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Schweinfurt
Weihnachten hat viele Gesichter: Wofür 5 Menschen aus Schweinfurt und Umgebung dankbar sind
Vom Mann, der als Kind nie erfahren hat, was Weihnachten ist, bis zur Patientin auf der Palliativstation: Was das Fest bedeutet.
Hildegard Riegler, Heidemarie Zwirlein, Ilse Geißler aus Schweinfurt und Renate und Lothar Dahsler (von oben links) verbinden Weihnachten mit Erinnerungen und mit Hoffnung. 
Foto: Susanne Wiedemann, Ilse Geißler | Hildegard Riegler, Heidemarie Zwirlein, Ilse Geißler aus Schweinfurt und Renate und Lothar Dahsler (von oben links) verbinden Weihnachten mit Erinnerungen und mit Hoffnung. 
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 30.12.2024 02:31 Uhr

Was ist Weihnachten? Was bleibt in Erinnerung? Was ist unvergesslich? Das war die Idee für eine Weihnachtsgeschichte. Viele nette und berührende und auch witzige Gespräche später teilen 5 Menschen ihre Erinnerungen und Hoffnungen. Sie stehen stellvertretend für einen Gedanken, den wohl viele an Weihnachten haben: Dankbarkeit. 

Nicht jeder wollte allerdings seine Weihnachtsgeschichte öffentlich machen. Schade, denn Haustiere, die den Braten anfressen haben, sind schon eine besondere Erinnerung. Genauso die Oma, die im Dämmerlicht die Ersatzkerzen für den Weihnachtsbaum für Gebäck hält und herzhaft hineinbeißt. Oder das Kind, dass an Heiligabend die einzige Ohrfeige seines Lebens kassiert, weil es im Gegensatz zu den Erwachsenen die geschenkte Puppe einfach nur hässlich findet. Und im übrigen auch nie mit Puppen gespielt hat. Konsumrausch, Stress, Hektik: in allen Gesprächen fallen diese Begriffe übrigens nie.    

1. Dankbar für die Fürsorge in der Palliativstation: Heidemarie Zwirlein

Heidemarie Zwirlein ist Patientin in der Palliativstation des Krankenhauses St. Josef in Schweinfurt. Weihnachten will sie zu Hause sein.  
Foto: Susanne Wiedemann | Heidemarie Zwirlein ist Patientin in der Palliativstation des Krankenhauses St. Josef in Schweinfurt. Weihnachten will sie zu Hause sein.  

Mit der Familie zusammen sein: Für Heidemarie Zwirlein ist das der Geist von Weihnachten. Sie freut sich sehr darauf. Auf das Essen, dass ihre Tochter kocht, auf die Plätzchen, die ihre Enkelin backt und auf das berühmte Tiramisu ihrer Schwester. Dass sie Weihnachten im Kreis ihrer Familie verbringen kann, liegt auch an der Palliativstation am Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt. Die 75-Jährige ist überglücklich: "Ich will Weihnachten heim", das war ihr großer Wunsch, der ihr erfüllt wurde. Sie hat aber noch einen Herzenswunsch: Ihre Dankbarkeit gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Palliativstation zu zeigen.

Zum zweiten Mal innerhalb von relativ kurzer Zeit ist sie hier, erzählt sie. Ganz besonders freut sie sich, dass sie zugenommen hat: 1,5 Kilogramm. Für jemanden, der als Folge einer Erkrankung nur noch 36 Kilogramm gewogen hat, eine große Sache. Mehr Gewicht bedeutet ein bisschen mehr Kraft. Ein bisschen mehr Kraft bedeutet mehr Lebensqualität. Chefärztin Dr. Susanne Röder wäre sie am liebsten um den Hals gefallen, sagt sie. Zuversicht habe sie gefasst, schon nach dem ersten Aufenthalt. "Es nimmt die Traurigkeit, man fällt nicht mehr so in ein Loch."

"Man wird hier nicht als Kranker behandelt", sagt Heidemarie Zwirlein. "Man wird integriert." Das Menschliche, das Miteinander beeindruckt sie. Das sei wichtiger als Medikamente. Deswegen ist sie auch gleich dem Förderverein beigetreten. Nie sei dem Personal etwas zu viel. "So was muss erhalten bleiben", sagt die 75-Jährige mit Nachdruck. Die Kraft, die sie bekommen hat, will sie auch nutzen, um Werbung für die Palliativstation zu machen.   

2. Dankbar für eine doppelte Freude: Ilse Geißler und ein Überraschungspaket 

Ilse Geißler aus Schweinfurt hat eine berührende Weihnachtsgeschichte aufgeschrieben. 
Foto: Ilse Geißler | Ilse Geißler aus Schweinfurt hat eine berührende Weihnachtsgeschichte aufgeschrieben. 

Ilse Geißler denkt gern an Weihnachten 2022 zurück. Warum, das hat sie in folgendem Text aufgeschrieben: Über ein Weihnachtsgeschenk war ich kurz vor Weihnachten des vorletzten Jahres überrascht. In unserem Briefkasten lag einige Tage vor Weihnachten eine Benachrichtigung für mich, ein Päckchen bei der Post abzuholen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wer mir dieses Päckchen geschickt haben sollte, weil ich weder etwas bestellt hatte, noch von Bekannten oder Verwandten eine Sendung erwartete. Nachdem ich das Päckchen in den Händen hielt, war ich über den Absender erstaunt. Es war der Sohn einer Bekannten aus früherer Zeit, die in der Stadt aufwuchs, in der ich heute lebe. Sie dagegen verbringt ihren Lebensabend in einem Pflegeheim in einer anderen Stadt.

