Der Galgenberg bei Bergrheinfeld ist für Archäologen eine Fundgrube. Schon beim Bau des Umspannwerkes vor neun Jahren wurde dort eine große Nekropole mit 26 Gräbern aus der Zeit der Schnurkeramik (2800 bis 2300 vor Christus) freigelegt. Als nun im Sommer dieses Jahres der 100 Meter entfernte Acker untersucht wurde, auf dem der SuedLink-Konverter gebaut werden soll, kam wieder Wertvolles zutage: fünf Gräber aus der Glockenbecherkultur, das ist der Zeitraum von 2600 bis 2200 vor Christus.
"Wir wussten, dass sich hier Archäologisches verbergen wird", sagt Britta Kopecky-Hermanns. Die Bodenkundlerin und Geoarchäologin koordiniert bei Netzbetreiber Tennet die archäologischen Sondierungen entlang der geplanten SuedLink-Trasse und hat die Grabungen am Felsenhof mit dem Landesamt für Denkmalpflege vorbereitet.
Das zehn Hektar große Gelände ist für Tennet von besonderer Relevanz. Hier sollen die beiden Konverterhallen gebaut werden, in denen der im SuedLink-Erdkabel ankommende Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt werden muss, bevor er ins Netz eingespeist werden kann. Jedes Gebäude ist 20 Meter hoch und 100 auf 50 Meter groß.
Feldlerchen stoppten die archäologischen Grabungen
Schon im Mai hatten die archäologischen Bodenuntersuchungen begonnen, doch dann entdeckte man drei Feldlerchenreviere. Mitten auf dem Gelände wurde gebrütet, die Baggerarbeiten mussten gestoppt werden. "Es war eine kleine Zitterpartie", gestand Britta Kopecky-Hermanns. Doch die Grabungsarbeiten konnten im Juni wieder aufgenommen und fristgerecht Anfang Dezember abgeschlossen werden. Das Ergebnis wurde nun der Öffentlichkeit präsentiert.
Zu sehen bekamen die zum Empfang am Felsenhof geladenen Gäste die Fundstücke aber nicht. Die fünf Skelette und Grabbeigaben befinden sich längst in der anthropologischen Staatssammlung in München, wo sie konserviert und restauriert werden. Es handelt sich um drei Männer- und zwei Frauenskelette sowie diverse Grabbeigaben. Bei den Männern sind es Waffen, bei den Frauen Gefäße in Glockenform, daher der Name Glockenbecherkultur. Auch ein Hund lag in einem Grab.
Manche Knochen waren durch die Erosion stark zerstört
Bei den Ausgrabungen war auch eine Anthropologin vor Ort, die bei der Analyse der Skelette mitgeholfen hat. "Manche Knochen waren stark zerstört", berichtet Grabungsleiter Frank Feuerhahn, weil durch Erosion der Boden im Lauf der Jahrtausende so weit abgetragen wurde, dass die Skelette nur noch knapp unter der Pflugschicht lagen. Alle Toten waren in der typischen Hockstellung beigesetzt worden, die Männer mit dem Kopf nach Norden, die Frauen nach Süden.
Die Entdeckung der Gräber sei bewusst unter der Decke gehalten worden, erklärt Dieter Heyse, der archäologische Projektleiter. Die Ausgrabungen sollten in Ruhe, ohne Schaulustige zu Ende gebracht werden können. Angesichts der Diskussionen um SuedLink und den Konverterbau gerade hier in der Region wollte man möglicherweise auch keine Vorlage für einen Planungstopp liefern. Jetzt ist alles abgesucht und das Gelände freigegeben. Nächstes Jahr können nun die großen Bagger für den Konverterbau anrücken.
Es wurden aber nicht nur Gräber gefunden, sondern auch über die Fläche verteilte Erdgruben. Für die Archäologen ist das ein klarer Hinweis, dass hier Menschen gewohnt haben. Laut Grabungsleiter Frank Feuerhahn dienten die Erdgruben als Vorratskammern zum Frischhalten von Lebensmitteln. Sie waren sozusagen der Kühlschrank vor 4200 Jahren.
Bombenkrater aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden
Einen rätselhaften Fund gab es auch noch: acht halbkreisförmig angeordnete Holzpfosten um einen Mittelpfosten. "Sie gehören nicht zu einem Hausgrundriss", ist sich Feuerhahn sicher. Vielleicht war es ein kultisches Heiligtum, man wolle sich da aber nicht festlegen.
Sicher zu bestimmen ist hingegen ein großes Erdloch, das ebenfalls entdeckt wurde. Es handelt sich um einen Bombenkrater aus dem Zweiten Weltkrieg. Gefahr sei davon nicht mehr ausgegangen, versichert Feuerhahn. Die Bombe war längst explodiert.
Ein Fundstück gab es am Ende dann doch noch zu sehen. Es handelte sich um ein Bruchstück eines Steinbeils aus dem Grab Nummer 58. Gefertigt aus schwarzem Amphibolit, einem Gestein, das große Festigkeit besitzt und wetterbeständig ist. Vielleicht werde es mal ein mobiles Museum geben, in dem die Funde ausgestellt werden, die entlang der SuedLink-Trasse geborgen wurde, war aus Tennet-Kreisen zu hören. Rechtlich gesehen, ist Tennet Eigentümer aller Funde, darf sie somit auch behalten, sofern eine fachgerechte Aufbewahrung gewährleistet ist.