Lässt die Stadt zu viele Ausnahmen von Bebauungsplänen zu? Herrscht gar Wildwuchs beim Aufstellen von Gartenhäuschen und Zäunen oder dem Bau von Garagen? Und wie kann man dem Trend zur Steinwüste im Vorgarten, deren ökologischer Nutzen wohl zumindest nichts für Bienen sein dürfte, entgegen wirken. Eine grundsätzliche Frage im Bauausschuss, wie man als Stadt die Wohngebiete so definiert, dass Individualität möglich ist, aber trotzdem ein städtebaulich einheitliches Bild gewährleistet ist.
Anlass der Diskussion war eine Anfrage von Ulrike Schneider (Schweinfurter Liste/Freie Wähler), ausgelöst von einem Brief eines Anwohners im neuen Stadtteil Bellevue, der für sein Haus und seinen Garten Ausnahmen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes fordert. "Die Liebe zu Zäunen und Stein im Vorgarten wächst", erklärte Schneider, die vor allem die Steinvorgärten in allen Stadtteilen mit Sorge registriert. Eine Entwicklung, die auch der Bund Naturschutz kritisiert.
Schneider wollte wissen, welche Einflussmöglichkeiten die Stadt hat und bezog sich auf die im Zuge der Konversion der us-amerikanischen Liegenschaften als Wohngebiete genutzten Areale Yorktown und Bellevue, früher Askren Manor. Die Entwicklung in Yorktown bei den 65 vor zwei Jahren versteigerten Wohnhäusern sei "erschreckend", so Schneider. In der Tat stimmt ihre Beobachtung, dass das einstmals grüne Wohngebiet zumindest in den Vorgärten oftmals von Steingärten und gepflasterten Einfahrten durchzogen ist.
In Bellevue vor allem den Charakter der Offiziershäuser erhalten
Diese Entwicklung dürfe es in der ehemaligen Offizierssiedlung im Süden Bellevues nicht wieder so geben, "dem müssen wir Einhalt gebieten", so Schneider. Das Ensemble mit altem Baumbestand sieht die Stadt als städtebaulich wichtig an. Im Bebauungsplan gibt es auch zahlreiche Festsetzungen dazu, unter anderem müssen die charakteristischen Carports erhalten werden, gibt es keine Garagen und müssen die Bäume erhalten werden. Gegen einzelne Festsetzungen des seit gut einem Jahr rechtsgültigen Bebauungsplans protestierten Anwohner (wir berichteten).
Bauordnungsamtsleiter Werner Duske betonte, die Rechtsgrundlage sei der Bebauungsplan. Ein Gestaltungshandbuch wie das kürzlich für Bellevue vorgestellte sei eine Empfehlung, wie sich die Stadt dort das Bauen vorstellt, nicht mehr.
Die Entwicklung in Sachen Steingärten und Stellplätzen beobachte die Verwaltung und wirke dem entgegen, so Duske. Zum Beispiel habe man im neuen Baugebiet an der Eselshöhe bereits Briefe an einzelne Hausbesitzer geschrieben, wenn Bauauflagen nicht eingehalten wurden. Grundsätzlich sei das erfolgreich, so Duske.
Verwaltung im Gespräch mit Hausbesitzern aus Bellevue
Stadtbaumeister Markus Sauer erklärte, man sei immer wieder im Gespräch vor allem mit Hausbesitzern in Bellevue. Die meisten Fragen bezögen sich auf Zäune und die Möglichkeit, größere Nebenbauten als die im Bebauungsplan festgelegten neun Quadratmeter im rückwärtigen Teil zu ermöglichen. Bei "gewissen gestalterischen Vorgaben", so Sauer, seien zum Beispiel bis zu zwölf Quadratmeter große so genannte Nebenbauten möglich. Bedingung ist, dass ein Antrag auf Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplanes gestellt wird, den der Bauaussschuss genehmigen muss. Im Moment entstünde ein derartiger Antrag, so Sauer.
In Sachen Bäume gab es bisher keinen illegalen Kahlschlag in Bellevue. Lediglich ein Baum musste auf einem Grundstück weichen, weil er nachweislich kaputt war.
Baureferent Ralf Brettin plädierte für Kompromissbereitschaft von Seiten der Verwaltung beim Umgang mit Hausbesitzern. "Natürlich", betonte er, "sind Anträge, die weit über die Festsetzungen des Bebauungsplanes gehen, nicht Maß unseres Handelns." Man merke aber in der intensiven Bauberatung für die Bürger, dass man auch die einzelnen Bedürfnisse moderner Lebensgestaltung berücksichtigen müsse.
Ob das Gestaltungshandbuch für Bellevue Sinn ergebe, wenn es keine Rechtsbindung habe, bezweifelte Johannes Petersen (SPD), der noch einmal fragte, was dieses gekostet habe. Markus Sauer erinnerte daran, dass das Gestaltungshandbuch schon vor drei Jahren, als der Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs für Askren Manor gekürt wurde, in Auftrag gegeben wurde. Einen expliziten Beschluss der Räte dazu habe es für das 25 000-Euro-Projekt aber nicht gegeben.
Sauer ist aber überzeugt, dass das Handbuch "ein probates Mittel ist, eine Richtung zu zeigen und keine Zwangsjacke, um Ideen zu entwickeln."