
Stundenlang auf Hochsitzen verharren und durch Wälder streifen, auf Wildschweine schießen und sie anschließend eigenhändig zerteilen: Auf den ersten Blick passt das nicht in eine Welt, in der sich viele Menschen ihr Abendessen gerne bei Lieferdiensten bestellen und dabei ihre Lieblingsserie auf dem Sofa gucken. Und doch ist die Zahl der Jäger in Deutschland gestiegen. Im Jahr 2019 haben nach Angaben des Deutschen Jagdverbands (DJV) 388 529 Menschen einen Jagdschein beantragt. Das sind knapp 4100 mehr als im Vorjahr.
Auch in Unterfranken viele Jäger
Dieser Trend zeigt sich auch in Bayern. In den vergangenen fünf Jahren habe die Zahl der Neumitglieder des Bayerischen Jagdverbandes (BJV) um fast sieben Prozent zugenommen, sagt Gertrud Helm, Pressesprecherin des Verbands. "So hoch war die Zuwachsrate noch nie."
Rund 70 000 Jäger gebe es in Bayern. Davon seien fast 50 000 im BJV organisiert, 20 000 gehören keinem Jadgverein an. Im Jahr 1990 hatte der BJV noch etwa 10 000 Mitglieder weniger. Im Vergleich zu den anderen fränkischen Regierungsbezirken hat Unterfranken den höchsten Anteil der BJV-Mitglieder. Von den insgesamt 15 670 fränkischen Jägern kommen 5916 aus Unterfranken.
Die Brille des Jägers: Was an der Jagd fasziniert
Doch woher stammt die zunehmende Begeisterung für die Jagd? Als einen Grund sieht Helm die immer abstrakter werdende Arbeitswelt. "Die Leute wollen einen Ausgleich zum Büro und die Natur hautnah erleben", meint die BJV-Sprecherin. Auch das "archaische Gefühl", sein Essen selbst zu schießen, habe eine große Anziehungskraft.
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"Seine Umwelt durch die Brille des Jägers wahrzunehmen, eröffnet eine neue Welt", findet der Würzburger Student Maximilian Weckesser, der sicher gerade in der Jagdausbildung befindet. Zu wissen, wie viel Arbeit in einem küchenfertigen Stück Fleisch steckt, lasse einen nachdenklich werden. Durch Discounter und Massentierhaltung haben Lebensmittel ihren Wert verloren, so Weckesser. "Die Jagd schafft meiner Auffassung nach ein Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln und den nötigen Respekt vor Tieren."
Bayerischer Jagdverband: Die meisten Mitglieder sind über 50 Jahre alt
Der 26-Jährige gehört zukünftig zu einer Minderheit unter den Jägern. Zumindest im Bayerischen Jagdverband sind nur rund sechs Prozent der Mitglieder zwischen 20 und 29 Jahre alt. Fast 70 Prozent der BJV-Mitglieder sind 50 Jahre alt oder älter. Fehlt es den Jägern also an frischem Wind aus der jungen Generation? "Die Frage ist, wie man jung definiert", entgegnet Enno Piening, Vorsitzender des BJV in Unterfranken. "Die sehr jungen Leute, die einen Jagdschein machen wollen, kommen oft aus Jägerhaushalten. Denen ist das in Wiege gelegt." Das seien sicherlich nicht so viele wie die Gruppe der Jagdanfänger im Alter zwischen Anfang und Mitte 30, so Piening.
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Keine Sorgen um Jägernachwuchs macht sich BJV-Sprecherin Gertrud Helm: "Im Gegenteil, immer mehr junge Menschen interessieren sich dafür." Wo es Probleme geben könne, sei im ehrenamtlichen Engagement vor Ort. Laut Helm finden sich immer weniger junge Leute, die sich im Verein tatkräftig engagieren wollen und können, zum Beispiel im Einsatz für die Hundeausbildung, fürs Jagdhornblasen oder für die Vereinsführung.
Als Grund sieht Helm einen Mangel an Zeit. Junge Leute seien im Beruf sehr stark eingespannt, befänden sich gerade im Aufbau ihrer Karriere oder gründeten Familien. "Da bleibt einfach keine Zeit mehr für intensives Vereinsleben übrig." Was die Geschlechterverteilung im Bayerischen Jagdverband betrifft, so liegt der Frauenanteil der Mitglieder bei rund zehnt Prozent. Doch das ändert sich offenbar. Helm: "In den Ausbildungskursen liegt die Zahl der Frauen etwa bei 30 Prozent. Das heißt, immer mehr Frauen entscheiden sich dafür, den Jagdschein zu machen."