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Oberschwarzach
Tagsüber die Touristen - und nachts lärmen Jagdgegner
Die Berichte über die umstrittenen Drückjagden und die Revierverletzungen sind bei den privaten Jägern derzeit Gesprächsthema Nummer eins. Doch es gibt neue Aufreger.
Der Baumwipfelpfad im Staatswald oberhalb von Ebrach sorgt mit seinen Besucherströmen dafür, dass der Wald in der näheren Umgebung praktisch wildfrei geworden ist. Sagt zumindest der Pächter des benachbarten privaten Jagdreviers.
Foto: Jana Leipold | Der Baumwipfelpfad im Staatswald oberhalb von Ebrach sorgt mit seinen Besucherströmen dafür, dass der Wald in der näheren Umgebung praktisch wildfrei geworden ist.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:11 Uhr

Die Berichterstattung über die mutmaßliche Verletzung eines privaten Jagdreviers Hundelshausen/Altmannsdorf/Neuhof bei einer von den Bayerischen Staatsforsten organisierten Drückjagd im Bereich des Zabelsteins (Lkr. Schweinfurt) hat für zahlreiche Reaktionen gesorgt. Mehrere Jäger, die Reviere im Steigerwald in unmittelbarer Nachbarschaft zum Staatswald haben, meldeten sich bei der Redaktion und berichteten ebenfalls von Grenzverletzungen. Dabei wird deutlich: Gerade wenn es um die Bejagung von Rehen geht, ist es um das Verhältnis zwischen Staatsforsten und privaten Jägern nicht zum Besten bestellt. Die Staatsforsten selbst wollen sich derzeit nicht äußern.

Horst Kerscher aus Untersteinach (Burgwindheim, Lkr. Bamberg) hat seit 2014 ein Revier oberhalb der Oberschwarzacher Gemeindeteile Breitbach und Kammerforst (Lkr. Schweinfurt) gepachtet. Er ist dort der Nachfolger seines Onkels Michael Rebhann aus Gerolzhofen, mit dem er hier bereits seit 2003 zur Jagd ging. Auch Kerscher bestätigt, dass es die Inhaber von Jagdrevieren, die direkt an den Staatsforst angrenzen, sehr schwer haben, trotz sehr vieler Einzelansitze die von den Fachbehörden vorgegebene Abschussquote überhaupt zu erfüllen. Grund dafür seien aber nicht nur die großen Drückjagden, sagt der 72-Jährige. Es gehöre nämlich zur Hauspolitik der Staatsforsten, dass man Pirschbezirke an auswärtige Jäger vergebe und diese Pirschbezirke direkt an der Grenze zu Privatrevieren liegen.

Nachbar aus Wiesbaden

Auch Kerscher hat in seinem rund 220 Hektar großem Revier einen "Pirschbezirkler" als direkten Nachbarn. "Der wohnt in Wiesbaden", sagt Kerscher. Der Mann reise einmal im Jahr an, miete sich in der Nähe in einer Ferienwohnung ein und versuche dann im Staatsforst so viele Rehe wie möglich in kurzer Zeit zu schießen. Die Hege als Grundelement der Waidgerechtigkeit spiele für solche Leute überhaupt keine Rolle, kritisiert der Untersteinacher. Ziel sei es nur, dass der Bestand an Rehen sich auf keinen Fall erholen kann.

Die Berichterstattung der Main-Post über die umstrittenen Drückjagden und die Revierverletzungen seien in der Jägerschaft derzeit das Gesprächsthema Nummer eins, erzählt Kerscher. Und man sei sich in der ablehnenden Haltung gegenüber den Staatsforsten einig. Es habe zwar auch einen Leserbrief pro Staatsforst gegeben, "aber diesen Brief muss man entsprechend einordnen": Der Verfasser nehme regelmäßig selbst an den Drückjagden des Staatsforstes teil, und der Sohn sei sogar bei den Staatsforsten beschäftigt. 

"Auch wir hatten mehrfach Probleme mit dem Forstbetrieb Ebrach wegen Revierüberschreitungen", berichtet Kerscher. Bei einer Drückjagd im benachbarten Staatswald seien Jagdhunde weit in das Privatrevier eingedrungen. "Mein Onkel musste mit ansehen, wie ein deutlich gezeichneter Jagdhund ein Reh hetzte, bis es nicht mehr konnte und kurz verweilte, dabei den Lecker deutlich aus dem Äser heraus schob." Der Jagdhund habe das Tier dann in Richtung Staatswald getrieben. "Keine zehn Sekunden später fiel ein Schuss."

Entschuldigung aus Ebrach

Michael Rebhann habe sich damals schriftlich beim Staatlichen Forstbetrieb in Ebrach beschwert. Dessen Leiter Ulrich Mergner habe sich umgehend telefonisch entschuldigt. Auch der inzwischen schon verstorbene örtliche Revierleiter habe sich sofort bei Rebhann gemeldet und ihm versichert, dass in Zukunft besser auf die Grenzen geachtet wird – und dies durchaus auch aus Eigennutz, denn der Forstbetrieb Ebrach müsse sich für jede öffentlich gewordene Revierverletzung bei der Zentrale der Bayerischen Staatsforsten in Regensburg rechtfertigen. "Nachdem ich 2014 das Jagdrevier übernahm, wurden noch im selben Jahr wieder bei einer Drückjagd Jagdhunde in meinen Jagdrevier gesichtet, wie sie Rehe nachstellten", erzählt Horst Kerscher. "Ich schrieb sofort Mergner ein Brief und verbat mir in Zukunft das Überlaufen von Jagdhunden."

Baumwipfelpfad ist zu laut

Das Problem der Revierverletzungen gehört aber seit dem Jahr 2017 der Vergangenheit an. Der Staatsforst führt an der östlichen Grenze zum Kerscher-Revier keine Drückjagden mehr durch. Der Grund ist für Kerscher klar: "Es rentiert sich nicht mehr." Der Wald ist leer, sowohl auf der staatlichen, als auch auf der privaten Seite. Der Waidmann meint auch die Ursache zu kennen: "Es liegt am Baumwipfelpfad." Seit der Eröffnung im Frühjahr 2016 sind schon deutlich über 700 000 Besucher zu diesem Aussichtspunkt im Staatswald oberhalb von Ebrach gepilgert.

Kerschers Revier beginnt nur rund 400 Meter neben dem Baumwipfelpfad. Die fast ständig präsente Geräuschkulisse der Besucher habe dafür gesorgt, dass dort schon seit Jahren weder ein Reh noch ein Wildschwein gesichtet wurde. Tiefer im Revier drin, weiter entfernt vom Wipfelpfad, dort, wo vielleicht noch Wild steht, hat der passionierte Jäger aber jetzt ein neues Problem bekommen:  Jagdgegner. "Wenn die sehen, dass mein Auto am Waldrand steht, kommen die mit ihren Autos mitten in den Wald gefahren, steigen aus und beginnen zu schreien, um das Wild zu vertreiben." Es sei auch schon eine Gruppe von fünf, sechs Personen mitten in der Nacht mit Stirnlampen lärmend durch sein Revier gezogen. Kerschner hat nun genug davon. "Ich habe dies bei der Staatsanwaltschaft Bamberg zur Anzeige gebracht."

 
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  • D. S.
    Ein in Wiesbaden wohnhafter Jäger schießt jedes Jahr innerhalb kürzester Zeit den Rehwildbestand in einem staatlichen Pirschbezirk im Steigerwald zusammen, weshalb das Nachbarrevier ganzjährig rehwildfrei ist und ein Reh, das aus dem Staatsforst von einem Hund „weit“ in das Nachbarrevier gejagt wurde, wird 10 Sekunden später im Staatsforst geschossen.
    Und weiter geht es mit harten Fakten:
    Einen Leserbrief, der nicht die allseits gewünschte Position vertritt, müsse man „entsprechend einordnen“! Wenn ein Journalist dann noch mutmaßt, daß der Sohn des Leserbriefschreibers bei den Staatsforsten arbeiten, weiß doch jeder schon Bescheid!
    Was will die Main Post damit sagen, außer daß sie sich da ganz ganz hinten in der Schmuddelecke bedient hat?
    Seriöser Journalismus jedenfalls sieht anders aus.
    Über den Rest kann man gerne geteilter Meinung sein.
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  • B. R.
    Ich bin doch einigermaßen erstaunt über diesen riesigen Artikel. Ein böser Staatswald, ein Pirschbezirkler sogar aus Wiesbaden, ein Touristenstrom und noch nächtliche Jagdstörer, dazu werden alte Geschichten aus 2014 aufgerührt. Ja der Jäger ist frustriert; ob berechtigt oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Aber ist das wirklich von öffentlichem Interesse. Gibt es denn bei der Main-Post keine Redaktionssitzungen, wo unwichtiges von wichtigem getrennt wird. Was ist das für ein Journalismus? Ich erwarte für das Geld meines monatliches Zeitungsabo eine sachliche Berichterstattung wichtiger Themen und nicht eine Plattform für frustrierte Einzelpersonen. Dafür gibt es ja immer noch die Leserbriefecke.
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  • R. Z.
    Auch wenn es hier um ein spezielles Revier geht: Das Thema "Jagd" bewegt unsere Leser, deshalb berichten wir entsprechend über dieses Thema.

