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Oberndorf
Tag der Deutschen Einheit: 200 Menschen positionierten sich in Oberndorf gegen Rechtsextremismus
Die rechtsextreme Partei "Der Dritte Weg" hielt eine Kundgebung mit 20 Personen ab. Die Gegenveranstaltung setzte ein starkes Zeichen.
Antifaschistische Aktivisten stellten sich in Oberndorf friedlich der rechtsextremistischen Kleinstpartei 'Der Dritte Weg' entgegen.
Foto: Steffen Krapf | Antifaschistische Aktivisten stellten sich in Oberndorf friedlich der rechtsextremistischen Kleinstpartei "Der Dritte Weg" entgegen.
Steffen Krapf
 |  aktualisiert: 12.10.2024 02:38 Uhr

Am Tag der Deutschen Einheit fanden auf der Oberndorfer Hauptstraße gleich zwei Veranstaltungen statt. Wenige Meter entfernt von ihrem Parteibüro, das sie seit Oktober 2022 im Schweinfurter Stadtteil betreibt, rief die rechtsextreme Kleinstpartei "Der Dritte Weg" zu einer Kundgebung auf. Weiter nordöstlich in der Hauptstraße bis hoch zum Bernd-Köppel-Platz fand die Veranstaltung "Schweinfurt nazifrei! Gemeinsam gegen Hass & Hetze" statt. Begleitet wurden die zeitweise parallel verlaufenden Veranstaltungen von einem großen Polizeiaufgebot.

Vor einem Jahr, als an gleicher Ort und Stelle, das "Fest der Demokratie" in fast identischem Aufzug erfolgte, war den Tag über von den Rechtsextremen des "Dritten Wegs" nichts zu sehen. Diesmal wählten die Rechtsextremen einen anderen Weg – sie gingen vor der Veranstaltung in die Offensive.

In vielen Briefkästen in Oberndorf lag Anfang der Woche ein Schreiben – mit offiziellem Briefkopf "Der Dritte Weg". Darin warnte der Schweinfurter Ableger der neonazistischen Partei vor angeblich marodierenden linken Krawalltouristen am bevorstehenden Feiertag. Passend dazu hing am Parteibüro ein großes Banner mit der Aufschrift "Antifa-Terror stoppen!". An der Fassade des Gebäudes kam es übrigens, wie sich diese Redaktion bestätigen ließ, am Wochenende zuvor zu einer Sachbeschädigung. Die Schmierereien wurden allerdings unmittelbar danach mit frischer Farbe überstrichen.

Knapp zehn Minuten bevor die Rechtsextremisten ihre Kundgebung starteten, ergriff keine 200 Meter entfernt auf der aufgestellten Bühne am Bernd-Köppel-Platz eine ältere Frau der Initiative "Omas gegen Rechts" aus Bamberg das Mikrofon. "Wir stehen hier für ein respektvolles, faires, achtsames Miteinander", sagte die Seniorin. Sie warnte vor der Ideologie der Rechtsextremen und erinnerte an die Gräueltaten der Nazis während der NS-Zeit. Sie appellierte, die Demokratie zu verteidigen.

Kundgebung hinter Bauzäunen

"Schon wieder wird Unsägliches alltäglich gemacht", sagte die Rednerin. "Meinungsfreiheit darf niemals zur Verharmlosung oder gar zur Verherrlichung von grauenhaften Verbrechen missbraucht werden. Denn Nationalsozialismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen."

Auf einem Banner bei der Kundgebung des Dritten Wegs stand "Gemeinschaft statt Isolation". Für den Tag der Deutschen Einheit galt das für die Rechtsextremen in Oberndorf aber nicht wirklich. Die Kundgebung fand fast versteckt hinter mehreren Bauzäunen statt, die blickdicht mit Bannern versehen waren. Beim Blick durch den schmalen Eingangsbereich zwischen den Zäunen waren gut 20 Personen auszumachen. Darunter viele bekannte Gesichter der hiesigen Szene.

Die Kundgebung des Dritten Wegs, der in der Oberndorfer Haupstraße seit knapp zwei Jahren ein Parteibüro unterhält, fand isoliert hinter Bauzäunen mit rund 20 rechtsextremen Aktivisten statt.
Foto: Steffen Krapf | Die Kundgebung des Dritten Wegs, der in der Oberndorfer Haupstraße seit knapp zwei Jahren ein Parteibüro unterhält, fand isoliert hinter Bauzäunen mit rund 20 rechtsextremen Aktivisten statt.

