"Einen strukturierten Tagesablauf habe ich eigentlich nicht", sagt Bäuerin Sabine Feddersen. Jeder Tag habe seine eigene Dynamik und seine eigenen Überraschungen. Nur zwei Tage in der Woche laufen relativ gleich ab. Es sind zwei Zwölf-Stunden-Tage. Dann nämlich, wenn Sabine Feddersen aus den Eiern ihrer Hühner und aus dem Getreide von den Feldern des Bio-Hofs Krückel Nudeln macht. An diesen Tagen wird nebenbei auch noch "ein bisschen" Büroarbeit erledigt und Brot gebacken. "Das ist schon ein bissle hart", stellt sie fest.
Das Leben als Bäuerin war Feddersen nicht in die Wiege gelegt. In Stuttgart geboren und aufgewachsen wollte sie zwar als Kind schon immer Bäuerin werden, davon rieten ihre Eltern aber ab. Und so erlernte sie den Beruf einer Radio- und Fernsehtechnikerin. Sie arbeite deutschlandweit im Übertragungswagen oder im Videoschnitt. Dann eröffnete sie in Stuttgart einen Laden, in dem Veranstaltungskarten verkauft wurden. "Aus Langeweile chattete ich im Internet", erinnert sich Feddersen, wie sie dabei Herbert Krückel kennenlernte. Er bewirtschaftet den elterlichen Hof in Schleerieth. Und da fiel ihr wieder ihr Kindheitstraum ein, Bäuerin zu werden. Die beiden wurden ein Paar, und 2007 zog Feddersen von Stuttgart nach Schleerieth.
"Die Menschen hier haben eine ganz andere Mentalität", sagt Feddersen. Und eine andere Sprache. "Am habe ich niemanden verstanden." Inzwischen versteht die Stuttgarterin Fränkisch, "fast immer", und bewirtschaftet gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten einen ökologischen landwirtschaftlichen Betrieb. Im Legehennenstall befinden sich 3000 Hennen, tagsüber sind die Tiere im Freien. Dazu kommt noch ein mobiler Stall mit 225 Hennen. Auf rund 50 Hektar wird unter anderem Dinkel, Emmer und Einkorn angebaut. Die Produkte werden verarbeitet und im Hofladen verkauft. Auch Brot backt die Bäuerin selbst, aber nur für den Eigenbedarf. "Es wäre doch blöd, wenn wir alle Zutaten selbst anbauen und dann Industriebrot für uns kaufen würden."
Dass ein Bauernhof viel Arbeit macht, das war Feddersen klar, als sie sich vor zwölf Jahren für diesen Weg in der Landwirtschaft entschied. Was sie allerdings unterschätzt hatte: "Bäuerin sein ist kein Beruf, die Landwirtschaft ist dein Leben." Da mache man nicht abends die Tür zu und könne entspannen, es gebe immer was zu tun. Der Stall öffnet und schließt zwar automatisch und auch die Fütterung erfolgt vollautomatisiert, trotzdem muss mindestens zweimal am Tag jemand schauen, ob alles in Ordnung ist und funktioniert. Ein Viertel ihrer Arbeitszeit verbringt die Bäuerin am Computer, schreibt aufwendige Dokumentationen oder pflegt Datenbanken. Tierbestand, die Zahl der Eier, die Futtermenge, über alles muss akribisch Buch geführt werden. Immer wieder kommen unangemeldete Kontrollen.
Der Arbeitstag im Sommer ist länger als der im Winter. "Solange es hell ist,w ird gearbeitet." Da kann ein Arbeitstag schon mal 14 Stunden haben. Dann geht Feddersen auch mit aufs Feld, zum Heuwenden beispielsweise. Den kleinen und den mittleren Schlepper fährt sie, die große Maschine überlässt sie ihrem Mann. In Stoßzeiten kann es auch schon mal passieren, dass die Bäuerin eine ganze Woche nicht zum Einkaufen kommt. Dann muss von dem gelebt werden, was der Hof hergibt.
Neben dem Hofladen, der ein Selbstbedienungsladen ist, fährt Feddersen auch regelmäßig mit dem Verkaufswagen auf Märkte. "Da kommt man mal raus", erklärt sie und genießt die Begegnung mit ihren Kunden. Bereut hat sie ihren Einstieg in die Landwirtschaft bisher nicht. "Ich bin gerne draußen, das hat mir in den anderen Jobs gefehlt." Außerdem liebt sie Tiere. Das Paar hat auch noch eine Katze und zwei Herdenschutzhunde. Die werden gebraucht, weil die Hühner im Freien sind und die Hunde aufpassen müssen, dass sich der Habicht keines holt. Und auf der Streuobstwiese stehen vier Schafe, sozusagen als Rasenmäher.
Ihre Freizeit verbringt Feddersen gerne in ihrem Gewächshaus, wo sie Tomaten, Auberginen und Paprika selbst zieht. Das Schönste und zugleich Schwerste an ihrem Leben als Bäuerin sei, dass sie direkt bei ihrer Arbeit wohnt. Sie habe keine langen Anfahrten mehr, aber die Arbeit sei eben auch ständig da.
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