
Gegen die geplante Erweiterung des Sand- und Kiesabbaus durch die Firma Glöckle auf ursprünglich 85 Hektar Fläche der Grafenrheinfelder Gemarkung wehrt sich die Gemeinde vehement. Sie wandte sich sogar mit einer Petition an den Bayerischen Landtag. Zwei Abgeordnete, Berichterstatter des Petitionsausschusses, verschafften sich jetzt vor Ort ein Bild und dämpften dabei die Erwartungshaltung der Gemeinde und der Bürger an sie, über ein Ja oder Nein entscheiden zu können.
Genau genommen geht es bei der Petition um eine Beschwerde der Gemeinde über die Beurteilung der Regierung von Unterfranken im Raumordnungsverfahren. Denn diese hatte im Ergebnis, im Fachgutachten, eine "Kompromisslösung" mit einem Abbau im Umfang von 44 Hektar als raumverträglich gewertet.
Entscheidungsvorschlag in der Ausschusssitzung im September
Als Ausschussmitglied der Regierungsfraktion war Landtagsabgeordneter Berthold Rüth (CSU) zur Ortsbesichtigung gekommen, begleitet von Anne Franke (Grüne) als Vertreterin der Opposition. Rüth machte klar, Aufgabe des Petitionsausschusses sei es, darüber zu wachen, dass rechtsstaatliche Verfahren eingehalten werden. Beide Abgeordnete hätten die Stellungnahme der Staatsregierung zu dem Fall erhalten, erstellt für das Wirtschaftsministerium von der Regierung von Unterfranken, der höheren Landesplanungsbehörde. Im September sei wieder Ausschusssitzung, in der er Bericht erstatten und einen Entscheidungsvorschlag, ein Votum, abgeben werde.

Direkt gegenüber der möglichen Abbaufläche außerhalb von Grafenrheinfeld an der Gochsheimer Straße verdeutlichte Bürgermeister Christian Keller, begleitet von Gemeinderäten, Landwirten, Grundeigentümern und einigen Bürgern, die Position der Gemeinde: Strikte Ablehnung des Glöckle-Ansinnens, keine weiteren Flächen für die regionale Bauwirtschaft: "Wir haben unseren Beitrag schon in erheblichem Maße geleistet."
Von 1000 Hektar landwirtschaftlicher Flächen 1972 seien bereits 500 Hektar verloren. 110 Hektar habe man in den letzten Jahrzehnten der Bauwirtschaft geopfert. 250 Hektar habe die Stadt Schweinfurt im Maintal erhalten, dort lägen im Untergrund genügend Sand und Kies, der nicht abgebaut wurde und jetzt versiegelt ist.

Weitere Ablehnungsgründe wie Landschafts- und Naturschutz, Entwicklungsmöglichkeiten für die Gemeinde oder Folgen für den Grundwasserstand thematisiere Keller ebenfalls. Was ein angepeiltes Auffüllen der Abbauflächen anbelange, so halte er aus Beispielen am Sauerstücksee eine sinnvolle landwirtschaftliche Bewirtschaftung darauf für nicht möglich.
Es geht um viel Schotter mit dem Sand
Zweiter Bürgermeister Gerhard Riegler fragte, wie das Grundwasser, das durch verfülltes Bodenmaterial wie vor einer Mauer stehe, künftig laufen könne. Fraglich sei, ob die Dauerabsenkungsanlage in der Gemeinde, die permanent Grundwasser abpumpt, das dann noch bewältigen könne.
"Da geht’s um viel Schotter mit dem Sand", meinte Gemeinderat Walter Kaspar, "ums Geldverdienen, ein dreistelliger Millionenbetrag" bei einem Abbau von 1,7 Millionen Tonnen.
Keller gestand der Firma Glöckle zwar zu, dass sie Bedarf an Sand und Kies habe. Weshalb sie schon 2012 weitere 14 Hektar abbauen wollte, was der Gemeinderat damals auch ablehnte. Aber die 44 Hektar als Ergebnis des Raumordnungsverfahrens seien für ihn kein Kompromiss.

