
"Glauben Sie das wirklich?" - Schüler im Religionsunterricht können sehr direkt sein. Schon sitze ich auf der Anklagebank. "Dass das Grab leer gewesen sein soll, ist doch noch lange kein Beweis!"
Ich beginne meine Verteidigungsrede: "Ja, ich glaube das wirklich." Ich gerate ins Stottern und rufe mir Zeugen herbei: die Frauen, die am Ostermorgen auf dem Weg zum Grab waren. Sie haben das Grab leer gefunden. Den großen Stein weggewälzt. Eine von ihnen, Maria, ist dem Auferstandenen dann begegnet. Sie hat ihn mit eigenen Augen gesehen und auch mit ihm gesprochen.
Ich rufe die ersten Christen in den Zeugenstand. Der Apostel Paulus macht es mir leicht. Er berichtet nicht nur von seinem eigenen Erlebnis, als der Auferstandene ihn vom Christenverfolger zum Missionar bekehrt hat. Er zählt auch auf, wer den Auferstandenen alles gesehen hat. Nennt Namen und Zahlen. Petrus und die Jünger. Dann 500 Brüder auf einmal.
Ich entlasse die biblischen Personen aus dem Zeugenstand und drehe mich erwartungsvoll zur Klasse: "Es muss also wahr sein. So viele Menschen können sich das doch nicht ausgedacht haben."
An den Osterhasen ist leichter zu glauben als an die Auferstehung
Die Jugendlichen sind nicht überzeugt. An den Osterhasen zu glauben ist leichter, fürchte ich. Zum Glauben kann man niemanden überzeugen. Er hängt auch nicht von der Glaubwürdigkeit der Zeugen ab. Aber wie kann ich glauben, wenn ich den Auferstandenen doch nie gesehen habe?
Für mich persönlich stellt sich die Frage nach meinem Glauben an die Auferstehung am radikalsten, wenn ich am Grab stehe. Ich erinnere mich gut, als wir einen 17-jährigen Jugendlichen beerdigen mussten. Wie ich bei der Beerdigung um Fassung gerungen habe. Wort für Wort. Satz für Satz. Wie alles, was ich sagen wollte, in meinen Ohren hilflos klang angesichts der Trauer und Verzweiflung. "Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen". Ausgerechnet den Konfirmationsspruch hatte sich die Familie gewünscht.
Ich dachte: Das geht gar nicht in dieser Situation. Und dann ging es doch. Irgendwie waren die Engel da. In den Liedern, im Ritual, an dem ich mich festhalten konnte, wie alle anderen auch. In Worten. In Gebeten. Trotz allem. Ich wusste nicht, in welchen Worten ich den Auferstandenen hätte finden können. Aber Er hat uns gefunden.
Beim Abendmahl entstand eine unglaubliche Gemeinschaft
Als ich eine alte Freundin trauen sollte, ist es wieder passiert. Im Traugespräch hatten wir alles genau durchdacht. Sie wollten in der Kirche auch Abendmahl feiern. Gott sollte ihnen den Tisch decken. Nicht nur an der Hochzeitstafel zusammen essen, sondern auch in der Kirche.
Damals ahnte niemand, dass ihr Onkel dann nicht mehr dabei sein würde. Bei der Trauung entstand plötzlich im Abendmahl eine unglaubliche Gemeinschaft: Der Tisch Gottes reichte bis in die Ewigkeit. An ihm saßen auch die, die vor uns gelebt hatten. Der Auferstandene hatte uns gefunden in Brot und Wein.
Ich habe den Auferstandenen nie gesehen. Aber es gibt diese Momente, wo mich der Auferstandene gefunden hat. Wenn ich kleine Kinder taufe, erlebe ich das auch. Eltern stehen voll Dankbarkeit am Taufstein. Paten halten aufgeregt und gerührt das Kind. Wasser berührt die Stirn und ich zeichne ein Kreuz darauf: "Du gehörst Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen." Zur Kindertaufe kann man unterschiedlicher Meinung sein – ich sehe es so: Der Auferstandene hat dieses Kind gefunden, noch bevor es nach ihm suchen konnte. Gottes Tür steht von da an offen.

Wo der Auferstandene Menschen findet, werden sie selbst zu Zeugen. Sie können von ihrem persönlichen Glauben an die Auferstehung erzählen oder stammeln. Überzeugen können sie damit niemanden. Oder besser gesagt: Sie müssen niemanden überzeugen. Und niemand muss verzweifelt nach solchen Momenten in seinem Leben suchen. Denn was den Glauben angeht, sind die Menschen passiv. Sie können höchstens Augen, Ohren und Herzen nicht versperren, sondern geduldig darauf vertrauen: Der Auferstandene findet mich. Er findet Menschen seit dem ersten Osterfest. Bis heute.
Der Glaube schafft die Tränen nicht ab - aber er gesellt sich zur Traurigkeit
Das feiern Christen, wenn sie an diesem Sonntag Ostern feiern. Auf vielen Friedhöfen sind die Posaunen und Trompeten am Ostermorgen die ersten Zeugen der Auferstehung. "Christ ist erstanden" jubilieren sie auf dem Friedhof. Ihr Lied triumphiert über den Tod. Wir werden auferstehen, wie Christus auferstanden ist. Jahr für Jahr klingen fröhliche Lieder an Ostern über den Friedhof. Dort, wo die Bläser sonst mit traurigen Melodien Menschen bei ihrem endgültigen Abschied begleiten.
Mich berührt diese Tradition jedes Jahr aufs Neue. Menschen stehen weinend an Gräbern und lassen sich gleichzeitig mitreißen von den Jubelliedern. Der Glaube an die Auferstehung schafft die Tränen nicht ab. Aber er gesellt sich zur Traurigkeit. Beweisen kann das niemand. Überzeugen kann ich damit auch nicht. Aber bezeugen kann ich es schon – zusammen mit allen Menschen, die der Auferstandene in ihrem Leben gefunden hat.
"Glauben Sie das wirklich?" Wenn es im Religionsunterricht zuweilen ungemütlich ist und das Klassenzimmer zum Gerichtssaal zu werden scheint, bin ich froh, dass das göttliche Wunder nicht von meiner Glaubwürdigkeit abhängt, sondern dass der Auferstandene die Jugendlichen findet.