Das jüngste Gerolzhöfer Baugebiet "Nützelbach II" im Süden der Stadt ist noch nicht einmal fertig erschlossen, da plant der Stadtrat bereits weiter: Gleich im Anschluss, westlich von "Nützelbach II" sollen weitere Bauplätze entstehen. Am Montagabend hat der Stadtrat mit einer 11:4-Stimmen-Mehrheit den ersten Schritt in Richtung "Nützelbach III" zurückgelegt.
Weshalb das Gremium in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause noch diese zukunftsweisende Entscheidung treffen sollte, begründete Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU) mit der hohen Nachfrage nach Bauland. "Nahezu wöchentlich kommen Anfragen rein", sagte er. Die vorhandenen Grundstücke – inklusive "Nützelbach II" – reichten "vorn und hinten nicht aus" für den Bedarf.
Aktuell gelten manche Spielregeln nicht
Wenngleich die Gespräche mit den Besitzern der vier für "Nützelbach III" infrage kommenden Flurstücke (Nummern 3611, 3612, 3613 und möglichst auch 3610) noch nicht abgeschlossen seien, müsse der Stadtrat jetzt Tempo machen. Den Hintergrund erläuterte Johannes Lang, der geschäftsführende Beamte der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen: Das seit kurzem geltende Baulandmodernisierungsgesetz des Bundes ermögliche es Kommunen derzeit, Baugebiete zügiger als gewohnt auszuweisen, weil einige verwaltungstechnische Spielregeln außer Kraft gesetzt wurden. Unter anderem entfallen die frühzeitige Beteiligung von Behörden und Öffentlichkeit, Umweltprüfungen und Umweltbericht sowie die Ausweisung von Ausgleichsflächen. Dies spare im Endeffekt nicht nur Zeit, sondern auch Geld.
Zudem könnten Synergieeffekte genutzt werden, wenn "Nützelbach III" möglichst zeitnah mit "Nützelbach II" erschlossen werden kann. Für "Nützelbach II", erläuterte Wozniak, würden derzeit vom Seeweg her und am Feldweg entlang des Nützelbachs Leitungen für Trinkwasser, Strom und Kanal verlegt. Es werde hier keine Erschließungsstraße für die Bauplätze vom Seeweg her gebaut, entgegnete der Bürgermeister Gerüchten, die seit Beginn der Arbeiten unter Anwohnern laut wurden. Die dauerhafte verkehrstechnische Anbindung der Baugebiete sei – Stand heute – weiter von der Schallfelder Straße her vorgesehen.
Koch möchte weitere Baugebiete erschließen
Das Vorhaben, einen Bebauungsplan "Nützelbach III" aufzustellen, erhielt Beifall von Arnulf Koch, dem CSU-Fraktionsvorsitzenden. "Wenn wir nicht weiterwachsen, dann verlieren wir", warb er dafür, über zusätzliche Bauplätze nicht nur den Mietmarkt in Gerolzhofen zu entspannen, sondern mit mehr Einwohnern auch mehr Steuerzahler für die Stadt zu gewinnen. Zudem würde "Nützelbach III" im Anschluss von "Nützelbach II" dazu beitragen, im Süden der Stadt eine geschlossene Wohnbebauung zu schaffen. Zugleich meinte Koch, der Stadtrat solle seinen Blick erneut auch auf zwei bestehende Lücken im Anschluss an Baugebiete, die näher am Zentrum liegen, richten: den Bereich zwischen dem Friedhof und der B 286 und die Fläche zwischen der Frankenwinheimer Straße und dem Baugebiet "Weiße Marter". Vielleicht hätten Grundstücksverhandlungen der Stadt angesichts aktuell geltender (höherer) Baulandpreise jetzt mehr Erfolg als in der Vergangenheit.
Günter Iff, der einzige Freie Wähler, der der Sitzung beiwohnte, erklärte, seine Fraktion sei weiter uneins, was Baugebiete am Nützelbach angeht. Grundsätzlich sei man für Wachstum und sehe es positiv, dass "Nützelbach II" ohne Lücke erweitert werden könnte. Doch habe er Bedenken, dass die Stadt sich bei übergeordneten Behörden damit Chancen verbaue, wenn es künftig um die Genehmigung von Baugebieten an anderer Stelle gehe. Dem entgegnete Bürgermeister Wozniak, dass die Stadt für jedes Baugebiet erneut den grundsätzlichen Bedarf für ein weiteres Wohngebiet nachweisen müsse, egal, wo dieses geplant ist.
Servatius begrüßt Bauland im Besitz der Stadt
Zusätzliches Gewerbe, wie das geplante Norma-Logistikzentrum, werde die Nachfrage nach Bauplätzen weiter steigern, meinte Erich Servatius (SPD). Dies spricht für ihn ebenso für "Nützelbach III" wie der Umstand, dass die Stadt dort alle Bauplätze selbst in der Hand halten würde. So könne man dort Baulücken vermeiden.
Es sei schwierig über die Pläne für ein neues Baugebiet zu sprechen, weil im Stadtrat Grundstücksgeschäfte nicht öffentlich besprochen werden dürften, meinte Thomas Vizl (Geo-net). Er kritisierte an den Plänen, dass das beschleunigte Bebauungsplan-Verfahren Umweltregeln außer Kraft setzte. Zudem stört ihn grundsätzlich der damit einhergehende Flächenfraß. Seine Fraktion bezweifle, dass Gerolzhofen mit "Nützelbach III" den "richtigen Weg" einschlägt.
Wächter kritisiert immensen Flächenverbrauch
Ähnliche Bedenken äußerte Burkhard Wächter (CSU), der am Ende neben den drei anwesenden Vertretern von Geo-net als einziger gegen den Vorschlag zur Aufstellung eines Bebauungsplans "Nützelbach III" stimmte. Zwar freue es ihn aus Sicht der Landwirtschaft, dass die Stadt über das beschleunigte Verfahren um die Ausweisung von Ausgleichsflächen für zusätzliches Bauland herumkomme. Doch zugleich nannte er den derzeitigen Flächenverbrauch "erschreckend". So könne es nicht weitergehen, sagte er, und wünschte sich, in Gerolzhofen den Blick stärker auf möglicherweise drohende Leerstände in bestehenden Siedlungen zu richten, statt vor allem auf Bauplätze auf der grünen Wiese. Zudem sah er die Gefahr, dass Umweltbelange "ausgehebelt" werden und sprach sich für ein "reguläres Verfahren" bei der Ausweisung von "Nützelbach III" aus.
Hier verwies Verwaltungsleiter Lang darauf, dass trotz beschleunigten Verfahrens – was früher auch schon zeitweise gegolten habe – Recht und Gesetz selbstverständlich weiter beachtet würden. Was Wächter zu dem Hinweis verleitete, dass ein Gesetz nicht dadurch besser würde, nur weil es schon einmal angewandt wurde.
Verbunden mit dem Beschluss des Stadtrats ist eine Änderung des bestehenden Bebauungsplans "Nützelbach II". Hier geht es um die Möglichkeit, die Zufahrten zwischen den Baugebieten zu überarbeiten sowie den Ausbau der vorgesehenen Erschließungsstraße von der Schallfelder Straße her anzupassen und zu überplanen, wie es in dem Beschluss ohne Angabe von Details heißt.