Dass sich die Stadt Schweinfurt nicht an dem bundesweiten "Aktionstag Popup-Radspuren" (23. Mai) mit einer auf ein paar Stunden begrenzten Einrichtung einer Radfahrspur (etwa in der Ernst-Sachs-Straße) beteiligt hat, steht für den ADFC-Kreisvorsitzenden Martin Dettmar und für Manfred Röder von der lokalen Agendagruppe "Klimafreundliche Mobilität" für eine Lethargie, die im Rathaus bei der zwar groß abgekündigten, aber nicht einmal im Kleinen angegangenen Verkehrswende herrsche. Im Gespräch mit der Redaktion zu dem Aktionstag vermissten Röder und Dettmar keine teuren und zeitaufwendigen Bauvorhaben, sondern den Willen, irgendetwas zu tun, was irgendjemand weh tun könnte. Gefordert ist eine Neuverteilung der Verkehrsräume zugunsten der Fußgänger und Radler.
Geld für Pläne, nicht für Taten
Vorgeworfen werden dem Stadtrat und der Stadtverwaltung, diese würden die Chance auf eine Neuausrichtung im Straßenverkehr durch die während der Corona-Pandemie gewachsene Akzeptanz für das Fahrrad verschlafen. Man habe zwar Geld für ein Radverkehrskonzept ausgegeben, aber dieses immer noch nicht verabschiedet. Befürchtet wird, dass die neue Zweckgemeinschaft von CSU und Grünen im Stadtrat trotz aller Lippenbekenntnisse zur Stärkung des Radverkehrs wenig tun werde. Bislang lägen zumindest noch keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch.
Dettmar verweist auf die Aussage des ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork zum Aktionstag, der meinte, dass die Zeit dränge, da sich die Menschen und darunter viele bisherige Nutzer des ÖPNV jetzt entscheiden würden, wie sie in der zweiten Corona-Phase zur Arbeit oder etwa zum Friseur kommen. Werde das Auto bevorzugt, komme es vermehrt zu Staus, so Röder und Dettmar, weshalb es gelingen müsse, mehr Menschen für die Mobilität mit dem Rad oder zu Fuß zu motivieren.
Das Radverkehrskonzept, dessen Umsetzung eine Auflage bei der Auszeichnung der Stadt zur "Fahrradfreundlichen Kommune" war, zeigt Haupt- und Nebenachsen für den Radverkehr in der Stadt. Doch von den "vielen, vielen Vorschlägen" sei noch keiner angegangen worden, so Dettmar. Nur ins Gespräch gebracht sei die Vision einer Verbindung für Radler von der Carus-Allee (Ledward-Kaserne) bis in die Innenstadt. Über die Realisierung von Vorfahrtsregeln an der Franz-Schubert-Straße, am Schelmsrasen, an der Niederwerrner oder etwa an der Friedrich-Ebert-Straße sei noch nicht einmal nachgedacht. Selbst dort, wo schon alles gerichtet sei, passiere nichts, kritisiert Dettmar bei der Gustav-Heusinger-Straße am Hauptbahnhof, die als erste "Fahrradstraße" der Stadt noch immer auf die entsprechende Beschilderung warte.
Auch Unfallschwerpunkte würden nicht interessieren, so Röder, der das "Desaster" entlang der Deutschhöfer Straße zwischen Rhön- und Dittelbrunner Straße wie auch den Sennfelder Bahnhof nennt. Einzig und allein habe sich in den vergangenen Monaten die Situation am Hauptbahnhof durch die dortige Straßensanierung verbessert.
Mehr Fahrradabstellplätze in der Innenstadt
Gefordert sind das Aufheben der Benutzungspflicht bei nicht optimalen Radwegen und nicht nur bei solchen, die zum Radfahren gänzlich ungeeignet sind, sowie mehr Fahrradstellplätze (auch mit Überdachung) vor allem in der Innenstadt.
Gefordert ist jedoch vor allem mehr Mut. Mit einer Fahrradspur in der Deutschhöfer Straße vom Obertor bis zur Dittelbrunner Straße, mit einer weiteren bergaufwärts in der Hennebergstraße zum Leopoldina-Krankenhaus und einer Fahrradspur in der Ernst-Sachs-Straße würde man Zeichen setzen, die den Autofahrern den Radverkehr bewusst und das Radeln sicher machen würden.
Martin Dettmar und Manfred Röder denken dabei nicht an Schutzstreifen (abgetrennt durch gestrichelte Linie), sondern an Radfahrstreifen (durchgezogene weiße Linie). Besser noch seien zusätzliche Pfosten (die im Falle eines Falles nachgeben und nicht verletzen), mit denen statt der trügerischen Sicherheit auf den zu engen Schutzstreifen in der Hadergasse und in der Zehntstraße ein echter Sicherheitsgewinn zu erzielen sei.
Von der Polizei und dem Ordnungdienst erwarten die Fürsprecher des Radverkehrs, dass Ver- und Gebote auch kontrolliert werden, dass etwa das absolute Halteverbot auf den Schutzstreifen durchgesetzt wird. Dass dies nicht einfach ist, weiß Martin Dettmar und auch, "dass sich die Schweinfurter Radfahrer an gar nix halten".
"...eine Lethargie, die im Rathaus bei der zwar groß abgekündigten, aber nicht einmal im Kleinen angegangenen...Wende herrsche...Vorgeworfen werden dem Stadtrat und der Stadtverwaltung, diese würden die Chance auf eine Neuausrichtung... verschlafen. Man habe zwar Geld für ein...Konzept ausgegeben, aber dieses immer noch nicht verabschiedet. Befürchtet wird, dass die neue Zweckgemeinschaft von CSU und Grünen im Stadtrat trotz aller Lippenbekenntnisse...wenig tun werde. Bislang lägen zumindest noch keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch...Doch von den vielen, vielen Vorschlägen sei noch keiner angegangen worden...Über die Realisierung...sei noch nicht einmal nachgedacht. Selbst dort, wo schon alles gerichtet sei, passiere nichts...Gefordert ist jedoch vor allem mehr Mut."
Das wird mit dieser Besetzung so weitergehen - Wir können nichts mehr erwarten!