Ich schreibe ihr bereits über Jahre, da ich weiß, dass sie sich darüber freut und ich sie so an Ereignissen in ihrer Geburtsstadt teilhaben lassen kann. Außerdem nehme ich sie während des Jahres auf virtuelle „Spaziergänge“ mit. Ich ergänze meine Briefe mit Bildern der Kunst oder des Gartens, um sie am Leben teilhaben zu lassen.

Ihr Sohn hatte mir schon vor längerer Zeit signalisiert, dass seine Mutter meine Briefe und Karten in der Tasche ihres Rollators aufhebt, und wenn er sie besucht, sitzt sie oft am Tisch und schaut sich die Bilder an oder liest die Briefe erneut. Diese Aussage überraschte mich schon damals.„Aber, was hat das mit dem Päckchen zu tun?“, fragte ich mich. Gespannt öffnete ich es und entdeckte original Nürnberger Lebkuchen. Von diesem Geschenk war ich so überwältigt. In meiner Freude rief ich den Sohn an und fragte, was ihn bewogen hat, mir dieses Päckchen zu schicken.

Er erwiderte mir: „Deine Karten und Briefe sind für unsere Mutter der wichtige Kontakt zu Außenwelt und zur Heimat. Zu dir kommt jedoch nie etwas zurück. Deshalb haben meine Schwester und ich überlegt, wie wir dir eine Freude machen können.“ Die Freude war gelungen, das teilte ich ihm auch mit.

In doppelter Hinsicht wurde ich beschenkt: Zum einen durch die Rückmeldung, was meine Karten und Briefe im Leben der Seniorin bewirken, und zum andern freute ich mich über die leckeren Lebkuchen. Der Austausch mit dem Sohn, wie es seiner Mutter geht, hat dies noch ergänzt. Mir hat der Austausch gezeigt, dass ich dem nachgehen muss, was ich für richtig halte. Wie es wirkt, liegt nicht in meiner Hand.

3. Dankbar, dass der Sohn gut angekommen ist: Hildegard Riegler aus Grafenrheinfeld

Hildegard Riegler aus Grafenrheinfeld hat eine besondere Weihnachtserinnerung.
Foto: Susanne Wiedemann | Hildegard Riegler aus Grafenrheinfeld hat eine besondere Weihnachtserinnerung.

Weihnachten 2008 wird Hildegard Riegler aus Grafenrheinfeld nie vergessen. Das hat mit ihrem Sohn Wolfgang zu tun, der nach dem Abi auf eine große Reise ging. "Heiligabend liege ich in Perth am Strand", hat er immer gesagt, erinnert sich Hildegard Riegler.  Doch dann wurde es schwierig. Der Bus, den er sich mit einem Kumpel für die Australien-Reise gekauft hatte, machte schlapp.  "Irgendwo im Niemandsland", erinnert sich die Mutter. Es sah so aus, als wäre die Traumreise keine mehr. Und als Mutter macht man sich schon Sorgen, wenn der Sohn quasi im Outback gestrandet ist, das spürt man auch nach allen den Jahren noch, wenn Hildegard Riegler davon erzählt.  

Doch an Heiligabend früh klingelt das Telefon. Sohn Wolfgang ist dran. "Ich bin in Perth, ich geh' jetzt an den Strand". Hildegard Rieglers erste Reaktion: "Das kann nicht wahr sein." Die zweite: "Jetzt brauche ich keine Geschenke mehr."

4. Dankbar für eine Tafel Schokolade:  Lothar Dahsler aus Sennfeld. Seine Frau Renate rührt das sehr 

Renate und Lothar Dahsler aus Sennfeld.
Foto: Susanne Wiedemann | Renate und Lothar Dahsler aus Sennfeld.

Weihnachten? Lothar Dahsler kann damit nicht so recht etwas anfangen. Kindheitserinnerungen an Geschenke, einen Weihnachtsbaum, Plätzchen und Besinnlichkeit hat er nämlich nicht. Dahsler, Jahrgang 1943, erinnert sich aber an die Flucht aus Ostpreußen. Seine Mutter schlug sich mit ihm und seinen beiden Geschwistern durch. Elend, Hunger, Kälte, Angst, Ungeziefer, daran erinnert er sich. Trotzdem hat er eine Ahnung, wie sich Weihnachten anfühlen muss.

Ungefähr vier Jahre war er alt, als er in Berlin einen russischen Offizier gesehen hat, der seinem Kind eine Tafel Schokolade gegeben hat. Sehnsüchtig hat er das beobachtet. Dann ist etwas passiert, was Lothar Dahsler nie vergessen wird: "Er hat mir die Schokolade geschenkt."  Dahsler war eher Ablehnung gewohnt, wenn er versuchte, etwas Essbares zu bekommen. "Geh doch zum Hitler", den Satz hat der kleine Junge öfters gehört. "Ich hab doch gar nicht gewusst, wer das ist."

Ob sich das Ganze an Weihnachten abgespielt hat? Das weiß er nicht mehr. Im Gedächtnis ist es ihm aber geblieben. Renate Dahsler rührt diese Geschichte sehr. Was ihr Mann als kleines Kind alles durchmachen musste, geht ihr zu Herzen. Sie ist dankbar, dass er das alles heil überstanden hat.

Trotzdem hat Lothar Dahsler viel Glück gehabt. Seine Mutter hat ihn und seine Geschwister heil durch alles gebracht. Und auch der Vater überlebte Krieg und Gefangenschaft. Alle kamen wieder zusammen.   

 
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