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Schweinfurt
Vor dem Landgericht Schweinfurt: Für einen anderen teure BMW abgefackelt, um die Versicherung zu betrügen?
Ein 26-Jähriger steht vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt. Wer steckt hinter einem Brandanschlag vom 28. August 2023?
Seit dieser Woche muss sich ein 26-Jähriger vor dem Landgericht Schweinfurt wegen versuchten Mordes, schwerer Brandstiftung und vorsätzlicher Körperverletzung verantworten.
Foto: Horst Breunig | Seit dieser Woche muss sich ein 26-Jähriger vor dem Landgericht Schweinfurt wegen versuchten Mordes, schwerer Brandstiftung und vorsätzlicher Körperverletzung verantworten.
Lisa Marie Waschbusch
 und  Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 07.07.2024 02:34 Uhr

"Beim Thema Versicherungsbetrug", erklärte der Anwalt vor dem Schweinfurter Landgericht über seinen Mandanten, "sagt man ihm nach, dass er in der Szene Erfahrung mit Unfällen haben soll". Was also hat der 26-jährige Angeklagte mit einem Brandanschlag auf zwei teure BMW in einer Nacht Ende August 2023 in einem Ortsteil einer Gemeinde im Landkreis Schweinfurt zu tun? Dieser Frage geht die 1. Große Strafkammer seit dieser Woche nach.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann, der in Fuß- und Handfesseln in den Gerichtssaal gebracht wurde, vor, in der Nacht auf den 28. August 2023 zwei Fahrzeuge eines 55-Jährigen mit Grillanzünder in Brand gesetzt zu haben. Dabei habe er in Kauf genommen, dass das Feuer auf das Wohnhaus übergeht, in dem der andere Mann schlief, heißt es in der Anklageschrift. Die Rede ist darin von versuchtem Mord, schwerer Brandstiftung und vorsätzlicher Körperverletzung.

Die Ereignisse in jener Nacht waren dramatisch, "diese Minuten waren die Hölle", sagte der 55-Jährige, dessen Sohn in der Nacht auch zum Brand eilte und sich beim Löschen eine Rauchgasvergiftung und Verbrennungen an den Füßen zuzog. Der Vorstandsvorsitzende einer Firma aus dem Raum Schweinfurt war aufgewacht, als die Alarmanlage eines der Fahrzeuge losging. Er habe aus dem Schlafzimmerfenster geschaut, habe Flammen am Carport gesehen und sei sofort nach unten geeilt, um einen Feuerlöscher zu holen. Er rief die Feuerwehr und seinen Sohn an. Die Autos zu retten, gelang nicht. Der Schaden: gut 200.000 Euro an den beiden Fahrzeugen sowie rund 35.000 Euro an der Hausfassade und dem abgebrannten Carport.

Angeklagter will am Tatort gewesen sein, aber nichts angezündet haben

Der Angeklagte hatte in seiner gut einstündigen Einlassung vor Gericht zwar zugegeben, am Tatort gewesen zu sein, bestritt aber vehement, die Fahrzeuge angezündet zu haben. Seine Geschichte ließ Gericht und Staatsanwalt in Teilen verwundert zurück: Ein ihm Unbekannter habe ihn Monate vor der Tat kontaktiert und erklärt, der Geschädigte selbst wolle einen Versicherungsbetrug in Auftrag geben. Dem Angeklagten seien 3000 Euro geboten worden, 500 bekam er sofort.

Nach längerem Zögern fuhr der Angeklagte dann mit drei weiteren Männern von seinem Wohnort in Mittelfranken gut zwei Stunden in den Ort im Landkreis Schweinfurt. Gleichwohl will er vor Ort Gewissensbisse bekommen und sogar geklingelt und geklopft haben. Er sei dann mit seinen Kumpels wieder heimgefahren: "Ich habe mich entschieden, es nicht zu machen."

Als Beweis, dass er vor Ort war, habe er den Grillanzünder vor der Haustür abgelegt. Als er später von seinem Kontakt in der Nacht erfahren habe, dass die Sache erledigt sei, sei er überrascht gewesen. Gegenüber der Polizei hatte der Angeklagte behauptet, er könne sich auch vorstellen, der Unbekannte habe ein "Team B" beauftragt, die Autos anzuzünden.

War es der ehemalige Arbeitskollege des 55-Jährigen?

Warum aber hätte der 55-Jährige selbst die Fahrzeuge abfackeln lassen sollen? Darauf hat der Angeklagte keine schlüssige Antwort. Der 55-Jährige erklärte, es seien Leasingfahrzeuge gewesen, die Versicherungssumme sei an die finanzierende Bank geflossen, nicht an ihn. Er habe aber eine Vermutung, wer dahinter stecken könnte: ein früherer Kollege aus seiner Firma. Von dem habe er sich wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten trennen müssen, das zweite Fahrzeug in der Nacht sei dessen Dienstwagen gewesen. Der Mittelsmann des Angeklagten, so die Theorie des Geschädigten, könnte ein Mitarbeiter des Kollegen gewesen sein. 

Ein Polizeibeamter vor Gericht hielt die damalige Einlassung des Angeklagten in der JVA für eine "Story, die für mich mit der Realität wenig zu tun hat". Dass ein Beschuldigter "ohne Punkt und Komma" einen "15-minütigen Monolog" halte, habe der Polizist, der gar von einem "Schauspiel" sprach, selten erlebt. Er gehe davon aus, dass es nach der mutmaßlichen Tat eine Absprache zwischen den Männern gegeben haben muss, was man der Polizei sage.

Polizei fasste die Männer mittels einer Funkzellenauswertung

Die Männer, die mit dem Angeklagten im Auto zum Tatort gefahren sein sollen, machten vor Gericht kaum Angaben – weil sie selbst mal Beschuldigte in dem Verfahren waren. Gegenüber der Polizei hatten sie damals ihre Version der Geschichte geschildert: Während einer behauptet hatte, die ganze Zeit geschlafen zu haben, hatte ein anderer erst gesagt, sie seien bloß spazieren gewesen, später dann aber eingeräumt, im Auto geblieben zu sein, während der Angeklagte "etwas zu klären" hätte. Im Auto dann hätte der Angeklagte ihnen erzählt, er habe zwei Autos angezündet.

Auf die Schliche gekommen waren die Beamten den vier Männern aus Mittelfranken über eine Funkzellenauswertung. Den Mittelsmann, der den Angeklagten beauftragt haben soll, konnte die Polizei bisher nicht finden. 

Der Prozess wird am Donnerstag, 20. Juni, fortgesetzt.

 
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