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Schweinfurt
Lackkratzer: Staatsanwalt fordert dreieinhalb Jahre Haft
Drei Monate hat die Strafkammer verhandelt und hunderte Zeugen gehört. Jetzt wurde im Fall des Studenten, der 642 Autos zerkratzt haben soll, die Plädoyers gehalten.
Der mutmaßliche 'Lackkratzer' versteckte sich am ersten Verhandlungstag hinter einer Akte. Rechts sein Verteidiger Bernhard Löwenberg.
Foto: Stefan Sauer | Der mutmaßliche "Lackkratzer" versteckte sich am ersten Verhandlungstag hinter einer Akte. Rechts sein Verteidiger Bernhard Löwenberg.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:17 Uhr

23 Prozesstage lang hat der Angeklagte vor dem Landgericht Schweinfurt geschwiegen. Hunderte Zeugen hatte die Große Strafkammer geladen, die meisten von ihnen "Geschädigte", deren Autos nachts im Zeitraum Februar bis April 2018 von einem Unbekannten zerkratzt worden waren. Die Spur des Vandalen verfolgten die Ermittler in Würzburg, Veitshöchheim und Schweinfurt. Innerhalb von zwei Monaten wurden dort in Wohnvierteln meist über mehrere Straßen reihenweise Autos zerkratzt. In sieben Serien sollen laut Anklage 642 Fahrzeuge beschädigt worden sein. Den Schaden bezifferte die Staatsanwaltschaft auf 930 000 Euro.

Der Angeklagte schweigt

Geschnappt wurde am 19. April 2018 kurz nach 3 Uhr in Schweinfurt ein 26-jähriger Student, der jetzt auf der Anklagebank sitzt und schweigt. Eine 31-jährige Friseurin hatte dank des offenen Schlafzimmerfensters Kratzgeräusche gehört und einen dunkel gekleideten Vandalen mit Kapuze beobachtet: "Er lief an den Autos entlang, zerkratzte die Motorhaube und vordere und hintere Seitentür." Das habe der Mann bei jedem Fahrzeug so durchgezogen. "Die Bewegungen waren alle gleich und ziemlich zügig", hatte die Zeugin am ersten Verhandlungstag gesagt. Nachdem sie die Polizei gerufen hatte,  war eine Streife blitzschnell vor Ort und nahm die einzige Person fest, die sie im Stadtteil Gartenstadt auf der Straße fand. Der Mann wollte sich angeblich "die Beine vertreten".

Nun sind oft mehrere "Autokratzer" parallel nachts unterwegs. Warum soll der 26-Jährige für die sieben angeklagten Tatserien verantwortlich sein? Der Staatsanwalt führte eine Schraube an, die Polizisten in einem Abfluss gefunden hatten und die Autolackspuren aufwies – das mutmaßliche Tatwerkzeug. Ferner Schuhabdrücke nahe der beschädigten Autos, die zu den Schuhen des Angeklagten passten. Spürhunde der Polizei hätten mit dem Duft des Angeklagten in der Nase exakt die Straßen abgelaufen, in denen die zerkratzten Autos standen. Und: Ein bestimmtes "Kratzmuster" sei auch den anderen Tatserien gemein. 

Verteidiger fordert Bewährung

Der Anklagevertreter sah jedenfalls ausreichend Indizien, um dem 26-Jährigen zumindest fünf der angeklagten Tatserien zuzuordnen. Er kam auf 405 beschädigte Autos und eine Schadenssumme von knapp 663 000 Euro. Sein Antrag: dreieinhalb Jahre Gefängnis. Dass der Angeklagte voll oder teilweise schuldunfähig sein könnte und stattdessen in der Psychiatrie unterzubringen sei, dafür habe der psychiatrische Sachverständige keine Anhaltspunkte gefunden, wobei der Angeklagte auch ihm gegenüber nichts gesagt hatte.

Der Verteidiger wies vielfach darauf hin, dass es sich bei den Aufzählungen des Staatsanwalts um Indizien handle, nicht um klare Beweise. Er sagte aber auch, dass es bei einigen Taten starke Indizien gebe, die eine Täterschaft seines Mandanten nahelegten. Für den Fall, dass die Kammer zu einem Schuldspruch gelangt, plädierte der Verteidiger auf eine "Strafe im bewährungsfähigen Bereich" – also maximal zwei Jahre – die dann auch zur Bewährung ausgesetzt werden sollte.

Auch von seinem Recht auf das "letzte Wort" machte der Angeklagte keinen Gebrauch. Das Urteil wird am Freitag um 13 Uhr gesprochen.

 
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Kommentare
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  • Albatros
    Ja selbstverständlich bekommt der junge Mann eine Bewährungsstrafe. Wir befinden uns in Deutschland, da wird man nicht für seine Taten zur Verantwortung gezogen. Da kramt der Herr Winkeladvokat ein wenig in der Freudschen Psychokiste, stellt eine 1a-Sozialprognose und schon ist der Herr Täter auf freiem Fuß. Die Schäden an den Fahrzeugen wird er nie begleichen können, da er vermutlich ewig dem Steuerzahler auf der Tasche liegen wird. Unser Rechtssystem, welches in den vergangenen drei Jahrzehnten immer weiter nach links abgedriftet ist, bedarf einer erheblichen Korrektur. Täter müssen für nachgewiesene Straftaten entsprechend verurteilt werden. Angerichtete finanzielle Schäden müssen durch Arbeit so lange abgezahlt werden, bis diese beglichen sind. Ich bin mir sicher dass sich so manches Früchtchen dreimal überlegt, ob er Autos zerkratzt oder sonstige Straftaten begeht.
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  • reutjo
    ich kann mich ...........

    an gewisse Äusserungen bei Gericht daran erinnern, dass man früher in ähnlich g-
    lagerten Fällen reih um davon sprach: " wenn eine Serie nach der Festnahme eines der Tat Verdächtigten aufhörte ; dann ist es der Untersuchungshäftling auch gewesen.
    Wenn er, wie im geschilderten Sachverhalt, dingfest in der JVA oder ähliches, ausser Betrieb gesetzt war!" Weit weit nach 1945 vertrat man diese Meinung.
    Ich würde sie unter diesen geschilderten Umständen nicht beanstanden.
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  • post@herbertstapff.de
    Lebenslang aber anders. Wenn er rauskommt, soll er in einer Autolackiererei arbeiten, jeden Tag spachteln, schleifen, lackieren, Spritzkabine und -maschine putzen. Der Lohn wird für die Schäden verwandt, die er erzeugt hat. Und wenn alles bezahlt ist, darf er sich einen neuen Job suchen.
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  • Azedinho12
    Lebenslang! Ernsthaft! Wer dies aus Überzeugung in diesem Ausmaß und bei dieser Anzahl von Autos macht, der macht das immer wieder.
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Der Herr Verteidiger, ich lach mich krank! Nur weil es Ihrem Mandanten die Sprache verschlagen hat Bewährung? Damit kommen Sie nicht durch. NIEMALS!!!
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