Um die Ausdehnung der geplanten Abbauflächen auf zum Teil sehr guten Böden zu verdeutlichen, hatte die Gemeinde auf den Feldern nicht nur rote Tafeln aufgestellt. Bürgermeister Keller ließ die beiden Abgeordneten für einen Blick von oben sogar mit der Feuerwehrdrehleiter etwa 15 Meter hochhieven.
Abwägung zwischen Landwirtschaft und Rohstoffversorgung
Um auch "eine andere Sicht" zu hören, ließ MdL Rüth mit Oliver Weidlich den Vertreter der Regierung von Unterfranken, zuständig für das Raumordnungsverfahren, zu Wort kommen. Die Argumente der Gemeinde Grafenrheinfeld seien alle stimmig, bestätigte dieser. Aber man habe für die Beurteilung der Raumverträglichkeit im vergangenen Oktober eine Abwägungsentscheidung treffen müssen: die Erhaltung des Freiraums für Grafenrheinfeld und seine Landwirtschaft auf der einen Seite gegen die Rohstoffversorgung mit Sand und Kies als Massenrohstoff vor Ort auf der anderen.
"Jeder Bürger verbraucht rechnerisch sechs bis sieben Tonnen Sand und Kies pro Jahr", für alle möglichen Bauten vom Kindergarten bis zu den Straßen. Ganz Unterfranken leide an einer Knappheit dieser Rohstoffe, nur im Maintal und teils im Saaletal gebe es Vorkommen. Wobei es jetzt nur um eine Versorgung für den Raum Schweinfurt gehe.

"Wir machen hier nichts für eine Firma", stellte Weidlich klar, "aber sie stellt etwas zur Verfügung, was gesamtgesellschaftlich gebraucht wird". Bei der Abwägung der Positionen halte die Regierung die auf 44 Hektar reduzierte Fläche, anschließend an Glöckles jetziges Kieswerk, für umwelt- und raumverträglich. Der Abbau sei weit genug vom Ort weg, er würde sukzessive über Jahre gestreckt erfolgen und die Aushubflächen würden wieder verfüllt.
Zwar habe der Antragsteller Glöckle die Verfüllung im Antrag zum Raumordnungsverfahren aufgenommen, aber rein rechtlich gebe es sehr hohe Hürde für solch eine Maßnahme, machten Volker Leiterer, Leiter des Umweltsamts am Landratsamt Schweinfurt, und Uwe Seidl, stellvertretender Leiter des Wasserwirtschaftsamts Bad Kissingen, deutlich.
Weltweit massive Probleme bei der Beschaffung von Sand und Kies
Dass es bei der Beschaffung von Sand und Kies weltweit massive Probleme gebe, bestätigte die Grünen-Abgeordnete Franke. Man müsse künftig beim Bauen umdenken, auch Recyclingquoten erhöhen, so ihre Forderung, die von den anwesenden Bürgern mit Beifall quittiert wurde. Sie ergänzte, dass im Petitionsausschuss die kommunale Planungshoheit als ein sehr hohes Gut gewertet werde.
Mit dem Raumordnungsverfahren sei erst der erste Schritt des Prozesses erfolgt, der noch nichts bestimme, erläuterte Friedrich Altmann vom bayerischen Umweltministerium die rechtliche Situation. Danach müsse die Firma Glöckle, einen Antrag auf wasserrechtliche Planfeststellung mit Umweltverträglichkeitsprüfung stellen. "Dieser Antrag ist noch nicht erfolgt", bestätigte Volker Leiterer vom Landratsamt, das für dieses Verfahren zuständig ist.
Verhindern könne man den geplanten Abbau, wenn die Grundstücksbesitzer – häufig nicht identisch mit den Landwirten als Pächter – ihre Flächen nicht an Glöckle verkaufen, appellierte Bürgermeister Keller. "Sie haben es in der Hand, ob die Heimat ausgebeutet wird". Eine Enteignung, wie sie von einigen anwesenden Grafenrheinfeldern befürchtet wurde, sei hier nicht möglich, meinten Rüth und Leiterer.

