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Deutschhof
Nachts beim Brand von vier Fahrzeugen ist dort nur der Angeklagte unterwegs – war er spazieren?
Ein 32-Jähriger steht wegen Brandstiftung vor dem Landgericht Schweinfurt. Nun kommen die Geschädigten zu Wort, der Schaden liegt im sechsstelligen Bereich.
Ein 32-Jähriger muss sich derzeit vor dem Landgericht (Symbolfoto) wegen schwerer Brandstiftung verantworten.
Foto: Patty Varasano | Ein 32-Jähriger muss sich derzeit vor dem Landgericht (Symbolfoto) wegen schwerer Brandstiftung verantworten.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 20.05.2024 02:39 Uhr

Als der Streifenpolizist am 19. Juli letzten Jahres kurz vor Mitternacht im Deutschhof beim lichterloh brennenden Wohnmobil in der Ressbergstraße eintrifft, geht er zunächst von einem technischen Defekt aus: Vollbrand in der Fahrerkabine, "der dabei ist, sich nach hinten auszubreiten", sagt der Beamte als Zeuge vor der 4. Großen Strafkammer. Da kommt die nächste Meldung über Funk: zwei Fahrzeuge in Brand in unmittelbarer Nähe, darunter wieder ein Wohnmobil, dann noch eines in der Kreuzbergstraße.

An technischen Defekt glaubt jetzt kaum noch einer der Polizisten im Einsatz, hier riecht es nach Brandstiftung. Mehrere Streifen sind dort nun beschäftigt, darunter eine in zivil. Sie kümmert sich nicht um die brennenden Autos, sondern schaut sich um, "wer sich um diese Zeit in der Gegend so aufhält". Nach zehn Minuten treffen die Beamten auf eine einzige Person, die ihnen auf einem Fußweg entgegenkommt: den Angeklagten.

Als sie ihn ansprechen, dreht er sich um und geht weg. Sie holen ihn ein, kontrollieren ihn. "Was soll das? Ich gehe spazieren", sagt er laut dem Polizeizeugen. Dabei hatte er einen Flambierbrenner und ein Feuerzeug. Weitere Polizisten in Uniform kommen als Verstärkung dazu. "Von jedem einzelnen wollte er den Dienstausweis sehen", so der Zeuge.

Polizist vor Gericht: Angeklagter "nicht ganz Herr seiner Sinne"

Der 32-Jährige sei bei seiner Festnahme "total verschwitzt und sehr aufgebracht" gewesen, sagt ein weiterer Polizist. Trotz der Uniform "glaubte er erst nicht, dass wir die Polizei sind". Der Mann habe wirr geredet und sei scheinbar "nicht ganz Herr seiner Sinne" gewesen. "Lasst mich los, ich hab nichts damit zu tun", habe er gesagt. Auf der Wache soll der Angeklagte einen Beamten gegen das Schienbein getreten haben. Einem weiteren habe er mit "Umbringen" gedroht.

Schon bei seiner Festnahme durch die Zivilstreife ist den Beamten klar, dass der 32-Jährige nach allen Umständen der mutmaßliche Tatverdächtige sein müsse: fünf Fahrzeuge, die in dieser einen Sommernacht im unmittelbaren Wohnumfeld des Angeklagten in Flammen stehen. Ihre Besitzer werden als Zeugen gehört.

Am Wohnmobil eines Rentnerehepaares, das damit in den Urlaub fahren will, entsteht ein Schaden von 50.000 Euro. Totalschaden auch am Wohnmobil eines weiteren Pensionärs: abzüglich Restwert 49.000 Euro. Was die Versicherung allerdings nicht gezahlt habe, seien die Standgebühren bei der Kriminaltechnischen Untersuchung. Indirekt beschädigt wird ein Skoda, weil er neben einem Fahrzeug in Vollbrand abgestellt ist. Schaden: 10.000 Euro.

Der Angeklagte schweigt weiter

Schließlich berichtet noch ein 31-Jähriger von seinem Range Rover, dessen Heck in Flammen stand, von Reparaturkosten über 65.000 Euro und Mietwagenkosten von 14.000 Euro. Doch jenseits des Materiellen: "Unsere Kinder sind seitdem sehr verängstigt." Sie seien damals "mit rausgekommen, als das Auto brannte". Seitdem schliefen sie schlecht.

Der Angeklagte sagt nach wie vor zu alledem nichts. Seit dem 20. Juli sitzt er in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, außer dieser Brandserie auch an Weihnachten 2022 an zwei Autos quasi vor seiner Haustür Feuer gelegt zu haben. Am 23. Dezember soll er zwischen 1 und 4 Uhr das Fahrzeug einer inzwischen verstorbenen Nachbarin in Brand gesetzt und an Heiligabend ein weiteres Auto im Bereich der Stoßstange angezündet haben. Schaden insgesamt: 18.500 Euro. Schon damals stand er als Brandstifter in Verdacht, seine Mutter gab ihm ein Alibi. Der Prozess wird am 22. Mai fortgesetzt.

 
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