zurück
Schweinfurt
So viele Corona-Verstöße gab es 2020 im Kreis Schweinfurt
Lockdown, Maskenpflicht, Ausgangssperre. Auch im Raum Schweinfurt mussten die Menschen 2020 mit harten Einschränkungen leben. Doch diese Regeln wurden oftmals gebrochen.
Polizeikontrolle auf dem Schweinfurter Marktplatz: Die Corona-Regeln führten im vergangenen Jahr auch zu zahlreichen Verstößen.
Foto: HMB Media/Julien Becker | Polizeikontrolle auf dem Schweinfurter Marktplatz: Die Corona-Regeln führten im vergangenen Jahr auch zu zahlreichen Verstößen.
Dominik Großpietsch
 und  Nicolas Bettinger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 21:44 Uhr

Dass sich die Menschen in Stadt und Landkreis Schweinfurt überwiegend an die auferlegten Corona-Beschränkungen halten, betonten im vergangenen Jahr sowohl Stadt als auch Landratsamt. Dennoch kam es 2020 immer wieder zu Verstößen, so dass letztendlich eine beachtliche Summe an Bußgeldern zusammengekommen ist. Alleine in der Stadt Schweinfurt wurden im vergangenen Jahr 793 Bußgeldverfahren mit Corona-Bezug in die Wege geleitet. Dabei wurden Bußgelder in Höhe von insgesamt knapp 187 000 Euro festgesetzt.

Zur Einordnung: Alleine bis Dezember waren es 2020 in der Stadt insgesamt knapp 1200 Ordnungswidrigkeiten, davon nur rund 400 "normale" Fälle ohne Bezug zur Corona-Pandemie. "Grundsätzlich können wir sagen, dass wir im Normalfall im Schnitt zirka 460 Ordnungswidrigkeitenanzeigen im Kalenderjahr zu behandeln haben", sagt Kristina Dietz, Pressesprecherin der Stadt Schweinfurt. Demzufolge habe sich bereits Ende des vergangenen Jahres eine Steigerung um 160 Prozent aufgrund der Corona-Krise ergeben.

150 Euro wegen Verstoß gegen die Ausgangsbeschränkung

Wie Dietz auf Nachfrage mitteilte, ging es dabei hauptsächlich um Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkung, die Kontaktbeschränkung oder die Maskenpflicht in verschiedensten Bereichen. Etwa im Personennahverkehr, in Betrieben, an öffentlichen durch die städtische Allgemeinverfügung festgelegten Orten oder bei Versammlungen. "Vereinzelt waren aber auch Verstöße gegen Betriebsuntersagungen, Veranstaltungsverbote, Quarantäneanordnungen oder eine angeordnete Testpflicht dabei", führt Dietz aus.

"Leider stellen wir aber auch fest, dass die Bereitschaft, die Vorgaben und Regelungen einzuhalten, mit Beginn des zweiten Lockdowns spürbar nachgelassen hat."
Kristina Dietz, Pressesprecherin der Stadt Schweinfurt

Der am häufigsten festgesetzte Betrag war dabei 150 Euro, vor allem durch Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkung. Auch die Summe von 125 Euro wegen eines Verstoßes gegen die Maskenpflicht wurde häufig verhängt. Laut Dietz habe man in den Medien immer wieder von 250 Euro gelesen. Dieser Betrag sei aber nur für ein vorsätzliches Vergehen verhängt worden, "im Fahrlässigkeitsbereich wurde die Hälfte erhoben". In Einzelfällen, etwa bei Verstößen gegen Quarantäne- und Testanordnungen, seien auch vierstellige Beträge erhoben worden.

Breitschaft in der Bevölkerung habe "spürbar nachgelassen"

"Grundsätzlich kann man sagen, dass sich ein Großteil der Bürger an die Maßnahmen hält", verdeutlicht Dietz. Trotzdem komme es regelmäßig zu Verstößen, vor allem auch, was die Maskenpflicht betrifft. Diese werde oft zu oberflächlich und damit unzureichend beachtet. "Leider stellen wir aber auch fest, dass die Bereitschaft, die Vorgaben und Regelungen einzuhalten, mit Beginn des zweiten Lockdowns spürbar nachgelassen hat." Gleichzeitig wurden die Kontrollen verstärkt, so dass derzeit noch viele Anzeigen vorliegen, auch aus 2020, die aktuell noch bearbeitet werden müssen.

Wie eine Nachfrage beim Polizeipräsidium Unterfranken ergab, können aus der Kriminalstatistik frühestens im Frühjahr 2021 Aussagen zu Entwicklungen von Fallzahlen getroffen werden. "Dennoch sind anhand von Recherchen in unserer polizeilichen Vorgangsverwaltung einige Auffälligkeiten für den Raum Schweinfurt bereits jetzt prognostizierbar", so Polizeioberkommissar Björn Schmitt. Denn in bestimmten Deliktsfeldern konnten im Zusammenhang mit Corona im Dreijahresvergleich 2018 bis 2020 folgende auffällige Tendenzen für die Stadt Schweinfurt festgestellt werden.

So lagen dort etwa Körperverletzungsdelikte zum Teil deutlich unter dem Niveau der Vorjahre. Ladendiebstähle seien hingegen seit August 2020 deutlich über Vorjahresniveau gestiegen. Von Januar bis Mai befanden sich diese jedoch deutlich darunter, wobei ein Zusammenhang mit dem ersten Lockdown naheliegt. Fälle von häuslicher Gewalt soll es 2020 in Schweinfurt insgesamt weniger gegeben haben, so die Polizei.