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
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  • A. H.
    .... und das is auch gut so!
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Es steht dem Bürger zu,daß er über die Machenschaften bayerischer Forstbeamter und deren illegalen Methoden informiert wird.Wenn Sie dies nicht ertragen können dann überblättern Sie halt solche Berichte.Gerade im Forstamt Ebrach „stinkt es hinter jeder Buche!!“
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  • L. S.
    Bitte belegen Sie Ihre Vorwürfe mit Fakten. Ihr Gefühl hilft nicht weiter. Es wundert mich schon sehr, dass die Mainpost solche "Meinungen" Zürich dern Netikettefilter lässt.
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  • L. W.
    Hallo l.saubert,

    wir nehmen an, dass der Kommentar hier Bezug auf die Anzeige gegen das Forstamt Ebrach nimmt. Auch wenn diese Angelegenheit unseres Wissens noch nicht juristisch entschieden ist, hat die Aussage des Kommentars doch einen belegbaren Bezug zum Thema. Korrekter wäre jedoch die Formulierung "und deren [möglicherweise] illegalen Methoden" gewesen.

    Freundliche Grüße
    Lukas Will
    Digitales Management
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Wenn Sie das Überjagen von Reviergrenzen im Forstamt Ebrach als rechtens erachten,sind Sie sicherlich ebenfalls der Überzeugung daß das Anlegen von Abschlachtplätzen für Rehwild im Forstamt Arnstein(Dr TIMMINGER) und das Abmetzeln von Gemsen im Forstamt Schliersee nur kleine nicht zu verfolgende Randerscheinungen im jagdlichen Betrieb sind.Daß solch jagdliches Verhalten bei Privatjägern nicht gerade auf Zustimmung trifft müßte eigentlich auch von Ihnen eingesehen werden.Leider haben sich die bayerischen Staatsförster von jeglicher Jagdethik entfernt und haben sich zu reinen Stangenfarmern entwickelt.
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  • B. R.
    Jetzt wird für diesen Rundumschlag aber mächtig weit in der Vergangenheit ausgeholt. Wollte wissen, wer denn eigentlich der Herr Dr Timminger ist und habe gegoogelt. Dieser Mann war vor 35 bis 40 Jahren in Arnstein und ist bereits vor 20 Jahren verstorben. Wir können ihn deshalb nur noch schwerlich zu den erwähnten Abschlachtplätzen befragen
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Da sehen Sie mal wie lange schon die schlimmen Machenschaften beim bayerischen Staatsforst Gang und Gäbe sind !! Sie erstrecken sich über Jahrzehnte und der Privatjäger soll dabei ruhig bleiben und still halten! Es wird Zeit den „illegalen“Umtrieben endlich ein Ende zu setzen.Schon mal was vom „Unterfränkischen Rehwildkrieg“ gehört? Dann googeln Sie mal schön weiter um Ihren Horizont zu erweitern.
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  • G. R.
    Ich kann hier nur eine Einzelmeinung erkennen, die vorhandene Klischees bedient. Wenn Ebrach wirklich so schlimm ist, kann man dagegen vorgehen. Und nicht in der Presse weinen. grinsen
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