Auch wenn das Sebastiani-Gelübde der Oberschwarzacher am Wochenende bereits zum 409. Mal erfüllt wurde, gab es in diesem Jahr dennoch eine ganz besondere Premiere: Zum ersten Mal wurde der Festtag als Immaterielles Kulturerbe begangen.
Der Bürgeraufzug in Oberschwarzach an Sebastiani wurde nämlich im vergangenen Dezember in das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen und gehört somit wie die Passionsspiele Oberammergau oder der Münchner Viktualienmarkt zu den schützenswerten kulturellen Ausdrucksformen des Freistaates. Die Begriffe "Wissen. Können. Weitergeben” aus dem Logo des Immateriellen Kulturerbes beschreiben, was entscheidend für die Aufnahme ins Verzeichnis ist, nämlich das Wissen um die Traditionen, das Können der Traditionen und deren Weitergabe von Generation zu Generation. Gemeinschaften prägen diese lebendigen Traditionen und entwickeln sie kreativ weiter. Und so ist es auch in Oberschwarzach.
Gewehre aus Holz
Der Ablauf erfolgt nach einem festen Ritual, das seit Jahrhunderten besteht und doch über die Jahre Veränderungen unterlag. So trägt die Bürgerwehr seit Ende des Zweiten Weltkrieges keine echten Gewehre mehr, sondern Gewehre aus Holz. Und auf die bis zu sechs fremden Beichtväter aus Münsterschwarzach verzichtet man seit den 1960er Jahren ebenfalls.
Nach einer mehr als 70-jährigen Pause war dagegen in diesem Jahr wieder die Monstranz beim Sebastiani-Tag mit dabei. Während des Festgottesdienstes stand sie auf dem Seitenaltar unter dem Bild des Heiligen Sebastians, bis sie Pfarrvikar Kai Söder zum Schlusssegen zum Altar brachte. Und seit 1991 wird das Sebastiani-Gelübde immer am Sonntag und nicht am eigentlichen Sebastiani-Tag gefeiert. Denn dadurch ist es allen möglich, den Festtag gemeinsam so zu begehen, wie es schon seit Jahrhunderten getan wird.
Der erste Einsatz der Steigerwaldkapelle Oberschwarzach fand daher auch heuer am Samstagabend mit dem Zapfenstreich statt. Und pünktlich um 9.45 Uhr am Sonntag standen dann nicht nur die Musikanten bereit, um die Aufstellung der Bürgerwehr in Frack und Zylinder, mit Säbeln, Hellerbarden, Gewehren und Äxten zu beobachten. Auch die Fahnenabordungen der Vereine , die Ehrengäste und Schaulustigen schauten zu, als Zugführer Heinrich Bausewein die Anzahl der angetretenen Männer an Bürgerhauptmann Georg Wagner und seine Offiziere Klaus Bördlein und Erich Goldstein meldete.
Eine Änderung im Protokoll gab es dieses Jahr beim Kranz für das Ehrenmal. Da sich die örtliche Reservistenkameradschaft aufgelöst hat, standen diesmal mit Bernd und Sebastian Dereser zwei aus den Reihen der Bürgerwehr zur Verfügung, um den Kranz feierlich an der Bürgerwehr vorbei zu tragen. Gemeinsam mit den Ehrengästen, den Fahnenabordnungen und der Steigerwaldkapelle ging es dann gemäß der Tradition zum Kirchvorplatz, wo die Offiziere gemeinsam mit Fähnrich Peter Jäger die Sebasitanifahne aus der Kirche holten.
Pfarrvikar Kai Söder stellte in seiner Predigt fest, dass das gemeinsame Feiern des Sebastiani-Festes zum Ausdruck bringe, dass es eine Gemeinschaft von Gläubigen gebe, dass die Getauften wie im Gleichnis Rebzweige eines Weinstocks seien, die nicht unabhängig voneinander seien. Ein schönes Beispiel dafür, so Söder, sei die Pfarrei Oberschwarzach mit ihren Filialen. Die Aufnahme des Sebastiani-Tages in das bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes habe nicht nur eine symbolische Bedeutung, sondern sei Ausdruck einer lebendigen, zeitgemäßen Tradition, so Söder weiter.
Diese Tradition setzte sich dann mit den Böllerschüssen der Jäger Hermann Lang, Dirk Seidenstücker und Jürgen Keßler während des Gottesdienstes fort. Es folgte im Anschluss der feierliche Zug über den Friedhof zum Ehrenmal am Kirchplatz, wo der Kranz unter weiteren Böllerschüssen niedergelegt wurde.
Als die Pest in Oberschwarzach wütete
Bürgerhauptmann Georg Wagner erinnerte in seiner Ansprache an den Ursprung des Sebastiani-Gelübdes aus dem Jahre 1611, als die Pest in Oberschwarzach wütete und 158 Tode forderte. "Unsere Vorfahren suchten Hilfe beim Hl. Sebastian und fanden durch ihr Gebet Erhörung bei ihm", berichtete Wagner.
Seinen persönlichen Rückblick auf 30 Jahre Bürgerhauptmann nutze Wagner, um den geistlichen Würdenträgern der vergangen Jahrhunderte für ihre religiöse Impulse zu danken. Besonders erwähnte er dabei den im vergangenen Jahr verstorbenen Pfarrer Karl Ring, der von 1964 bis 1996 in Oberschwarzach gewirkt hatte und 32 Jahre lang den Sebastiani-Tag mit seiner Gemeinde gefeiert hatte. Aber auch den Bürgermeistern und Markgemeinderäten von früher und heute dankte Wagner für ihre Unterstützung und vergaß nicht, auch allen anderen, die vor und hinter den Kulissen beim Sebastiani-Fest mitgeholfen haben, zu danken.
Die Aufnahme in das Bayerische Landesverzeichnis sei dabei auch ein Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung für den persönlichen Einsatz vieler im Zusammenhang mit dem Erhalt und der Weitergabe von Traditionen. "Dieses Engagement ist Ausdruck gelebter Heimatverbundenheit und leistet einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der kulturellen Vielfalt in Bayern.", so Wagner.
Einen ganz besonderen Dank sprach Wagner schließlich noch Chronist Walter Kieswetter aus, der sich im besonderen Maße in den letzten zwei Jahren beim Antrag "Sebastiani Oberschwarzach" eingebracht hatte und die Bewerbung nicht nur einmal überarbeitet hatte.
Restaurierung der Monstranz
Und für die notwendige Restaurierung der Monstranz, die heuer zum ersten Mal seit Langem wieder dabei war, hatte Wagner abschließend auch noch einen Vorschlag. Statt von jedem Mitglied der Bürgerwehr dafür zehn Euro einzusammeln, wie Pfarrvikar Kai Söder zuvor schmunzelnd vorgeschlagen hatte, könnte man ja auch beim 410. Sebastiani-Tag im kommenden Jahr wieder ein Bürgerfest, wie bereits zum 400. Jubiläum geschehen, veranstalten.