
Bewerbungen auf Papier und in schönen Mappen, das war einmal. Wer insbesondere ein Praktikum oder eine Lehrstelle bekommen will, schaut ins Internet und vor allem in die sozialen Netzwerke. Instagram, Facebook und Co. sind zu Schaufenstern von Unternehmen geworden, die Nachwuchs und Fachkräfte suchen.
Das gilt auch für das eher traditionell geprägte Handwerk. So nutzen dort mittlerweile 39 Prozent der Betriebe die sozialen Medien für die externe Kommunikation, teilte die Handwerkskammer für Unterfranken mit. Sie beruft sich dabei auf eine bundesweite Umfrage des Zentralverbands des deutschen Handwerks und des IT-Fachverbandes Bitkom aus dem vergangenen Jahr.
Zwei Beispiele zeigen, dass sich auch in der Region Handwerksunternehmen bei der Suche nach neuem Personal in den sozialen Netzwerken tummeln. Das Problem ist freilich, den Erfolg zu messen.
Maxl Bäck in Zellingen: Von Instagram führen Links direkt zu digitalen Bewerbungen
Für Max Bregenzer ist klar, dass die Zeit von Papier und Mappen bei der Stellenbesetzung vorbei ist: "Es bringt nichts, wenn wir sagen: 'Schreib uns eine fünfseitige Bewerbung.'" Der 34-Jährige ist in der Geschäftsführung von Maxl Bäck in Zellingen (Lkr. Main-Spessart) für Marketing und damit für den Auftritt der Bäckereikette in den sozialen Netzwerken zuständig. Dabei setzt Bregenzer auf einen Trend: Eine Bewerbung muss so schnell und unkompliziert wie möglich eingereicht werden können.
Dabei ist für Maxl Bäck die Bilder- und Videoplattform Instagram der Köder. Wer anbeißt, landet über einen Link auf der klassischen Website des Unternehmens. Dort sind digitale Formulare hinterlegt, wo man neben den Standardangaben wie Name und Kontaktdaten gleich auch den gewünschten Starttermin des Jobs sowie die Gehaltsvorstellungen eintragen kann. Das war's dann auch schon mit der Bewerbung.
Bregenzer schätzt, dass ein Drittel bis die Hälfte aller Bewerberinnen und Bewerber über die sozialen Netzwerke zu Maxl Bäck stoßen. Detaillierte Zahlen sind allerdings Fehlanzeige: "Wir erfassen das nicht."
Genauer zu messen ist der Erfolg an anderer Stelle: Gut 3100 sogenannte Follower hat das Unternehmen auf Facebook, 2900 sind es auf Instagram. Für einen Betrieb mit 200 Beschäftigten ist das auffallend viel.
Schon deshalb setzt Bregenzer auf diese digitalen Werkzeuge. Wildes Veröffentlichen von Beiträgen ("Posts") sei nicht das Ziel, sondern es stehe eine klare Strategie dahinter. Ein Post pro Tag müsse es zum Beispiel bei Instagram mindestens sein, betont der studierte Betriebswirtschaftler.
Machte er das vor einigen Jahren noch alles selber, hat der Geschäftsmann seit neuestem einer jungen Kollegin in der Verwaltung die Funktion der "Social Media Managerin" übertragen. Sie investiere etwa eine Stunde pro Arbeitstag für die Firmenbeiträge auf Instagram und Facebook, so Bregenzer. Zudem würden nach Bedarf zwei externe Fotografen engagiert.
Das ist dem 34-Jährigen wegen des Gesamteindrucks der Beiträge wichtig: "Wir schauen, dass alles eine gemeinsame Bildsprache hat." Außerdem sprächen sich er und die Social-Media-Managerin regelmäßig über digitale Aktionen ab, damit die Posts ein stimmiges Gesamtbild abgeben.
Wie viel Geld Maxl Bäck in die Social-Media-Aktionen steckt, kann Bregenzer nicht genau sagen. Social Media sei Teil des Marketings, dessen Etat bei etwa einem Prozent des Jahresumsatzes von zuletzt 11,2 Millionen Euro liege.
