Mit solch einem Medienrummel hat Lena Voll nicht gerechnet. Die junge Mutter hatte am Donnerstag der Polizei den entscheidenden Hinweis zur Festnahme eines mutmaßlichen Lackkratzers gegeben, der im Verdacht steht, an die 100 Fahrzeuge beschädigt zu haben und in Verbindung mit der Autokratzer-Serie im Raum Würzburg stehen könnte. Seitdem steht bei der Schweinfurterin das Telefon nicht mehr still. Radio, Fernsehen und andere Medien haben Interviews angefragt.
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Es war purer Zufall, meint Lena Voll. „Ich bin gegen 3 Uhr aufgewacht und habe so ein komisches kratzendes Geräusch gehört.“ Das Schlafzimmerfenster im Dachgeschoss in Richtung Straßenseite war bei den sommerlichen Temperaturen geöffnet. Der Ehemann habe noch abgewiegelt und gemeint, die Katzen des Nachbars würden wohl am Rollo kratzen.
Nur einen roten Campingbus ausgelassen
Doch Lena Voll steht auf und geht zum Fenster. Und da sieht sie „so einen Typen“, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite zügig von Auto zu Auto geht und immer mit der gleichen Handbewegung einen Wagen nach dem anderen zerkratzt. „Der hatte das gut drauf, das sah sehr geübt aus.“
Lena Voll ruft sofort die Polizei an. Eine Streife sei in wenigen Minuten in der Wilhelm-Bechert-Straße gewesen. Die Festnahme des 24-Jährigen hat sie nicht mehr mitbekommen. „Die Nacht war aber gelaufen“, sagt sie. Polizeiautos vor dem Haus, die Kinder wach und alle Nachbarn vor der Tür. Jeder inspizierte sein Auto. Der Autokratzer hatte bei jedem Fahrzeug auf der rechten Straßenseite einen Kratzer in Motorhaube und Fahrertür gezogen. Nur den roten Campingbus des Nachbarn hatte er ausgelassen. „Glück gehabt“, meint der Besitzer am Tag danach.
Großes Medienaufgebot
Auch die beiden Autos von Lena Voll sind zerkratzt. Ob die Versicherung den Schaden zahlt, weiß die junge Frau noch nicht. Dass das Bayerische Landeskriminalamt im Rahmen der Ermittlungen zur Autokratzer-Serie im Raum Würzburg eine Belohnung in Höhe von 5000 Euro für Hinweise zur Ergreifung eines Tatverdächtigen ausgesetzt hatte, davon hatte sie nichts mitbekommen. „Ich habe noch nicht einmal was von einer Autokratzerserie gewusst.“ Dass sie aufgrund ihrer Zeugenaussage plötzlich solch einen Medienrummel vor der Tür hat, das nervt Lena Voll schon etwas. Vor allem weil ihr Name und ihre Handynummer ohne ihr Zutun öffentlich wurden.
Das Medienaufgebot in der Wilhelm-Bechert-Straße am Tag danach lockt auch andere Anwohner vor die Tür. Keiner hatte jedoch etwas gehört und gesehen. Auch die Überwachungskamera, die am Anwesen von Wolfgang Wegert installiert ist, hat den Täter nicht aufgezeichnet. „Ich habe nach dieser Geschichte schon ein etwas mulmiges Gefühl“, meint eine 25-jährige Anwohnerin in dem beschaulichen Wohngebiet in der Gartenstadt.