zurück
Schweinfurt
Über 100 Knöllchen am Tag: Schweinfurts Verkehrsüberwachungsdienst ahndete 32.395 Parkverstöße im Jahr 2023
Warum wird das Füttern von Tauben höher bestraft als das Wegwerfen von Zigarettenkippen? Ordnungsreferent Jan von Lackum präsentierte dem Hauptausschuss eine Statistik mit Analyse.
Nicht alle Ordnungswidrigkeiten werden in der Stadt aufgedeckt. Ein Grund ist Personalmangel. Von den fünf Stellen beim Ordnungsdienst sind aktuell nur vier besetzt. 
Foto: Anand Anders | Nicht alle Ordnungswidrigkeiten werden in der Stadt aufgedeckt. Ein Grund ist Personalmangel. Von den fünf Stellen beim Ordnungsdienst sind aktuell nur vier besetzt. 
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 25.02.2024 03:32 Uhr

Beim Knöllchenschreiben sind Schweinfurts "Ordnungspolizisten" spitze: 32.395 Verkehrsverstöße haben die sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Verkehrsbereich (VÜD) – vier Stellen sind aktuell unbesetzt – im Jahr 2023 geahndet. Hauptsächlich ging es um Parken ohne Parkschein, überschrittener Parkzeit, fehlende Parkscheibe und Halten beziehungsweise Parken im Parkverbot. Aber auch gröbere Verstöße wurden geahndet: zum Beispiel Parken auf einem Schwerbehindertenparkplatz, vor einer Feuerwehrzufahrt oder an einem Elektroladeplatz.

"Das ist ja enorm, was die leisten", entfuhr es Ulrike Schneider (Zukunft./ödp), die gleich nachrechnete und auf durchschnittlich über 100 verteilte Knöllchen am Tag kam. Auf ihren Antrag hin hatte das städtische Ordnungsamt eine Statistik über Art, Umfang und Höhe der ausgestellten Verwarnungen beziehungsweise Bußgelder für das Jahr 2023 zusammengestellt. Ordnungsreferent Jan von Lackum präsentierte diese am Dienstagmorgen in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses.   

32.395 Knöllchen hat das städtische Ordnungsamt im Jahr 2023 verteilt, hauptsächlich wegen Parkverstößen.
Foto: Bernd Wüstneck | 32.395 Knöllchen hat das städtische Ordnungsamt im Jahr 2023 verteilt, hauptsächlich wegen Parkverstößen.

Die erhobenen Verwarnungsgelder (maximal 55 Euro) spülten 2023 insgesamt 666.446 Euro in die Stadtkasse. Wer sein Verwarnungsgeld nicht gezahlt hat, bekam Post von der Zentralen Bußgeldstelle in Viechtach, an die nicht angenommene Verwarnungen abgegeben werden. Das Geld fließt dann aber in den Staatshaushalt.        

Diskrepanz in den Bußgeldern

Neben den Verkehrsverstößen gab es noch 15.155 Euro Einnahmen aus 280 "sonstigen Ordnungswidrigkeiten". Das sind Vergehen wie beispielsweise zu laute Musik oder Herumlärmen, Urinieren auf öffentlichem Grund, Mitführen von Einhandmessern, Zigaretten wegschnipsen oder verbotenerweise Tauben in der Stadt füttern.

Bei den letzteren beiden Verstößen sah Schneider eine "immense Diskrepanz" in den Bußgeldern. Während das Füttern von Tauben mit einem dreistelligen Betrag (100 Euro plus Bearbeitungsgebühr) geahndet werde, koste Zigaretten schnipsen "nur" 25 Euro. Auch dass nur fünf Raucher beim Wegschnipsen erwischt wurden, macht Schneider nachdenklich. Es sei wohl einfacher, ein "altes Frauchen" beim Tauben füttern dingfest zu machen als "junge Männer" beim Verschmutzen der Stadt.

"Hier müssen wir stärker durchgreifen", fordert Schneider. Das Wegwerfen von Kippen sei kein Kavaliersdelikt. Sie wünscht sich deshalb von den Ordnungshütern bei der Ahndung von Verstößen gegen die Sauberkeit in der Stadt den "gleichen Fleiß" wie beim Knöllchenschreiben.

Konsequenter gegen Umweltfrevler vorgehen

Was die Diskrepanz zwischen den Bußgeldern anbetrifft, verwies von Lackum auf die unterschiedliche Rechtsgrundlage. Tauben füttern fuße auf dem Tier- und Infektionsschutzgesetz, während Kippen schnipsen ein Satzungsverstoß sei. Dass hier nur wenige Verwarnungen ausgesprochen wurden, hat laut von Lackum einen Grund: "Wir müssen die Leute auf frischer Tat ertappen", was selten der Fall sei.

'Unsere Stadt wird schmutziger', sagt Stadträtin Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) und fordert härteres Durchgreifen gegen Menschen, die ihren Müll auf öffentliche Straßen werfen.
Foto: Ruppert | "Unsere Stadt wird schmutziger", sagt Stadträtin Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) und fordert härteres Durchgreifen gegen Menschen, die ihren Müll auf öffentliche Straßen werfen.

Schneider stellt das nicht zufrieden. "Unsere Stadt wird schmutziger." Sie fordert deshalb konsequenteres Vorgehen gegen Menschen, die ihren Müll auf öffentlichen Straßen entsorgen. Beispielsweise könnte die Stadt auch Geschäftsbesitzer mit in die Verantwortung nehmen, wenn deren Kundschaft Zigarettenkippen vor dem Laden entsorge. Besonders an den Barbershops in Schweinfurt ist ihr das aufgefallen. Auch der Verkehrsüberwachungsdienst könnte ihrer Meinung nach bei seinen Streifzügen durch die Stadt ein Auge auf die Umweltverschmutzer werfen und so die Kolleginnen und Kollegen vom allgemeinen Ordnungsdienst unterstützen.         

Von Lackum bezweifelt, dass mit mehr Personal das Problem in den Griff zu bekommen ist. Das Wegwerfen von Kippen sei inzwischen zum Volkssport geworden. "Es muss ein Umdenken in der Bevölkerung stattfinden", setzt der Ordnungsreferent eher auf Informationskampagnen, wie sie vom Servicebetrieb bereits durchgeführt worden seien.

Personalengpässe führen zu weniger geahndeten Ordnungswidrigkeiten

Es gibt noch eine weitere Auffälligkeit in der Statistik: Während in den Jahren vor der Corona-Pandemie pro Jahr rund 500 Fälle von Ordnungswidrigkeiten außerhalb der Verkehrsverstöße obligatorisch waren, hat sich diese Zahl während der Pandemie vervierfacht und liegt jetzt mit 280 Fällen deutlich unter dem Normalniveau.

Von Lackum führt den Rückgang auf die Personalengpässe bei der Polizei und der städtischen Ordnungsbehörde zurück, die andere Aufgaben vordringlicher wahrzunehmen hätten. Folglich würden nicht alle Ordnungswidrigkeiten geahndet. Hinzu kommt, dass bei der Stadt von den fünf speziell für diesen Bereich vorgesehenen Stellen nur vier besetzt sind. Weil das Aufgabengebiet anspruchsvoller sei, so von Lackum, könnten Tätigkeiten auch nicht auf den Verkehrsüberwachungsdienst übertragen werden. Die beiden Bereiche unterscheiden sich deshalb auch in der Bezahlung.  

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Irene Spiegel
Bußgelder
Infektionsschutzgesetz
Jan von Lackum
Ordnungsämter
Polizei
Stadt Schweinfurt
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Hans Schwinger
    Rat an die Stadt: noch weniger Parkplätze und noch mehr Knöllchen. Dann endlich auch weniger Kunden in der Stadt und mehr online-Käufe. Ziel erreicht.
    Hans Schwinger
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ute Fischbull
    Dieser Kommentar wurde unter einem suspekten Namen abgegeben. Hierbei scheint es sich nicht um den tatsächlichen Namen zu handeln. Bitte lassen Sie von unserem Kundenservice (Mail: kundenservice@mainpost.de Telefon: 0931/6001 6001) den korrekten Vor- und Nachnamen im Nutzerprofil hinterlegen und geben den Kommentar bei Bedarf erneut ab.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gernot Schubert
    Na, da kann sich der Staat ja mega freuen! Derweil: Was macht eigentlich die Politik/ Polizei im Vorfeld, dass es zu solchen Verstößen nicht kommt? Bin gespannt!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Ist doch alles ausgeschildert wo, wie lange und zu welchen Kosten geparkt werden darf.
    An was haben sie gedacht was die Polizei machen soll? Aufklärungsgespräche?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Reinhold Fritz
    Darum geh ich in Schweinfurt nicht mehr einkaufen! die Stadt soll so weitermachen bis der letze Laden schließt weil keine Kunden mehr kommen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dietmar Eberth
    Ich weiß nicht, ob die Ladenbesitzern Kunden mögen die sich nicht an Regeln halten.

    Ich schlag dem Verkehrsüberwachungsdienst in Schweinfurt bei jedem Besuch ein Schnippchen: ich halte mich an die Verkehrsregeln
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten