
Beim Knöllchenschreiben sind Schweinfurts "Ordnungspolizisten" spitze: 32.395 Verkehrsverstöße haben die sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Verkehrsbereich (VÜD) – vier Stellen sind aktuell unbesetzt – im Jahr 2023 geahndet. Hauptsächlich ging es um Parken ohne Parkschein, überschrittener Parkzeit, fehlende Parkscheibe und Halten beziehungsweise Parken im Parkverbot. Aber auch gröbere Verstöße wurden geahndet: zum Beispiel Parken auf einem Schwerbehindertenparkplatz, vor einer Feuerwehrzufahrt oder an einem Elektroladeplatz.
"Das ist ja enorm, was die leisten", entfuhr es Ulrike Schneider (Zukunft./ödp), die gleich nachrechnete und auf durchschnittlich über 100 verteilte Knöllchen am Tag kam. Auf ihren Antrag hin hatte das städtische Ordnungsamt eine Statistik über Art, Umfang und Höhe der ausgestellten Verwarnungen beziehungsweise Bußgelder für das Jahr 2023 zusammengestellt. Ordnungsreferent Jan von Lackum präsentierte diese am Dienstagmorgen in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses.

Die erhobenen Verwarnungsgelder (maximal 55 Euro) spülten 2023 insgesamt 666.446 Euro in die Stadtkasse. Wer sein Verwarnungsgeld nicht gezahlt hat, bekam Post von der Zentralen Bußgeldstelle in Viechtach, an die nicht angenommene Verwarnungen abgegeben werden. Das Geld fließt dann aber in den Staatshaushalt.
Diskrepanz in den Bußgeldern
Neben den Verkehrsverstößen gab es noch 15.155 Euro Einnahmen aus 280 "sonstigen Ordnungswidrigkeiten". Das sind Vergehen wie beispielsweise zu laute Musik oder Herumlärmen, Urinieren auf öffentlichem Grund, Mitführen von Einhandmessern, Zigaretten wegschnipsen oder verbotenerweise Tauben in der Stadt füttern.
Bei den letzteren beiden Verstößen sah Schneider eine "immense Diskrepanz" in den Bußgeldern. Während das Füttern von Tauben mit einem dreistelligen Betrag (100 Euro plus Bearbeitungsgebühr) geahndet werde, koste Zigaretten schnipsen "nur" 25 Euro. Auch dass nur fünf Raucher beim Wegschnipsen erwischt wurden, macht Schneider nachdenklich. Es sei wohl einfacher, ein "altes Frauchen" beim Tauben füttern dingfest zu machen als "junge Männer" beim Verschmutzen der Stadt.
"Hier müssen wir stärker durchgreifen", fordert Schneider. Das Wegwerfen von Kippen sei kein Kavaliersdelikt. Sie wünscht sich deshalb von den Ordnungshütern bei der Ahndung von Verstößen gegen die Sauberkeit in der Stadt den "gleichen Fleiß" wie beim Knöllchenschreiben.
Konsequenter gegen Umweltfrevler vorgehen
Was die Diskrepanz zwischen den Bußgeldern anbetrifft, verwies von Lackum auf die unterschiedliche Rechtsgrundlage. Tauben füttern fuße auf dem Tier- und Infektionsschutzgesetz, während Kippen schnipsen ein Satzungsverstoß sei. Dass hier nur wenige Verwarnungen ausgesprochen wurden, hat laut von Lackum einen Grund: "Wir müssen die Leute auf frischer Tat ertappen", was selten der Fall sei.

Schneider stellt das nicht zufrieden. "Unsere Stadt wird schmutziger." Sie fordert deshalb konsequenteres Vorgehen gegen Menschen, die ihren Müll auf öffentlichen Straßen entsorgen. Beispielsweise könnte die Stadt auch Geschäftsbesitzer mit in die Verantwortung nehmen, wenn deren Kundschaft Zigarettenkippen vor dem Laden entsorge. Besonders an den Barbershops in Schweinfurt ist ihr das aufgefallen. Auch der Verkehrsüberwachungsdienst könnte ihrer Meinung nach bei seinen Streifzügen durch die Stadt ein Auge auf die Umweltverschmutzer werfen und so die Kolleginnen und Kollegen vom allgemeinen Ordnungsdienst unterstützen.
Von Lackum bezweifelt, dass mit mehr Personal das Problem in den Griff zu bekommen ist. Das Wegwerfen von Kippen sei inzwischen zum Volkssport geworden. "Es muss ein Umdenken in der Bevölkerung stattfinden", setzt der Ordnungsreferent eher auf Informationskampagnen, wie sie vom Servicebetrieb bereits durchgeführt worden seien.
Personalengpässe führen zu weniger geahndeten Ordnungswidrigkeiten
Es gibt noch eine weitere Auffälligkeit in der Statistik: Während in den Jahren vor der Corona-Pandemie pro Jahr rund 500 Fälle von Ordnungswidrigkeiten außerhalb der Verkehrsverstöße obligatorisch waren, hat sich diese Zahl während der Pandemie vervierfacht und liegt jetzt mit 280 Fällen deutlich unter dem Normalniveau.
Von Lackum führt den Rückgang auf die Personalengpässe bei der Polizei und der städtischen Ordnungsbehörde zurück, die andere Aufgaben vordringlicher wahrzunehmen hätten. Folglich würden nicht alle Ordnungswidrigkeiten geahndet. Hinzu kommt, dass bei der Stadt von den fünf speziell für diesen Bereich vorgesehenen Stellen nur vier besetzt sind. Weil das Aufgabengebiet anspruchsvoller sei, so von Lackum, könnten Tätigkeiten auch nicht auf den Verkehrsüberwachungsdienst übertragen werden. Die beiden Bereiche unterscheiden sich deshalb auch in der Bezahlung.
Hans Schwinger
An was haben sie gedacht was die Polizei machen soll? Aufklärungsgespräche?
Ich schlag dem Verkehrsüberwachungsdienst in Schweinfurt bei jedem Besuch ein Schnippchen: ich halte mich an die Verkehrsregeln