Etwa drei Minuten. So lange hat Josef D. wohl noch gelebt, nachdem ihn die sechs Messerstiche getroffen hatten. Etwa drei Minuten hat es gedauert, bis er verblutet war. Die mutmaßlichen Täter, so steht es in der Anklageschrift, standen derweil daneben, beobachteten seine Pupillen mit einer Fahrradlampe und fühlten seinen Puls. Man wollte sich offenbar sicher sein, dass der 26-Jährige wirklich tot ist.
Es sind schwer erträgliche Minuten am zweiten Prozesstag vor der 1. Großen Jugendkammer des Landgerichts Schweinfurt, als ein Rechtsmediziner der Universität Würzburg Bilder der Obduktion von Josef D. zeigt. Der 26-Jährige wurde in der Nacht auf den 22. November 2021 gewaltsam getötet, seine Leiche in den frühen Morgenstunden von Spaziergängern an einem Radweg in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) gefunden.
Ein beinahe unerträglicher Anblick für Angehörige und Freunde des Getöteten
Schnaufen und Schluchzen ist zu hören und ein erschrockenes "ach du Scheiße", als das Gesicht des Getöteten mit einer schweren Verletzung an der Lippe auf der großen Leinwand erscheint. Für die Freunde und Angehörigen des 26-Jährigen ein beinahe unerträglicher Anblick. Sechsmal hat der Täter zugestochen, in Rücken, Brust und Gesäß. Auch die Einstiche sind auf der Leinwand zu sehen.
Der Rechtsmediziner sagt vor Gericht: "Alle Stiche sind gesetzt worden, als er noch einen funktionierenden Kreislauf hatte." Die Verletzung im Gesicht könne entweder von einem Schlag mit einer Flasche, einem Fußtritt oder beidem stammen.
Seit dem 27. September sitzen drei Männer in Schweinfurt vor Gericht, weil sie am Tod von Josef D. im November 2021 beteiligt gewesen sein sollen. Zweien wirft die Staatsanwaltschaft Mord in Mittäterschaft vor, dem dritten Beihilfe zum Mord. Der Hauptangeklagte, ein 19-Jähriger, räumte bereits am ersten Prozesstag die "vorsätzliche Tötung" ein. Ob es sich um Mord handelt, bleibt Gegenstand der Hauptverhandlung.
Es ging wohl um Geld und Drogen
In der Auseinandersetzung der jungen Männer – allen voran des Hauptangeklagten und Josef D. – ging es laut Anklage um Drogen und Geld. 100 Euro soll der 19-Jährige dem später Getöteten geschuldet haben. Dass Josef D. ihn an seine Schulden erinnerte, soll den Angeklagten so verärgert haben, dass er beschloss, D. zu töten. Der 21-jährige Mitangeklagte, dem er dieses Vorhaben offenbart habe, soll zugestimmt haben.
Auf dem Weg zum späteren Tatort sollen sie einen Bekannten besucht haben, den dritten Angeklagten. Von ihm sollen sie sich ein Messer geliehen haben. Der 21-jährige Mitangeklagte habe zwar gefragt, was sie mit dem Messer wollen. Der 19-Jährige soll gesagt haben, man wolle Josef D. "abstechen". Gegeben habe er es ihnen trotzdem.
In seiner Einlassung, die er am ersten Prozesstag über seinen Verteidiger verlesen ließ, klingt das anders. Darin gibt der 21-Jährige an, dass er "zu keinem Zeitpunkt" gedacht habe, "dass sie ihn töten wollen". Der Hauptangeklagte habe immer wieder Sachen wie "jemandem das Maul stopfen" oder "die Eier abschneiden" gesagt. Am Tatabend, so sagt es etwa die ehemalige Partnerin des wegen Beihilfe Angeklagten, habe er gesagt, man wolle Josef D. eine Lektion erteilen.
Auf Nachfrage, was sie sich darunter vorgestellt habe, antwortet sie am ersten Prozesstag: "Die schlagen sich vielleicht." Aber jemanden umbringen? Sie kenne den 19-Jährigen schon lange, er habe schon öfter gesagt, dass er sauer auf jemanden sei und ihm eine reinhauen wolle, passiert sei nie etwas. "Große Fresse, nichts dahinter", sagt sie.
Auf dieser Basis beantragt der Verteidiger des dritten Angeklagten, den Haftbefehl gegen seinen Mandanten aufzuheben. Zudem stellt er einen Verwertungswiderspruch in den Raum: Die ersten beiden Vernehmungen des 21-Jährigen sollen rechtswidrig gewesen sein. Die Beamten hätten ihn zuerst als Zeugen vernommen, später dann als Tatverdächtigen. Einen Pflichtverteidiger habe man ihm aber nicht zur Seite gestellt. Die Staatsanwaltschaft hält dem entgegen. Eine Entscheidung darüber soll an einem anderen Prozesstag fallen.
Der Prozess wird am 19. Oktober fortgesetzt.
Und dann die Tat nicht nur ankündigen, sondern sich auch noch die Tatwaffe „leihen“? Und alle machen mit?
Sorry, aber so etwas darf man nicht wieder auf die Gesellschaft loslassen … wer so etwas macht, der ist doch irreparabel gestört!
Es ist kaum zu glauben, welche unberechenbaren Gefahren heutzutage wie aus Nichts auf unvorbereitete und sich in Sicherheit wähnende Menschen zukommen können.
Als Laie frage ich mich ob das unbedingt für eine Urteilsfindung nötig ist solche Bilder überhaupt öffentlich zu zeigen, noch dazu vor den Angehörigen des Opfers? Ist das Standard? Jedenfalls habe ich davon in ähnlich gelagerten Prozessen noch nichts davon gelesen. Das würde mich wirklich interessieren.
Falls das "unüblich" ist oder man darauf hätte verzichten können dann frage ich mich wirklich was das Gericht geritten hat so zu handeln?