Das Urteil ist endlich gesprochen: Der 26-jährige Mann aus dem Landkreis Würzburg, der auch als "Lackkratzer" in der Region bekannt wurde, muss für zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Die Große Strafkammer des Schweinfurter Landgerichts verurteilte den Mann, der in fünf Tatserien 406 Fahrzeuge beschädigte, zu einer Haftstrafe, nachdem die Verteidigung auf Bewährung plädiert hatte. Der Schaden, den er mit seinen Kratzern verursachte, liegt bei rund 440 000 Euro.
- Lesen Sie auch: Lackkratzer muss nur für ein Drittel der Fälle vor Gericht
Dem Veitshöchheimer wird zur Last gelegt, innerhalb weniger Monate im Jahr 2018 einen erheblichen Schaden an hunderten Fahrzeugen verursacht zu haben. Dabei soll er alleine im Würzburger Stadtteil Sanderau in nur einer Nacht 239 Fahrzeuge zerkratzt haben, was zu einer Schadenshöhe von einer Viertelmillion Euro führte. Zahlreiche weitere Fahrzeuge in Würzburg und Schweinfurt fielen ihm zudem zum Opfer. Neben dem "enormen materiellen Schaden", sprach die Richterin einen weiteren Aspekt an. "In dieser Zeit wurde auch das Sicherheitsempfinden der Bürger in erheblichem Ausmaß beeinträchtigt." Keiner habe sich damals sicher sein können, in welchem Zustand er sein geparktes Auto vorfinden würde.
"Notiz K" zeigt Planung des Tathergangs
Der "Lackkratzer" nahm die Urteilsverkündung am Freitagmittag reglos zur Kenntnis, nachdem er auch schon an den 23 Verhandlungstagen zuvor geschwiegen hatte. Die zweieinhalbjährige Haftstrafe liegt damit ein Jahr unter den von der Staatsanwalt geforderten dreieinhalb Jahren. Zur Begründung des Urteils zählte die Richterin zahlreiche Indizien auf, die in ihrer Gesamtheit keinen Zweifel an der Schuld des Mannes zuließen. Neben einer Holzkonstruktionsschraube mit Lackspuren wurden Lacksplitter am Finger, in der Kleidung und in der Wohnung des Mannes gefunden. Die Auswertungen seiner Fußspuren im Schnee unmittelbar neben den Fahrzeugen sowie die Ortung seines Mobiltelefons in den Tatbereichen weisen zudem auf die Schuld des Mannes hin.
Zudem wurden bereits gelöschte Dokumente auf seinem Smartphone sichergestellt. Unter dem Eintrag "Notiz K" habe der Mann eine der Tatserien geplant und beispielsweise Wegbeschreibungen aufgelistet. "Diese Notizen zeigen, dass sich der Angeklagte im Vorfeld Gedanken gemacht hat", so die Richterin. Auch deshalb schloss die Richterin eine Einschränkung der Schuldunfähigkeit infolge einer psychiatrischen Vorerkrankung aus. Der junge Mann hatte behauptet, Stimmen in seinem Kopf zu hören. Jedoch konnten weder der psychiatrische Sachverständige noch die Ärzte einer Nervenklinik, in der er fünf Monate untergebracht war, psychiatrische Störungen feststellen.
- Lesen Sie auch: Welche Versicherung zahlt Vandalismus-Schäden am Auto?
Frau bemerkte Kratzgeräusche durch offenes Fenster
Der Verurteilte hatte vor zweieinhalb Jahren für erhebliche Unruhe unter Autobesitzern in Würzburg und Schweinfurt gesorgt. In mehreren Wellen hatte er mit einem spitzen Gegenstand tiefe Furchen ins Blech der Autos geritzt. Vorgeworfen wurden ihm ursprünglich noch deutlich mehr Taten, jedoch reichten die Indizien nicht aus, ihm mehr als 406 beschädigte Fahrzeuge zuzuordnen. Geschnappt wurde der Student am frühen Morgen des 19. April 2018 in Schweinfurt. Eine Frau hatte dank des offenen Schlafzimmerfensters Kratzgeräusche gehört und einen dunkel gekleideten Mann mit Kapuze beobachtet. Nachdem sie die Polizei gerufen hatte, war eine Streife blitzschnell vor Ort und nahm den Mann im Stadtteil Gartenstadt fest. Die Verteidigung kann gegen das Urteil Revision einreichen.