Die aufgefüllten Grundstücke am Sauerstücksee (übrigens Lieblingsplatz von Christian Keller laut seiner Bürgermeister-Wahlwerbung) werden selbstverständlich landwirtschaftlich, nämlich als naturnahe Wiesen mit hoher Artenvielfalt und potenziellem Lebensraum für Störche genutzt. Ist das nicht sinnvoll?
„Verhindern könne man den geplanten Abbau, wenn die Grundstücksbesitzer ihre Flächen nicht an Glöckle verkaufen, appellierte Bürgermeister Keller.“
Wieso kauft die Gemeinde die betreffenden Grundstücke nicht selbst von den verkaufswilligen Eigentümern und sichert sich so die gewünschte Natur- und Kulturlandschaftsentwicklung? Die Grundstücke am Bauernwehr (MainCenter-Projektgelände) noch dazu?
Warum? Weil man auch Wohnhäuser mit nur 3 oder 4 Geschossen neuerdings oftmals in Stahlbeton baut und außen die Wärmedämmung hinklebt. Statt mit massiven, diffusionsoffenen Ziegelwänden, mit viel besserem Wohnklima! Weil die Wärmedämmlobby Bauherren im Irrtum lässt, dass massive Ziegelwände nicht ausreichen würden. Auch Planer & Architekten sollten sich hier an die Nase fassen!
"250 Hektar habe die Stadt Schweinfurt im Maintal erhalten, dort lägen im Untergrund genügend Sand und Kies, der nicht abgebaut wurde und jetzt versiegelt ist."
Das Maintal, an der A 70-AS, war der beste & umweltverträglichste Ort für den Gewerbepark, von dem auch Arbeitnehmer aus Grafenrheinfeld profitieren! Das ist St. Florianspolitik, die nicht über den Gemeinede-Tellerrand sieht. Wenn solche Argumente kommen, sollte man endlich die ausgebliebenen Eingemeindungen nach SW nachholen.
https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/bauarbeiten-im-bellevue-gebiet-im-zeitplan;art742,10469556
Riesige Mengen Sand werden derzeit für Kalksandstein & (Stahl)Beton verbaut! Das kann keine Flusslandschaft auf Dauer verkraften! Das ist sehr kurzsichtig! Die nötige Wärmedämmung außen drauf führt zu Algenbildung, die mit Giftanstrich bekämpft werden muss und innen zu Schimmel, der mit (de)zentraler Raumlüftung verhindert werden muss. Lüftungskanäle & Filter sind Paradiese für Viren (Lungenentzündungen, Corona, etc.). Sie verkeimen und können nur mit hohem Wartungsaufwand einigermaßen rein gehalten werden. All die Probleme gibt es mit massiven Ziegelwänden nicht - die unter Beachtung aller Faktoren beste Außenwandkonstruktion.
Die Planer der Bauträger sollten sich nicht nur vom Mainstram treiben lassen, sondern selber mal drüber nachdenken.
"Bürgermeister Christian Keller: Keine weiteren Flächen für die regionale Bauwirtschaft: Wir haben unseren Beitrag schon in erheblichem Maße geleistet."
Allerdings leistet Grafenrheinfeld gerade seinen maßgeblichen Beitrag im Hinblick auf den Bedarf nach eben diesen Baurohstoffen Sand und Kies! Nämlich durch überflüssige Bauprojekte wie den geplanten Kita-Ersatzneubau und das Einkaufszentrum MainCenter, welches ja auch auf landwirtschaftliche Nutzflächen geklotzt werden soll.
"Jeder Bürger verbraucht rechnerisch sechs bis sieben Tonnen Sand und Kies pro Jahr, für alle möglichen Bauten vom Kindergarten bis zu den Straßen.“
Genau, die Grafenrheinfelder wahrscheinlich noch mehr!