
Eine erste St. Kilianskirche stand lange vor dem Zeughaus (1589/90) auf dem östlichen Zeughausplatz. Sie wurde 1391 erbaut. Als die Archäologen bei ersten Grabungen 2011 auf Mauerreste der alten Kirche stießen, war deshalb niemand überrascht. Und weil man wusste, dass zur Kirche ein Friedhof gehörte, waren auch die fünf entdeckten Skelette keine Sensation.
Die aktuellen Funde sind es allerdings: Die mit dem Areal bereits vertrauten Archäologen der „Ausgrabungen Specht“ (Schwebheim) hatten bis Donnerstag über 50 Skelette entdeckt, großteils die von Kindern und Jugendlichen. In einem Feld fanden sich nah beieinander liegend sechs Skelette junger Menschen, berichtete Firmenchef Oliver Specht.
Die Platz-Umgestaltung ist seit langem beschlossen. Der Ferienausschuss genehmigte kürzlich kleine Änderungen. Bis Mai 2015 soll der neue Platz fertig sein. Bis dahin will man auch das Zeughaus an seine neuen Nutzer übergeben haben.
Mitte August sind die Bauarbeiten angelaufen. Seit 22. August kümmern sich parallel dazu die Archäologen um die Reste der reichsstädtischen Vergangenheit. Ihre Aufgaben: Die Fundamente der Kirche – 2011 wurden nur die im Süden freigelegt – zu dokumentieren und Aussagen zum Friedhof zu machen.
Kurzer Rückblick: Die allererste Kilianskirche stand auf dem Kiliansberg, wurde 1313 erstmals urkundlich erwähnt, war aber vermutlich älter. Sie wurde 1387 abgebrochen, um Feinden keine Möglichkeit zu bieten, sich dort zu verschanzen. Als Ersatz begann 1389 der Bau eines neuen Kirchleins am Zeughausplatz, die aber erst 1412 samt Friedhof „auf dem Anger“ fertiggestellt war.
Hauptgrund für die Verzögerung war, dass der Würzburger Bischof mit dem „schlecht' Kirchlein“ nicht einverstanden war, weil auf dem Friedhof „fremde verstorbene Leut begraben“ wurden. Alles lag damals noch vor den Toren der Stadt, erst 1437 wurden Kirche und Friedhof in den Mauerring der Stadterweiterung einbezogen. Der Bischof zwang Schweinfurt, St. Kilian auch am alten Standort wiederaufzubauen. Die Stadt hatte also zwei Kilianskirchen.
Am Zeughausplatz wurde sie bis 1562 als Kirche genutzt. Danach diente das Bauwerk als Gießhaus, Salpetersiederei und Mehlmagazin, ab 1852 als Feuerwehrgerätehaus. 1907 wurde das Ex-Kirchlein bis auf den Chorraum abgebrochen, um Platz für eine neue Feuerwache zu schaffen. So schildert es Kulturamtsleiter Erich Schneider in einer ausführlichen, 1991 in der Mainleite veröffentlichten Darstellung. 1953 erfolgte der Abriss des Feuerwehrhauses wegen Baufälligkeit.
Seitdem parkten dort Autos. Wie sich jetzt zeigt, wurden auch Steine der alten Kilianskirche für den Bau der Feuerwache verwendet. Den Parkplatz baute man wohl ohne großartigen Unterbau, wie schon 2011 stieß das sechsköpfige Archäologen-Team nämlich sehr schnell auf erste Skelette.
Was geschieht mit den so genannten Bestattungen? Von jedem Skelett wurde unter Federführung des Anthropologen der Firma, Marcel Günther, ein Messbogen mit allen Daten angelegt – Lage, Größe und so weiter. Nach der Bergung werden die Knochen gereinigt und in Euroboxen verpackt an die anthropologische Staatssammlung München geschickt. Anhand der DNA lässt sich etwa das Verwandtschaftsverhältnis der sechs Skelette Jugendlicher klären. Geprüft werden könnte auch, ob sie alle der gleichen Krankheit zum Opfer gefallen sind.
Gefunden haben die Archäologen auch „Besonderheiten“ wie Würfel, Schusserkugeln, Münzen. Specht vermutet, dass das keine „absichtlichen Zugaben“ waren. Der Friedhof habe damals ohne „unheilig zu sein“ einer anderen Ordnung unterlegen, sei auch Spielplatz gewesen. Bei neuen Beerdigungen seien diese Gegenstände wohl „zufällig“ in die Gräber gefallen. Gefunden wurden auch Haken und Ösen von Kleidung.
Specht und Co. wollen Ende des Monats fertig sein. Weil man bereits auf Grabkonturen gestoßen sei, rechne man nicht damit, noch viele Skelette zu finden. Man gräbt nur so tief, wie es die Platz-Neugestaltung nötig macht, die tiefer liegenden Skelette verbleiben auch dort.
Wie berichtet, verzichtet die Stadt auf eine anfangs geplante Glasplatte, die Blicke auf die Fundamente ermöglicht hätte. Stattdessen werden sich Teile der Dokumentation über die Funde, die Skelette und die genaue Lage der Kilianskirche auf Informationstafeln wiederfinden, die auf dem neuen Zeughausplatz stehen werden.