Frank Wagner ist ein bisschen aufgeregt. Am Sonntag, 22. Januar, tritt er das erste Mal als Bürgerhauptmann auf beim Sebastiani-Festtag. Reden halten – es sind drei an diesem Tag– fällt ihm zwar nicht schwer. Im Gegenteil. Er freut sich darauf. Aber Hauptmann zu sein, ist schon etwas Besonderes, sagt er. Sollte er sich in der Aufregung bei seiner Premiere bei einem Kommando versprechen, fällt das schließlich ganz Oberschwarzach auf. "Die kennen alle Kommandos", sagt er. "Wir sind alle Sebastiani", das hat er auch schon bei seiner Amtseinführung 2022 gesagt.
Festtag geht auf ein Gelübde im Jahr 1611 zurück
In welche Tradition sich Frank Wagner begibt, erkennt man auch daran: Am Sonntag wird der 412. Sebastianitag gefeiert. Der Sebastianitag ehrt den Heiligen Sebastian, geht auf ein Pestgelübde im Jahr 1611 zurück. Die Pest forderte viele Opfer. Die Oberschwarzacher gelobten daher, fortan den Festtag des Pestheiligen Sankt Sebastian zu feiern, wenn die Pest den Ort verschont. Gefeiert wurde seitdem jedes Jahr. In der Corona-Zeit in einem kleineren Rahmen zwar. Aber die Tradition blieb ungebrochen. "Meinem Vater war es ein großes Anliegen, dass es weitergeht."
Frank Wagner ist aber auch Teil einer Familientradition, da ist er stolz darauf. Großvater Franz war von 1959 bis 1990 Bürgerhauptmann, sein Vater Georg von 1990 bis 2022. Und Eduard Herold, der Urgroßvater seiner Frau Stefanie, hat 1959 Franz Wagner gefragt, ob er das Amt des Bürgerhauptmanns von ihm übernehmen könne. "Es liegt in der Familie", sagt Frank Wagner. "Deswegen unterstützt mich meine Frau auch so." Wie vorher seine Mutter Waltraud kümmert sie sich um die "Kleiderkammer".
Die Bürgerwehr tritt in Gehrock und Zylinder an, ist mit Hellebarden, Spieß genannt, Äxten, Holzgewehren und Säbeln bewaffnet. 2020, beim letzten großen Umzug der Bürgerwehr, waren 54 Männer angetreten, in verschiedenen Dienstgraden vom Hauptmann über Korporal zu Offizier, Fähnrich und Pionier in verschiedenen Gruppen, Rotten genannt. Acht Personen bilden eine Rotte, angeführt von einem Korporal, schildert Frank Wagner. Zur Bürgerwehr kommen noch Absperrdienst, Kapelle, Fahnenabordnungen, Salutschützen. Gut 117 Leute insgesamt waren es 2020.
Wieviel Männer am Sonntag ihn mit dem traditionellen "Guten Morgen, Herr Hauptmann" begrüßen werden, weiß Wagner noch nicht ganz genau. Er geht davon aus, dass es wieder um die 54 sein werden. Um sich Sebastiani entgehen zu lassen, muss schon ein wichtiger Grund vorliegen.
Mitglied kann werden, wer in der Gemeinde lebt oder hier geboren wurde
Wer kann eigentlich Mitglied der Bürgerwehr werden? Männer, die in der Gemeinde leben oder hier geboren sind. Wagner erzählt von zwei Ex-Oberschwarzachern, die so gut wie jedes Jahr mitlaufen. Kirchenmitglied muss übrigens niemand sein. Allerdings gehört zur Mitgliedschaft in der Bürgerwehr auch die Teilnahme an Gottesdiensten. Eine Frau hat sich übrigens noch nicht beworben.
Viele Junge machen in der Bürgerwehr mit, freut sich Wagner. So mit 14, 15 fangen viele an. Nachwuchsprobleme gibt es keine. Fünf neue Bürgerwehrler werden heuer wahrscheinlich mitlaufen, freut sich Wagner. Zum Mitmachen gehört aber auch Mut, weiß Wagner. Nicht jedem jungen Mann falle es leicht, seinen Kumpels zu sagen, dass er in Gehrock und Zylinder in die Kirche gehen muss. Wer dabei ist, wird schnell merken, wie wichtig die Gemeinschaft ist. Ein Hauptmann allein kann nichts ausrichten. "Ich brauche andere Leute."
Kleiderkammer im Hause Wagner
Tradition ist eine schöne Sache, aber man muss auch an die Praxis denken. Deswegen gibt es vor dem großen Tag so eine Art "Gehrock-Tauschbörse". Es soll ja schon mal jemand ein bisschen in die Breite gegangen sein. Oder im Gegenteil schmäler geworden sein. Für solche Fälle ist Stefanie Wagner die Ansprechpartnerin. Bei Wagners wird ein Großteil der Gehröcke und Zylinder aufbewahrt.
Stefanie Wagner sorgt dafür, dass der passende Rock gefunden wird. "Das kriegt man mit Tausch hin." 2009 wurden neue Gehröcke angeschafft. "Früher war der typische Bürgerwehrler eher groß und stark. Heute ist der Typ eher groß und schlank", sagt der Hauptmann. Für die Hauptmann-Klasse "stattliches Mannsbild" ist natürlich auch gesorgt.
Gehrock wird oft von Vater auf Sohn und Enkel verteilt
In vielen Familien wird der Gehrock oder der Spieß auch von Vater auf Sohn und auf Enkel weitervererbt. Diese Kontinuität ist eine Sache, die Frank Wagner viel bedeutet. Das und das Gefühl, Teil eines großen Ganzen zu sein, hat ihn dazu bewogen, sich um den Hauptmann-Posten zu bewerben. Auch um Glaube, Leben, Menschlichkeit geht es ihm. Wobei er Glaube nicht in erster Linie religiös sieht. "Man kann auch an sich selbst glauben." Aus dieser Zuversicht kann viel Gutes entstehen, ist er sich sicher.
Worum es bei seiner Ansprache am Ehrenmal gehen wird, will Frank Wagner noch nicht verraten. Aber Zuversicht soll eine Rolle spielen. Und Miteinander natürlich. Und Tradition bestimmt auch.
Am Sonntag, 22. Januar, um 9.45 Uhr treten Bürgerwehr, Pioniergruppe, Steigerwaldkapelle und Vereinsfahnenabordnungen am Marktplatz an. Um 10 Uhr ist Festgottesdienst mit Monsignore Günter Putz.