zurück
Schleerieth
Von der Natur inspiriert: Ein Haus aus Hanfbeton als Modellprojekt für nachhaltiges Bauen
Die Bio-Landwirte Herbert Krückel und Sabine Feddersen haben außerhalb von Schleerieth ihr Haus aus Holz, Hanf und Naturkalk gebaut. Nachhaltiger geht es kaum noch.
Noch nicht ganz fertig, aber bewohnbar ist das Hanfhaus am Starenberg bei Schleerieth. Das Untergeschoss ist aus Backstein gemauert.
Foto: Johannes Kiefer | Noch nicht ganz fertig, aber bewohnbar ist das Hanfhaus am Starenberg bei Schleerieth. Das Untergeschoss ist aus Backstein gemauert.
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 10.09.2024 02:36 Uhr

Dass aus Hanf viel mehr als Haschisch, Marihuana oder Öl hergestellt werden kann, sollte bekannt sein. Die uralte Nutzpflanze ist auch ein genialer Baustoff, der in Kombination mit Kalk und Wasser so hart wie Beton wird, gleichzeitig dämmt, vor allem schnell nachwächst und als besonders nachhaltig gilt. An ihrem Aussiedlerhof mit Bio-Hühnerhaltung bei Schleerieth haben Sabine Feddersen und Herbert Krückel sich ein Hanfhaus gebaut. Am Tag der Innenentwicklung, Sonntag, 29. September, öffnen sie es für Besucher.

Noch ist nicht alles fertig im und am auffälligen gelben Gebäude am Starenberg außerhalb des Dorfes. "Wir machen möglichst viel selbst, das dauert eben", erklärt der Bio-Landwirt Herbert Krückel. "Und nebenbei wartet ja noch die Arbeit im Hühnerstall, auf dem Feld oder bei der Nudelproduktion", ergänzt seine Partnerin.

Fotoserie

Das Paar hatte 2010 einen Hühnerstall mit großem Freilauf für die Bio-Legehennen am Hang vor Schleerieth gebaut. Anfang 2021 kam eine Maschinenhalle dazu, und Mitte 2021 begannen Krückel und Feddersen nach jahrelanger Vorbereitung mit dem Hausbau. Eingezogen sind sie im März dieses Jahres.

Frankreich und Rumänien sind Vorreiter beim Hausbau mit Hanfbeton

Als Öko-Landwirt hatte Krückel selbst schon Körnerhanf angebaut. Beim Baustoff ist allerdings der Faserhanf Hauptbestandteil. Genauer gesagt sind es die Hanfschäben, die gebrochenen, holzigen Innenteile der Kernröhre des Faserhanfstängels. Sie entstehen als Abfallprodukt bei der Fasererzeugung in der Textilindustrie.

Begeistert vom Baustoff Hanf sind die Bauherren Sabine Feddersen und Herbert Krückel.
Foto: Johannes Kiefer | Begeistert vom Baustoff Hanf sind die Bauherren Sabine Feddersen und Herbert Krückel.

Gemischt werden diese Hanfschäben mit Naturkalk und Wasser. Das genaue Rezept beherrscht Alexander Hess, der in Heilsbronn ein Stuckateurgeschäft betreibt, von Hanfbeton aus eigener Erfahrung überzeugt ist und mit einer in Frankreich konstruierten Spritzmaschine den Bau des Schleeriether Hanfhauses bewerkstelligte. Frankreich und Rumänien sind Vorreiter in Sachen Hausbau mit Hanfbeton.

Dabei wird auf eine Holzwand in Holzständerbauweise die Masse von innen in die offenen Gefache etwa 30 Zentimeter dick schichtweise aufgespritzt. Zusammen mit dem Kalk versteinern die Hanfteile, die Masse wird so fest wie Beton, wiegt aber nur ein Sechstel davon.

Das Gemisch aus Hanfschäben, Naturkalk und Wasser wird mit einer Spritzmaschine von innen auf die offenen Gefache der Holzständerwand aufgetragen.
Foto: Archiv Silvia Eidel | Das Gemisch aus Hanfschäben, Naturkalk und Wasser wird mit einer Spritzmaschine von innen auf die offenen Gefache der Holzständerwand aufgetragen.