130 000 Euro Bußgelder im Landkreis

Auch im Landkreis beobachtete man im vergangenen Jahr einige Auffälligkeiten. Im ersten Quartal 2020 lagen dort vor allem Betrugsdelikte über das Internet über den Vorjahresniveaus. Bei den Ladendiebstählen verhielt es sich ähnlich wie im Stadtgebiet. Wie das Landratsamt Schweinfurt auf Nachfrage mitteilte, mussten 2020 in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie 296 Bußgeldbescheide im Landkreis verhängt werden. Es wurden dabei Bußgelder in Höhe von insgesamt rund 130 000 Euro ausgesprochen. "Die tatsächlichen Einnahmen sind allerdings geringer, da beispielsweise Verfahren noch bei Gericht anhängig sind oder auch bereits Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden mussten", erklärt Pressesprecher Andreas Lösch.

Die aus den Bußgeldverfahren erhaltenen Mittel stehen dem Freistaat Bayern zu. Dieser, so Lösch, überlasse die Mittel jedoch als Finanzzuweisung wieder dem Landkreis. Der Kreis könne dieses Geld als allgemeine Deckungsmittel verwenden. "Das dient dazu, zumindest einen Teil der Kosten, die beim Landkreis zur Bewältigung der Corona-Pandemie angefallen sind, zu decken."

Wenige Gerichtsverfahren wegen Corona

Und was ist eigentlich mit Gerichtsverfahren wegen Corona-Verstößen? Eine Nachfrage ergab, dass dort in diesem Zusammenhang nur sehr wenige Verfahren geführt wurden, eine statistische Erfassung sei aber nicht erfolgt. Laut Thomas Fenner, Vorsitzender Richter am Schweinfurter Landgericht, gab es aber sowohl Ordnungswidrigkeiten- als auch Strafverfahren. "Zum rechtlichen Hintergrund: Bestimmte Verstöße gegen Quarantäneanordnungen stellten bis Mitte 2020 eine Straftat dar, seit einer Gesetzesänderung nur noch eine Ordnungswidrigkeit", erklärt Fenner.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Dominik Großpietsch
Nicolas Bettinger
Ausgangssperren und Ausgangsbeschränkungen
Bußgelder
Coronavirus
Covid-19-Pandemie
Der Kreis GmbH & Co KG
Gerichtsprozesse und Gerichtsverfahren
Häusliche Gewalt
Körperverletzung und Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit
Ordnungswidrigkeiten
Polizei
Polizeipräsidium Unterfranken
Stadt Schweinfurt
Strafprozesse
Straftaten und Strafsachen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • K. K.
    Wohin diese "verfassungstreue" und "freiheitsverteidigende" Grundhaltung führt kann man ja in Sachsen und Thüringen zur Genüge "genießen".
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Viel zu wenige Kontrollen angesichts der Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr.
    Man sollte auch mal von 5 bis 6 Uhr (und gerade am Wochenende) Stadtauswärts kontrollieren, was und wieviel da so in den Fahrzeugen sitzt! Kontaktbeschränkung ist das Stichwort. Da würde man dann auch mal die "Privatpartymacher" erwischen. Und die Stadteinwärts zur Arbeit fahrenden lässt man damit in Ruhe.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • L. D.
    @Albiz - Dem ist Wichtiges hinzuzufügen: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dieses Urteil des Amtsgerichts Weimar als "höchst fragwürdige Einzelentscheidung" bezeichnet. Der Verwaltungsgerichtshof sieht dieses Urteil im Widerspruch zur überwiegenden Rechtsprechung in der Corona-Pandemie. Das Amtsgericht Weimar maße sich mit seiner Einschätzung der epidemiologischen Lage eine Sachkunde an, die ihm nicht zukomme. Die Staatsanwaltschaft Erfurt hat bereits Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Weimar eingelegt. Laut Antrag soll es an die höhere Instanz verwiesen werden. Hier die Pressemitteilung des Bayerischen VGH: https://www.vgh.bayern.de/media/bayvgh/presse/pm_querdendenk_am_24.01.2021_in_munchen.pdf
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. K.
    hab mir das Weimarer Urteil mal durchgelesen...also viel Arbeit hat sich der Richter ja damit durchaus gemacht, wenngleich die Begründung offenbar seiner Ideologie entspricht. Mal sehen wies ausgeht...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. S.
    Was nicht passt wird passend gemacht, damit hat Thüringen ja Erfahrung, siehe letzte Wahl!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Die Gerichte in Bayern sind auch so eine Sache....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Ein frisches Urteil aus Thüringen: "Der Richter stufte das allgemeine Kontaktverbot im Lockdown des Frühjahrs 2020 als unverhältnismäßig, verfassungswidrig – und 'damit nichtig' ein. In seinem Urteil brandmarkte er die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen als 'katastrophale politische Fehlentscheidung.'"Dem ist nichts hinzuzfügen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. K.
    Richter können erst mal recht frei nach eigener Meinung entscheiden.
    Verfassungswidrig ist eine Behauptung die das Verfassungsgericht erst einmal bestätigen muss.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten