
Dass sich die freie Kulturszene in Schweinfurt und Teile der Stadtverwaltung, insbesondere Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und Kulturamtsleiter Christian Federolf-Kreppel, voneinander entfremdet haben, hat viele Gründe. Doch insbesondere in den vergangenen Monaten der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Schließungen ist der Graben zwischen städtischer Kultur und freier Szene in der Stadt immer tiefer geworden.
Während die Veranstalter wie Stattbahnhof oder Disharmonie unter anderem durch kreative Aktionen wie das "Keiner-kommt-nach-Schweinfurt"-Festival am vergangenen Wochenende Akzente setzen, um Künstlern wie Veranstaltern zu helfen, bis es wieder eine realistische Perspektive auf Auftritte gibt, hatte Oberbürgermeister Sebastian Remelé bereits vor einigen Wochen darauf verwiesen, dass es der selbst massiv durch den millionenschweren Einbruch der Gewerbesteuer betroffenen Stadt kaum möglich sein werde, die freien Kulturträger über die bereits bestehende städtische Förderung hinaus zu unterstützen.
Absage des Kulturausschusses stößt auf Unverständnis
Nun gibt es neuen Ärger. Oberbürgermeister Sebastian Remelé sagte die regulär für Mittwoch, 24. Juni, geplante Sitzung des Kulturausschusses ab. Es wäre die dritte von nur vier Sitzungen des Ausschusses in diesem Jahr gewesen. Zuletzt tagte man im April, damals stellte Kulturamtsleiter Christian Federolf-Kreppel den neuen Spielplan des Theaters für die Saison 2020/21 vor.
Pressesprecherin Anna Barbara Keck erklärte auf Nachfrage, warum die Sitzung abgesagt wurde, dass "aus den verschiedenen Fachbereichen keine Tagesordnungspunkte vorgeschlagen waren." Im Schreiben des OB an die Schul- und Kulturstadträte über die Absage stand keine Begründung.
Ralf Hofmann, SPD-Fraktionsvorsitzender und Ausschussmitglied, kann diese Begründung überhaupt nicht nachvollziehen. "Nachdem im Zuge der Corona-Pandemie gerade im Schul- und Kulturbereich zahlreiche Themen tagtäglich von vielen Menschen diskutiert werden, sollte es an Tagesordnungspunkten für den Ausschuss nicht mangeln", findet er. "In Schweinfurt gehen die Uhren aber anscheinend anders", fügt er ironisch in einer Stellungnahme an.
"Es ist ein Armutszeugnis und in besonderem Maße bedenklich, dass gerade in der jetzigen Zeit der Verwaltungsspitze um Oberbürgermeister Remelé offensichtlich Ideen und Konzepte fehlen, an der Lösung der durch die Corona-Pandemie entstandenen Folgen auf städtischer Ebene im Schul- und Kulturbereich mitzuwirken", findet Hofmann klare Worte. Das Signal an alle Verantwortlichen in Schulen und Kultur sei klar: "Kümmert Euch selbst."
Hofmann zeigt Beispiele auf, wie in anderen Städten der Region damit umgegangen wurde, dass es für städtische wie nicht-städtische Kulturbetriebe gleichermaßen wegen der unverschuldeten Corona-Pandemie plötzlich um die Existenz geht. In Würzburg werde eine Konzertreihe auf dem ehemaligen Landesgartenschaugelände entwickelt, in Bamberg wurde von der Verwaltung ein bis zu 500 000 Euro großer Fördertopf angekündigt.

Die Stadt Coburg entwickelte die Veranstaltungsreihe „Coburg trotz(t) Corona" und in Aschaffenburg habe die Stadt eine vom dortigen Oberbürgermeister initiierte Open-Air-Bühne für die freie Kultur eingerichtet. "In Schweinfurt hingegen hört man nichts dergleichen", kritisiert Hofmann, der als Teil des Organisationskomitees für das "Keiner-kommt-nach-Schweinfurt"-Festival auch darauf verweist, dass man aufgrund der schlechten Erfahrungen der vergangenen Wochen bewusst nicht bei der Stadt um Unterstützung nachgefragt habe.
Der OB hatte im April in der letzten Kulturausschusssitzung erläutert, dass die Stadt auf Antrag Miete für städtische Gebäude stunde, er aber wegen der Haushaltslage keine Chance für einen Sondertopf für Kultur und Vereine sehe. Außerdem forderte er Betroffene auf, sich bei Problemen an ihn als Kulturreferent zu wenden, was bis zum damaligen Zeitpunkt der Sitzung wohl nur vereinzelt geschehen war.
SPD fragt sich, welche Folgen Corona für die Schulen hat
Ralf Hofmann geht es bei der abgesagten Sitzung nicht nur um die Kultur, schließlich ist es der Schul- und Kulturausschuss. Die Stadt sei Sachaufwandsträger für zahlreiche Schulen in der Stadt, da gäbe es viel zu diskutieren: "Welche Probleme haben Schulen bei der Einhaltung der Hygienemaßnahmen? Gibt es Initiativen, den Schulen organisatorisch unter die Arme zu greifen? Gibt es eine Einheitlichkeit bei den Maßnahmen? Wenn nein, wird diese angestrebt? Interessant wäre auch etwas zum Stand des digitalen Unterrichts zu erfahren. Können kurzfristig zum Beispiel Bandbreitenprobleme an Schulen gelöst werden?"
Vorerst bleiben Antworten auf diese Fragen zumindest im Schul-und Kulturausschuss aus. Die nächste reguläre Sitzung ist am 14. Oktober.