Dann wird die Wand abgezogen, um sie eben zu bekommen. Die ganze Elektrik, Steckdosen und Schalter werden mit Abstand am Holzgestell befestigt, um dann bündig in der Wand zu sitzen. Weshalb eine genaue Planung nötig ist, wie Sabine Feddersen erklärt. Anschließend ließen sie die inneren Hanfwände mit einem Kalkputz überziehen.

Die Außenwände des Holzständerhauses wurden zusätzlich mit Holzfaserplatten und ebenfalls Kalkputz versehen. Am Dach kam der Hanfkalk auf die von innen sichtbaren Holzplatten, dann wurde eine atmungsaktive Folie aufgebracht, anschließend die Dachlatten und roten Ziegel.

Bis unters Pultdach offen ist das Wohnzimmer, in dem noch die verputzten Gefache des Hanfbetons sichtbar sind.
Foto: Johannes Kiefer | Bis unters Pultdach offen ist das Wohnzimmer, in dem noch die verputzten Gefache des Hanfbetons sichtbar sind.

Von den guten Dämmeigenschaften ist das Paar überzeugt. "Und das Raumklima ist ein besonderes", meint die Hausherrin angesichts der natürlichen Feuchtigkeitsregulierung des diffusionsoffenen Materials.

Hanfhaus gilt als CO2-neutral

Vor allem beeindruckt beide die Nachhaltigkeit dieses Bauens, von der Herstellung bis zur Entsorgung. Denn Hanfkalkstein speichert rund 90 Prozent mehr Kohlendioxid als bei seiner Herstellung freigesetzt wird. Trotz Emissionen beim Transport der Schäben und einer unverzichtbaren Betonbodenplatte kann das Hanfhaus als CO2-neutral bezeichnet werden.

Weil das Gebäude am Hang liegt, musste im Erdgeschoss die hintere Wand aus Beton gefertigt werden. Der Rest wurde mit Ziegelsteinen gemauert. Hier unten sind auf etwa 90 Quadratmetern die Produktionsstätte für die Bio-Nudeln der Hausherrin sowie Lager- und Technikraum untergebracht.

Der erste Stock des Hanfhauses beherbergt den bis unters Dach offenen Wohnraum samt Küche, das Schlaf- und Badezimmer des Paares sowie Büro und Umkleide. Diese ist von außen durch eine zweite Haustür erreichbar. "Wenn man aus dem Stall kommt, muss man sich ja erst umziehen", erklärt Krückel.

Im Flur wird die ganze Haushöhe deutlich: Denn an der Nordseite ist das Gebäude für zwei Gästeräume aufgestockt, zwei gegenläufige Pultdächer mit unterschiedlicher Neigung charakterisieren das Hanfhaus. In der Höhe des Flures sind die mit Kalkputz versehenen Gefache sichtbar gemacht und bieten mit den grün lasierten Zimmertüren einen modernen Scheunencharakter.

Wie ein Bild wirkt der Ausschnitt im Putz des Wohnzimmers, der den Blick auf den Hanfbeton freigibt.
Foto: Silvia Eidel | Wie ein Bild wirkt der Ausschnitt im Putz des Wohnzimmers, der den Blick auf den Hanfbeton freigibt.

Erwärmt wird das Haus mit einer Fußbodenheizung, gespeist durch eine Luft-Wärmepumpe, die auch für Warmwasser sorgt. "In Kombination mit unserer PV-Anlage auf der Halle und dem Stall sowie einem Speicher ist das sinnvoll", meint der Bauherr.

Auf die besondere Bauart des Hauses weist im Wohnzimmer eine Aussparung in der Wand hin: Wie ein Bild ist dort der graue Hanfbeton sichtbar gemacht.

Tag der Innenentwicklung

Am Tag der Innenentwicklung, Sonntag, 29. September, ist das Hanfhaus von Sabine Feddersen und Herbert Krückel in Schleerieth, Starenberg 1, von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Neben den Bauherren informiert auch Alexander Hess (Heilsbronn) über den Hanfbeton, seine Herstellung und Anwendung. Auch der Markt Werneck ist vertreten und stellt die gemeindlichen Fördermöglichkeiten vor.
Quelle: sia
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schleerieth
Silvia Eidel
Bauarten
Bauherren
Beton
Bio-Bauern
Marihuana
Markt Zellingen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top