Dass ein Unternehmen nicht nur junge Leute mit Instagram und Co. anlocken kann, beweist Manuel Derendorf. Er ist 51 Jahre alt und seit vier Wochen im Verkauf von Maxl Bäck beschäftigt. Seine Frau sei auf den Facebook-Auftritt der Bäckerei mit ihren 27 Filialen in Mainfranken gestoßen, sagt Derendorf.
Dachdeckerei Handschuh in Schweinfurt: Der Auftritt bei Instagram und Co. muss cool sein
Nach einer spontanen Bewerbung auf digitalem Weg "ging das mit der Antwort relativ schnell". Mit dem altherkömmlichen Weg der schriftlichen Bewerbung habe er in jener Zeit mit zwei Bäckereien in der Region hingegen schlechte Erfahrungen gemacht. "Ich habe von denen zum Teil gar nichts mehr gehört."

Ähnlich wie Maxl Bäck vermeidet auch der Dachdeckerbetrieb Handschuh in Schweinfurt bei Instagram und Facebook den Schuss aus der Hüfte. Professionell müssen all die Beiträge und Kurzvideos ("Reels") sein. Mit einem Unterschied: Handschuh hat diese Aufgabe komplett in externe Hände gegeben.
Aaron Gerberich hat diesen Auftrag übernommen. Der gelernte Medientechniker aus Hergolshausen im Kreis Schweinfurt hat sich selbstständig gemacht und betreut die Social-Media-Aktivitäten von Handschuh seit ungefähr zwei Jahren in Eigenregie. Dazu fahre er regelmäßig zu den Handschuh-Baustellen.
In allen Fällen werde mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorher abgesprochen, ob sie auf den Fotos und Videos abgebildet werden wollen, betont Gerberich. Zudem gebe es in den Arbeitsverträgen einen Hinweis, dass das Unternehmen solche Veröffentlichungen zu Marketingzwecken einsetze, ergänzt Prokurist Pascal Weissenseel.
Zwei Posts pro Woche bei Instagram und parallel bei Facebook, das ist der Rhythmus von Aaron Gerberich. Wichtig sei, "dass es ein cooler Auftritt ist", der junge Menschen anspricht. Die Beiträge sollen auf professionelle Weise den Alltag im Betrieb zeigen, so der 31-Jährige. Außerdem führen wie bei Maxl Bäck Links zu einfachen Bewerbungsformularen.
Welches Thema Gerberich bei den Aufnahmen in den Mittelpunkt stellt, entscheide er in Absprache mit der Geschäftsleitung. Manuela Sauer in der Verwaltung leitet ihm dafür immer wieder Mails weiter, in denen Themenideen stecken.
881 Follower auf Instagram und 1520 auf Facebook hat das Unternehmen. Sie permanent für den Betrieb mit seinen 110 Beschäftigten zu begeistern, sei das einzige Ziel, betont Prokurist Weissenseel. "Wir versuchen nicht, mit Social Media Umsatz zu generieren."
Kosten verursacht die Arbeit in den sozialen Netzwerken dennoch, schließlich wird Auftragnehmer Gerberich nach Stunden bezahlt. Wie hoch die Kosten sind, lasse sich nicht sagen, so Weissenseel. Denn sie flössen in den Gesamtetat für Marketing ein, der bei 50.000 bis 70.000 Euro pro Jahr bei einem Umsatz von 12 Millionen Euro liege.
Wenngleich das Schweinfurter Unternehmen ähnlich wie Maxl Bäck den Ertrag der Posts auf Instagram und Facebook nicht exakt messen kann, sieht Handschuh-Geschäftsführer Walter Weissenseel dennoch einen klaren Erfolg: Zwölf Lehrlinge hat der Betrieb derzeit, fünf davon sind neu.
Das ist im Handwerk eine beachtliche Quote, sucht doch die Mehrheit der Firmen händeringend und oft erfolglos nach Auszubildenden. Dass Handschuh in dieser Hinsicht so gut dasteht, ist für Walter Weissenseel (60) deutlich auf das Auftreten seines Betriebs in den sozialen Medien zurückzuführen: "Ohne geht's einfach nicht mehr."