Steigende Temperaturen, sinkende Niederschlagsmengen, immer mehr Hitzetage – in heißen und trockenen Sommern soll man mit Wasser sparsam umgehen, so ein Appell des Umweltbundesamtes. Da verwundert es, dass bis zu drei Millionen Liter Trinkwasser für den Bau der SuedLink-Konverterstation am Felsenhof aus dem öffentlichen Versorgungsnetz abgezapft werden sollen.
Seit drei Wochen karren täglich Lastwagen das wertvolle Gut heran. Es wird von einem Hydranten auf dem Freizeitgelände Holderhecke in Bergrheinfeld abgepumpt. Dort ist der Druck am höchsten. Die Rhön-Maintal-Gruppe (RMG) als zuständiger Wasserversorger kassiert dafür Gebühren.
"Hier wird der Schutz unserer Ressourcen mit den Füßen getreten", empört sich Matthäus Eckert aus Bergrheinfeld. Die Bevölkerung werde aufgefordert, kein Trinkwasser zum Gartengießen und Autowaschen zu verwenden, während hier das kostbare Gut verschwendet werde. Bei Bürgermeister Ulrich Werner sind bereits etliche Beschwerden aus der Bevölkerung eingegangen.
Baugrund muss verdichtet werden
Deutschland gehört zu den Regionen mit dem höchsten Wasserverlust weltweit. Laut dem Monitoringbericht zur "Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel", den das Umweltbundesamt und das Bundesumweltministerium 2023 veröffentlicht haben, verliert das Land seit der Jahrtausendwende 2,5 Gigatonnen Wasser pro Jahr. Hochgerechnet entspricht dies der Wassermenge des Bodensees.
Auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigt Netzbetreiber Tennet die Wasserentnahme aus dem öffentlichen Netz. Das Wasser werde für den Baugrund benötigt. Dieser müsse mit einem Boden-Bindemittel-Gemisch verbessert werden, damit die Konverterstation später auf einem sicheren Fundament steht. Und dafür werden beim Einbringen große Mengen Wasser benötigt, so die Erklärung.
"Aktuell gehen wir davon aus, dass sich für die Stabilisierung der gesamten Fläche ein Wasserbedarf von etwa 2500 bis 3000 Kubikmeter Wasser ergibt", schreibt Tennet. Die Gesamtmenge des benötigten Wassers hänge dabei stark von den Witterungsbedingungen ab.
Kein Wasser aus Kläranlagen
Der Bau der Konverterstation ist notwendig, um den im SuedLink ankommenden Gleichstrom in Wechselstrom umzuwandeln, damit er in unsere Haushalte fließen kann. 2025 soll Baubeginn sein, die Inbetriebnahme ist für 2028 anvisiert.
Um Ressourcen zu schonen, hat Tennet nach eigenen Angaben bereits vor Beginn der Baumaßnahme nach einer Möglichkeit gesucht, den Wassereinsatz zu minimieren. Dies sei durch die Wahl eines geänderten Bindemittels gelungen, heißt es. Darüber hinaus habe man sich auch bemüht, alternative Wasserentnahmequellen zu erschließen. Wie etwa die Entnahme von Wasser aus den Kläranlagen in Geldersheim und Schweinfurt. Das zuständige Wasserwirtschaftsamt habe dieses Ansinnen aber abgelehnt.
Das bestätigt Andreas Kirchner, der für den Landkreis Schweinfurt zuständige Abteilungsleiter des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen. Der Grund ist das nahegelegene Einzugsgebiet der Trinkwasserversorgung Ettleben. Wasser aus Kläranlagen könne hier zu Verunreinigungen führen. "Dieses Risiko wollen wir nicht eingehen", so Kirchner.
Warum kein Wasser aus dem Main verwendet wird
Auch die Entnahme von Main-Wasser sei geprüft worden, informiert der Netzbetreiber. Davon aber habe das Würzburger Fachbüro abgeraten, das im Auftrag von Tennet die Baumaßnahme ökologisch begleitet. Die Entnahme von Wasser aus einem offenen Gewässer könne negative Auswirkungen auf die Mikroorganismen haben, so die Begründung.
Das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen hält diese Sorge für unbegründet. "Der Main verkraftet das", sagt Abteilungsleiter Andreas Kirchner. Tennet müsse lediglich einen entsprechenden Antrag beim Landratsamt Schweinfurt stellen, was bisher nicht geschehen ist. "Wir würden der Wasserentnahme aus dem Main zustimmen." Das soll nun nachgeholt werden. "Wir werden das prüfen", versichert der örtliche Bauleiter Daniel Kadier, "und unsere Prozesse entsprechend anpassen."
Bürgermeister Ulrich Werner indes befürchtet neuerliches Ungemach. Denn sollte künftig Main-Wasser an den Felsenhof gekarrt werden, würde die Transportroute der Lastwagen direkt in Bergrheinfeld am Kindergarten vorbeiführen. "Und das wird auch wieder zu Beschwerden führen."