Archäologische Funde und eine Urkunde von 791 belegen eine Siedlung Schweinfurt schon im 8. Jahrhundert. 1991 feierte die Stadt ihren Ursprungsort denn auch ganz groß. 1200 Jahre ist ja was. Dieses Suuinfurtero marcu (wahrscheinlich seichte Furt) lag allerdings – genauso wie die im 10. Jahrhundert von den Markgrafen von Schweinfurt errichtete Stammburg – hoch droben über dem Maintal auf der Peterstirn. Und damit um einiges entfernt vom eigentlichen Gebiet der Stadt, deren Gründung wiederum Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1122-1190) zugeschrieben wird.
Er ließ westlich des Marienbachs eine "civitas imperii" neu anlegen, der die ab 1230 urkundlich bezeugte reichsstädtische Zeit bis Anfang des 19. Jahrhunderts folgte. Nach archäologischen Grabungen im Jahr 2017, ausgelöst durch Neubaupläne auf einem Grundstück am Kiliansberg, steht wegen der Funde ziemlich sicher fest: Eine erste dem heiligen Kilian geweihte Kirche – daher der Name Kiliansberg – existierte dort nicht wie bisher gedacht erst im 14. Jahrhundert, sondern wohl schon um das Jahr 1000.
Gründung Schweinfurts mehrere hundert Jahre früher als angenommen
Die Gründung Schweinfurts auf heutigem Stadtgebiet erfolgte also früher und es gab dort nicht zwei, sondern drei Kirchen. Auf einer neuerdings am Kiliansberg aufgestellten Tafel informiert die Stadt über diese kleine Sensation: "Verschiedene archäologische Funde und eine Urkunde von 791 belegen die Existenz einer Siedlung schon im 8. Jahrhundert. Nach dem Bau einer Kirche um 1000 nach Christus mehren sich die Quellen. Für deren Gründung durch das Würzburger Bistum spricht das Patronat: Die Pfarrkirche war dem heiligen Kilian geweiht – dem Würzburger Stadtpatron. Damit sind die Siedlung und die Kirche auf dem Kiliansberg deutlich älter als die Reichsstadt westlich des Marienbachs."
Fritz Schäfer, den die Geschichte seiner Heimatstadt schon immer beschäftigt, kommt als unmittelbarer Nachbar oft an diesem besonderen historischen Ort vorbei. Dass die Stadt "jetzt öffentlich aufklärt", findet er "gut und nötig", wenn er sich auch mehr gewünscht hätte. "Vielleicht kommt da ja noch was", sagt er.
Zunächst zu den archäologischen Grabungen am Kiliansberg von 2017: Weil Friedhöfe um die Gotteshäuser üblich waren, überraschte weniger, dass man auf Bestattungen stieß, sondern deren hohe Zahl. Obwohl gar nicht allzu tief gegraben wurde und der Friedhof noch weit in die umliegenden Straßen hineinreichte, legten die Archäologen erstaunliche 209 Skelette frei. Unter den in der Tiefe entdeckten Mauerfunden waren, wie erhofft, auch Reste der 1406 erbauten Kilianskirche. Radiokohlenstoffuntersuchungen der Skelettknochen erlauben die Festlegung auf diese Zeit.
Noch älteren Datums und deshalb von besonderer Aussagekraft sind aber entdeckte Steinfundamente einer Apsis und eines Chorbogens, die wohl von einem im Hochmittelalter (11. Jahrhundert) errichteten Vorgängerbau stammen. Die Grabungen stießen auf größtes Interesse. Im Stadtrat wurde die Forderung laut, Teile dieses Uralt-Schweinfurt für kommende Generationen unbedingt sichtbar zu machen. Der damalige stellvertretende Stadtheimatpfleger Dag Schröder hatte bereits 2012 in einem stadtinternen Protokoll zur Erinnerung "an die erste Stadtgründung Schweinfurts einen kleinen Bürgerpark mit einem Dokumentationspavillon mit kartierten Darstellungen, Texten und Fundstücken" angeregt.
Die Stadtplaner ignorierten aber diesen Vorschlag, über den die Anwohner dann erst 2016 durch Schröder informiert wurden. Fritz Schäfer griff diese Ideen unverzüglich auf. Bei einem Besuch im thüringischen Schmalkalden war ihm an der Stadtkirche St. Georg ein mit einer Glasplatte überdecktes Bodendenkmal aufgefallen. "Die Besucher und Bürger der Stadt können so die Mauerreste und Fundstücke anschauen", erzählt er. Doch es war zu spät: Bereits 2015 hatte die Stadt Schweinfurt Baurecht für die beiden Neubauten auf dem Privatgrundstück geschaffen.
Diese Geschichte der Kilians-Kirchen hat es fürwahr in sich, sie setzt sich zunächst am Kiliansberg fort. Urkundlich erwähnt und in alten Schriften genannt – so 1317 als "alte Pfarrkirche St. Kilian", 1334 als die "Pfarrkirche bie Swinfurt" und 1337 im Sinne einer Ortsbestimmung "Wingarten gelegen hinter sant Kylian" – ist für das Jahr 1388 der Abriss dieser wohl zweiten Kilians-Kirche dokumentiert. Als Ersatz begann schon 1389 der Bau eines neuen Kirchleins am heutigen Zeughausplatz mitten in der Stadt.
Weihe der dritten Kilians-Kapelle im Jahr 1406
Dass es erst 1412 fertig wurde, lag am Würzburger Bischof, der mit dem "schlecht‘ Kirchlein" nicht einverstanden war, weil auf dem Friedhof "fremde verstorbene Leut begraben" werden sollten. Er zwang die Stadt außerdem dazu, Sankt Kilian auch am alten Standort wiederaufzubauen, was auch geschah. 1406 erfolgte die Weihe der dritten Kilians-Kapelle auf der Anhöhe. Die Stadt hatte also eine Zeitlang sogar zwei Kilians-Kirchen, wobei die am Kiliansberg mehr Zulauf hatte. Für 1542 sind Wallfahrten zur Kirche dort bekannt, noch rechtzeitig vor ihrer Zerstörung 1543/44. Ob durch ein gelegtes Feuer, ist nicht geklärt.
Das Kirchlein am Zeughausplatz – das Zeughaus selbst entstand erst 1589 – wurde bis 1562 als Kirche genutzt. Danach war es Gießhaus, Salpetersiederei und Mehlmagazin, ab 1852 Feuerwehrgerätehaus. 1907 wurde es bis auf den Chorraum abgebrochen, um Platz für eine Feuerwache zu schaffen. Sankt Kilian existierte aber weiter. Der nächste Neubau, nun im Eisenbahner-Viertel, wurde am 13. November 1927 als Tochterkirche von Heilig Geist eingeweiht. Nach Zerstörung durch Weltkriegs-Bomben wurde 1952 die Kirche an gleicher Stelle in der Sankt-Kilian-Straße neu gebaut und am 20. September 1953 von Bischof Julius Döpfner geweiht. Es war, wie wir heute wissen, die sechste nach dem heiligen Kilian benannte Kirche in Schweinfurt.
So geht’s zum Kiliansberg
Vom Rathaus aus bis zur Mälzerei Schubert und links hoch zum Kiliansberg 4 1/2.
Das Buch "Schweinfurter Geheimnisse" ist in Kooperation zwischen der Main-Post und dem Bast Medien Verlag erschienen. Das Buch (Hardcover) kostet 19,90 Euro, hat 192 Seiten und ist durchgehend bebildert. Erhältlich im Buchhandel oder direkt beim Verlag: bestellungen@bast-medien.de (versandkostenfrei). ISBN: 978-3-946581-81-9