Es ist eine Premiere mit lauter Superlativen: Noch nie stand so ein großes Zelt auf dem Volksfestplatz. Noch nie wurden dort so riesige Stahlnägel (für die Befestigung) so tief in den Boden gerammt. Noch nie gab es diesen logistischen Aufwand für eine Betriebsversammlung des Schweinfurter Industriekonzerns ZF. Zum ersten Mal in der Geschichte des Unternehmens wird der Betriebsrat seine obligatorische Mitarbeiterinformation in einem Festzelt vornehmen. Zum ersten Mal wird dies für alle 8500 ZF-Beschäftigten zentral und gleichzeitig an einem Ort geschehen. Und zum ersten Mal muss dafür sogar ein Eventmanager engagiert werden.
Ja spinnen die, mag mancher sich wohl denken. Erst am Mittwoch gingen Tausende Metaller aus Sorge um Personalabbau und Einsparungen in Schweinfurt auf die Straße, und jetzt lässt sich der Betriebsrat vom Unternehmen so einen Event ausrichten. Denn bezahlen muss das alles der Arbeitgeber. So sieht es das Betriebsverfassungsgesetz vor. Dem Vernehmen nach soll es ein sechsstelliger Betrag sein.
BR-Vorsitzender Oliver Moll kann so eine Reaktion zwar verstehen. "Aber auch in der Vergangenheit sind Kosten verursacht worden." Und: "Es ist mehr Zeit und Produktivität verloren gegangen", wirft ZF-Standortleiter Hans-Jürgen Schneider ein. Denn bislang mussten immer drei Versammlungen an zwei verschiedenen Orten – Werk Nord und Werk Süd – an zwei unterschiedlichen Tagen abgehalten werden, um möglichst vielen Beschäftigten die Teilnahme an der Betriebsversammlung zu ermöglichen. Das hatte auch den Nachteil, dass die Informationen des Betriebsrats zeitversetzt die Belegschaft erreichten. Die einen diskutieren schon darüber, während die anderen noch gar nicht informiert waren.
Schon vor zweieinhalb Jahren dachte man bei ZF deshalb erstmals über eine zentrale Betriebsversammlung für alle Mitarbeiter nach. Damals aber fand man keinen Zeltverleiher, der so ein Riesenzelt anbieten konnte, und auch der Volksfestplatz war zu den gewünschten Terminen nicht frei. "Wir haben mehrere Formate ausprobiert", verweist Standortleiter Schneider auf Versammlungen mit Videoübertragungen in die anderen Werke. "Aber alles war suboptimal", sagt Moll. Deshalb wagt man nun "die große Lösung", wie sie auch an anderen ZF-Standorten praktiziert wird. In Friedrichshafen beispielsweise geht der Betriebsrat in die Messehalle und in Passau in die Nibelungenhalle. "Wenn wir hier so etwas hätten, wären wir da drin." Doch in ganz Unterfranken gebe es kein Veranstaltungsgebäude, in das 8500 Menschen reinpassen. So viele werden erfahrungsgemäß zwar am Montag nicht zur Betriebsversammlung kommen, aber mit 4000 bis 5000 Beschäftigten rechnet der Betriebsrat schon.
Mit der Planung und Organisation wurde das ZF-Facility-Management beauftragt. Dessen Chef Stephan Hüser stellte ein Projektteam zusammen, das seit September mit der Umsetzung befasst ist. "Da hängt enorm viel Arbeit dran", sagt Hüser. Nicht nur, was den Zeltauf- und -abbau angeht (das übernimmt die Zeltverleihfirma selbst), sondern die ganze Logistik drumherum. Haustechnik, Reinigung, Sicherheitsdienst, Feuerwehr, Sanitätsdienst, Werkschutz - alle sind sie eingebunden. Denn für die vier Stunden Betriebsversammlung am Montag von 10 bis 14 Uhr ist der ringsum abgesperrte Volksfestplatz mit dem Riesenzelt ZF-Betriebsgelände.
