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Schweinfurt
Angst um Arbeitsplatz: Schweinfurter Metaller gehen auf die Straße
In Schweinfurt hängen viele Jobs direkt oder indirekt an der Autoindustrie. Aber wie sicher sind die Stellen angesichts Automatisierung und Elektrifizierung?
Protestaktion für sichere Jobs: Tausende Beschäftigte der großen Metallbetriebe gingen dafür am Mittwoch in Schweinfurt auf die Straße.
Foto: Anand Anders | Protestaktion für sichere Jobs: Tausende Beschäftigte der großen Metallbetriebe gingen dafür am Mittwoch in Schweinfurt auf die Straße.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:05 Uhr

"Sicherheit in unsicheren Zeiten." Das war am Mittwochmorgen die zentrale Forderung von 3500 Beschäftigten der großen Schweinfurter Metallbetriebe bei der halbstündigen Protestaktion an der Hahnenhügelbrücke. Die IG Metall warnte die Arbeitgeber eindringlich davor, nach neun Jahren Hochkonjunktur mit Sonderschichten und guten Gewinnen derzeitige Auftragsschwächen für Personalabbau und Stellenverlagerungen zu nutzen. 

Schweinfurts IG-Metall-Chef Peter Kippes sowie die Betriebsratsvorsitzenden von SKF, Schaeffler, ZF und Bosch-Rexroth forderten, in zukunftsträchtige Technologien zu investieren und tausende gut bezahlte Industriearbeitsplätze in Schweinfurt zu halten.

Kampf gegen Verlagerungen

"Wir wollen und können die Transformation nicht aufhalten", sagte Kippes mit Blick auf zunehmende Automatisierung und den Wandel der Mobilität. "Aber was wir heute für die Welt produzieren, muss auch morgen noch aus Schweinfurt kommen." Und: Umweltfragen und gute Arbeitsplätze dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. "Ich kann nicht versprechen, dass alles so bleibt, wie es ist", so der IG-Metall-Chef, "aber dass wir uns dafür stark machen, dass die Zukunft nicht ohne uns gestaltet wird".

Das regionale Protest-Motto: 'Gemeinsam stark für die Region.'
Foto: Anand Anders | Das regionale Protest-Motto: "Gemeinsam stark für die Region."

"Wir kämpfen derzeit bei SKF an allen Ecken und Enden gegen Personalabbau und Verlagerungen nach China", sagte der SKF-Betriebsratsvorsitzende Norbert Völkl, "wir wollen den Standort sichern". Auch Schaeffler sei von Verlagerungen und Kurzarbeit betroffen, so der stellvertretende Betriebsratschef Jürgen Schenk. Man sei zu Gesprächen bereit, nicht aber zu Abweichungen vom Tarifvertrag, um die Bilanz für den Vorstand zu schmücken.

"Nach zehn Jahren  Champagnerlaune", in denen das Unternehmen gutes Geld verdient habe, komme jetzt eine schwierigere Phase, so der ZF-Betriebsratsvorsitzende Oliver Moll. "Und schon soll die Belegschaft den Geldbeutel aufmachen?" Er forderte sichere Arbeitsplätze und "Investitionen in Produkte der Zukunft".

Fotoserie

Vor fünf Jahren habe der Arbeitgeber "unsere Firma fast an die Wand gefahren", sagte Sebastian Schierling, Betriebsratschef bei Bosch-Rexroth in Schweinfurt. Maßnahmen auf Initiative der Belegschaft hätten den Standort gesichert. Nun seien weitere Investitionen nötig, die der Betrieb aber zurückhalte. Wer so verfahre und den Beschäftigten vorwerfe, sie "brennen nicht genug" für den Betrieb, stoße zurecht auf Protest. 

Laut werden für den Arbeitsplatz – mit der Trillerpfeife.
Foto: Anand Anders | Laut werden für den Arbeitsplatz – mit der Trillerpfeife.

Keine betriebsbedingten Kündigungen, die Übernahme der Azubis, keine Abstriche am Tarifvertrag verlangen die Metaller. Ferner ein schlüssiges Konzept zur Stärkung der Werke statt den Rotstift anzusetzen – und keine Verlagerungen in Niedriglohnländer.

Schweinfurter Kern ist die Industrie

Gut bezahlte Arbeitsplätze in Schweinfurt zu halten, daran müsse auch die kommunale und überregionale Politik interessiert sein, sagte der DGB-Regionsvorsitzende Frank Firsching: Wenn auf dem Ortsschild der Stadt Schweinfurt auch "Hochschulstadt" stehe, so sei deren Kern doch die Industrie mit ihren 20 000 gut bezahlten Arbeitsplätzen. Deren Kaufkraft sei wichtig für den Handel und den Wohlstand der ganzen Region.

An der halbstündigen Protestaktion hatten sich auch Beschäftigte des Bosch-Rexroth-Werkes in Volkach und von Preh in Bad Neustadt beteiligt. Die IG Metall warnte schon mal: Sollten die Arbeitgeber die derzeitige Lage zum Stellenabbau nutzen wollen, werde dieser Protest nicht der einzige bleiben.

 
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  • A. N.
    Gehen die Bauern auf die Straßeum auf ihre Belange aufmerksam zu machen werden diese als Umweltverschmutzer und Schlimmeres beschimpft.Gehen die"armen Metaller" auf die Straße ist das vollkommen okay.....
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  • F. R.
    "Wenn auf dem Ortsschild der Stadt Schweinfurt auch "Hochschulstadt" stehe, so sei deren Kern doch die Industrie."

    Da hat Frank Firsching wesentliche Dinge nicht verstanden. Wodurch kam der Aufschwung Münchens? Durch die Kombination von Industrie & Technischer Universität & außeruniversitärer Forschungseinrichtungen, von denen bis vor kurzem von insgesamt 33 in Bayern 30 im Großraum München waren!

    Auf das SWer Ortsschild gehört dringend "Universitätsstadt". Der bay. MP gründet in seiner Heimatstadt Nürnberg aus Lokalpatriotismus eine zweite bay. Technische Universität, die dort niemand braucht und haben will, da die Uni ER-Nbg. bereits eine große TechFak. hat. Deshalb stellt M. Söder die Uni ER-Nbg. für 1,5 Mrd. € (!) ruhig, damit er für 1,2 Mrd. € eine TU in Nbg. ungestört aufbauen kann. Das ist ein Skandal! Warum greift das die Linke nicht auf? Nbg. wurde deindustrialisiert, i. Ggs. zu SW, wo viel sinnvoller & preiswerter in Ledward & Conn diese TU aufgebaut werden könnte.
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