Themenfeld war die Frage, wie hoch die Wertgrenzen sein sollen, in deren Rahmen der OB ohne Stadtrat entscheiden kann. Bei freiwilligen Zuschüssen an Vereine und Verbände beträgt diese Grenze nun 20 000 Euro. Anna Barbara Keck versicherte, dass der OB natürlich nicht ohne Rechtsgrundlage entscheiden könne und die sei immer, dass das Geld im Haushalt eingestellt sein muss. Und darüber entscheidet der Stadtrat bei den Haushaltsberatungen.