100 große Eigentumswohnungen würden in das ZF-Zelt passen
Apropos Zelt: Die mit weißer PVC-Plane ummantelte Alu-Halle ist 70 Meter lang, 50 Meter breit und der First 12,50 Meter hoch. "Da würden 100 große Eigentumswohnungen reinpassen", sagt Hüser. "Das ist das größte Zelt, das jemals in Schweinfurt aufgebaut wurde." Zur Befestigung mussten 376 Stahlnägel in den Boden gerammt werden. Jeder einen Meter lang und drei Zentimeter dick. Was die Zeltaufbauer vor Herausforderungen stellte. Nicht, weil alle Löcher nach dem Abbau des Zeltes wieder verschlossen werden müssen, sondern weil es so tief reingeht und unter dem Volksfestplatz Versorgungsleitungen liegen. Da kann schnell mal in der Nachbarschaft das Licht ausgehen oder das Telefon tot sein. Oder noch schlimmer, eine Wasserleitung angebohrt werden. Es ging aber alles gut. "Wir hatten von der Stadt einen Plan erhalten und hielten uns von den Hauptversorgungsleitungen tunlichst fern", so Hüser. Die Alternative wäre gewesen, das Zelt mit Gewichten zu befestigen. Dafür hätte man 310 Tonnen Ballast benötigt. Bildlich gesehen sind das 60 Elefanten. Der Plan wurde verworfen.
Die größte Herausforderung steht dem Orga-Chef aber noch bevor: Am Montag müssen viereinhalbtausend Menschen aus sämtlichen ZF-Werken zwischen Hafen und Stadt zum Volksfestplatz gebracht werden. Von 8.30 bis 10 Uhr wird es einen permanenten Shuttleservice geben. Ab 14 Uhr geht das Ganze wieder retour. Sechs Gelenkbusse hat ZF von den Stadtwerken gemietet und zusätzlich die Parkbuchten rund um den Volksfestplatz für die Mitarbeiter, die mit eigenem Auto anfahren. Auch der Winterdienst steht bereit, wenn es am Wochenende schneien sollte. Dann muss das komplette Gelände schneefrei gemacht werden.
16 Heizgebläse sorgen für Wärme im Zelt
Ganz wichtig: die Temperatur im Zelt. 16 große Heizgebläse mit je einem 600-Liter-Diesel-Tank werden am Sonntagabend angeworfen, "damit es am Montagfrüh kuschelig warm ist", so Hüser. Am Donnerstag wurden die Stühle aufgestellt, 4000 Stück, und dahinter noch Bierbänke, auf denen weitere 500 Mitarbeiter Platz nehmen können. Auch einen Cateringbereich gibt es, damit sich die Belegschaft in der Pause stärken kann. Bühne, Licht- und Tontechnik werden am Samstagmittag vom Betriebsrat abgenommen, auch am hintersten Zeltende muss der Vorsitzende gut hörbar sein. Seit Mittwoch ist die Zeltwache rund um die Uhr im Einsatz. Zum Aufwärmen hat man den Sicherheitsleuten den Einsatzleitcontainer der Werksfeuerwehr zur Verfügung gestellt.
"Es ist ein Versuch, ein neues Format zu schaffen", sagt BR-Vorsitzender Moll. Wenn es sich bewährt, also auch von der Belegschaft angenommen wird, "wäre es für mich attraktiv". Und was sagt Standortleiter Schneider? "Nach dem Montag wird Bilanz gezogen." Bleibt nur noch eine Variable: Was macht man, wenn mehr als 4500 Mitarbeiter vor dem Zelt stehen? Für BR-Vorsitzenden Moll kein worst case: "Dann rücken wir zusammen, so wie wir es in Schweinfurt immer tun."
- Lesen Sie auch: Riesenkran hievt Großbauteile übers Dach ins ZF-Werk Schweinfurt
- Lesen Sie auch: ZF lässt 890 Parkplätze mit Photovoltaik überdachen
Aber wehe der einfache Angstellte/Arbeiter/Befehlsempfänger verdummt mal ein paar Euro oder wertvolle Arbeitszeit...
was sie damit meinen ist alleine ihr geheimnis.
wenn z.b. große discounter alle 10-15 jahre einen neuen markt aus dem boden stampfen weil der "alte" nicht mehr den modernen anforderungen entspricht hat das null mit nachhaltigkeit zu tun, aber schön mit dem wort um sich werfen.
Um die Aufstellung etc. hat sich die "Zeltfirma" gekümmert - beim ganzen Rest wurde, wie es für eine Großfirma typisch ist, wieder mal Ressourcen verschwendet...
Sicher hängt eine Menge dran - aber es liest sich im Artikel so als ginge es um die Vorbereitung eines umfassenden Feldzugs...
Und da der Betriebsrat eh nur die Marionetten der Gewerkschaften sind ist es nicht verwunderlich! Sie konnten noch nie mit Geld umgehen!