Zugegen waren auch Mitglieder der rechtsextremen Hooligan-Gruppierung "JSM" (Jung, sportlich, motiviert). Erstmalig zeigte sich die Gruppe um ihren Anführer Marc R. bei einem öffentlichen Anlass in Schweinfurt Seite an Seite mit dem "Dritten Weg". Der Dritte-Weg-Kader Thorsten Kukula, der auch das Schreiben an die Oberndorfer unterzeichnet hatte, hielt eine Rede zum Thema Meinungsfreiheit.

Musikalisch setzten die Rechtsextremen bei ihrer Kundgebung vorwiegend auf sogenannten NS-Rap – also Hip-Hop-Musik mit rechtsextremen Inhalten. Die "lieben Nachbarn", wie die Oberndorfer Bürgerinnen und Bürger im Anschreiben betitelt worden waren, verirrten sich nicht auf die Kundgebung. Die rechtsextreme Szene blieb in Oberndorf wie gewohnt unter sich.

Musik, Siebdruck-Werkstatt und Airbrush-Tattoos

Umtriebiger ging es ab zwölf Uhr auf der anderen Seite der Barrikaden zu. Rund 200 Menschen schlenderten entlang der Hauptstraße zur Bühne, auf der verteilt über den Tag mehrere Bands auftraten. Etliche Stände waren aufgebaut, mit Essen und Trinken, einer Siebdruck-Werkstatt und Airbrush-Tattoos.

Ein mittlerweile gewohnter Anblick in der Haupstraße in Oberndorf: Wenn 'Der Dritte Weg' eine Veranstaltung abhält, sind Gegendemonstranten und ein großes Polizeiaufgebot ebenfalls dabei.
Foto: Steffen Krapf | Ein mittlerweile gewohnter Anblick in der Haupstraße in Oberndorf: Wenn "Der Dritte Weg" eine Veranstaltung abhält, sind Gegendemonstranten und ein großes Polizeiaufgebot ebenfalls dabei.

Eine der Organisatorinnen vom Kulturhaus Stattbahnhof zeigte sich besorgt über die rechtsextremen Umtriebe in Schweinfurt und Umgebung. Das mache sich unter anderem an immer mehr Aufklebern und Schmierereien mit rechtsextremen Inhalten bemerkbar, meinte sie. So seien an der Fassade des Stattbahnhofs in der jüngeren Vergangenheit Hakenkreuze gesprüht worden.

"Es ist eine Schande, dass wir hier schon wieder stehen müssen", sagte Agnes Conrad vom Bündnis "Schweinfurt ist bunt" bei ihrem Redebeitrag. "Heute sieht man ganz klar, wir sind die Mehrheit der Gesellschaft", betonte sie. Ihre Mitstreiterin vom Bündnis, Marietta Eder, sagte anschließend: "Antifa steht für Antifaschismus – und das sind wir alle."

Während rund um den Bernd-Köppel-Platz noch bis 18 Uhr gefeiert wurde, beendete "Der Dritte Weg" nach eineinhalb Stunden um 14.30 Uhr seine Kundgebung. Zu Zwischenfällen oder Ausschreitungen kam es am Tag der Deutschen Einheit in Oberndorf nicht.

 
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Kommentare
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  • Dieter Popp
    Sehr geehrter Herr Krapf, Sie schreiben in Ihrem Artikel von "Mitgliedern der rechtsextremen Hooligan-Gruppierung des FC 05 Schweinfurt". Es handelt sich in keinster Weise um eine Gruppierung des FC 05. Richtig ist vielmehr, dass diese Leute vom FC 05 mit Stadionverbot belegt worden sind. Ebenso hat der FC 05 die anderen Vereine der Regionallig Bayern angeschrieben mit der Bitte, diese Gruppe auch dort nicht ins Stadion zu lassen. Die Wortwahl macht's.
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  • Hans-Joachim Krämer
    Jetzt sollten sie direkt noch einen Brief an alle anderen Vereine schicken.
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