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Schweinfurt
Schon sein Großvater verkaufte Süßwaren in Syrien: Jamal Alzoube hat sich den Traum jetzt in Schweinfurt erfüllt
2016 kam Jamal Alzoube aus Syrien nach Deutschland, jetzt verkauft er arabische Süßwaren in Schweinfurt. Warum auch er den Hype um die Dubai-Schokolade zu spüren bekommt.
Jamal Alzoube hat Anfang des Jahres in Schweinfurt den Laden 'Alzoube Luxussüßigkeiten' eröffnet. Dort verkauft er orientalische Süßigkeiten. Doch der Weg zum eigenen Laden war steinig.
Foto: Anand Anders | Jamal Alzoube hat Anfang des Jahres in Schweinfurt den Laden "Alzoube Luxussüßigkeiten" eröffnet. Dort verkauft er orientalische Süßigkeiten. Doch der Weg zum eigenen Laden war steinig.
Désirée Schneider
 |  aktualisiert: 11.12.2024 02:40 Uhr

Der kleine Laden in der Luitpoldstraße 7 ist hell erleuchtet. Über dem Eingang hängt eine Lichterkette, auf einem Leuchtschild steht "Alzoube Luxussüßigkeiten" – einmal auf Deutsch, einmal in arabischen Schriftzeichen. Dass der eher unscheinbare Laden einmal etwas anderes gewesen ist als ein Geschäft für orientalische Süßigkeiten, davon zeugen lediglich zwei Aufkleber auf der Eingangtür. "Studio" und "Polaroid" ist da zu lesen.

"Vorher war das hier ein Fotostudio", sagt Jamal Alzoube und blickt sich in dem schmalen Verkaufsraum um. Im Sommer vergangenen Jahres habe dann er die Räumlichkeiten übernommen, um dort ein Geschäft für orientalische Süßigkeiten zu eröffnen. Statt Fotoausrüstung reihen sich jetzt Etageren, goldene Kaffeekannen, Süßigkeiten und Knabbereien an den Wänden. Auf der Verkaufstheke türmen sich Baklava-Variationen mit Pistazie und Walnuss, allerlei Gebäck.

"Das war wirklich reiner Zufall, dass ich an die Räume gekommen bin", sagt Alzoube. Eigentlich habe er nur ein Passfoto für die Erneuerung seiner Aufenthaltserlaubnis machen lassen wollen – verlassen habe er den Laden mit der Aussicht auf ein eigenes Geschäft. "Der Inhaber meinte, er geht bald in Rente. Da meinte ich: Schade, aber zufällig suche ich nach einem Laden", erinnert sich der 28-Jährige und lacht. Wenig später hatte er die Zusage.

"Hätte ich in Syrien bleiben können, wäre ich heute Anwalt."
Jamal Alzoube (28), führt einen Laden für orientalische Süßwaren in Schweinfurt

Sich mit einem eigenen Business selbstständig zu machen, sei nämlich schon lange ein Traum von ihm gewesen, sagt Alzoube. Dabei hätten seine Karrierepläne ursprünglich ganz anders ausgesehen. "Hätte ich in Syrien bleiben können, wäre ich heute Anwalt", sagt der gebürtige Syrer. Dort habe er im ersten Jahr Jura studiert. Außerdem habe seine Familie Land besessen und zur Ölherstellung Oliven angebaut.

"Wir hatten ein ganz normales Leben, aber dann kam der Krieg", so der 28-Jährige. Gemeinsam mit seinen Eltern, seinem Bruder und dessen Frau sei er zunächst nach Jordanien geflüchtet; 2016 dann weiter nach Deutschland. "Wir haben alles verloren. Von einem Augenblick auf den anderen war alles am Boden", sagt er. In Deutschland habe er sich mit verschiedenen Jobs durchgeschlagen, unter anderem als Fahrer für ein medizinisches Labor, habe dann eine Ausbildung im Sicherheitsbereich absolviert und im Werkschutz bei einem größeren Automobilzulieferer angefangen.

Bis im vergangenen Jahr war in der Luitpoldstraße 7 in Schweinfurt noch ein Fotostudio untergebracht. Jetzt werden bei 'Alzoube Luxussüßigkeiten' orientalische Süßwaren verkauft.
Foto: Anand Anders | Bis im vergangenen Jahr war in der Luitpoldstraße 7 in Schweinfurt noch ein Fotostudio untergebracht. Jetzt werden bei "Alzoube Luxussüßigkeiten" orientalische Süßwaren verkauft.

Den Traum von der Selbstständigkeit habe er jedoch nie aufgegeben. "Ich habe an jedem Laden, der leer stand, angeklopft, angerufen, gefragt, ob sie vermieten", sagt Alzoube. Bis er schließlich durch Zufall in dem ehemaligen Fotostudio fündig wurde. In Eigenregie habe er die in die Jahre gekommenen Räume über Wochen hinweg, nach der Arbeit, an den Wochenenden und im Urlaub renoviert. "Ich habe YouTube-Videos angeschaut und das alles selbst von Hand gemacht", sagt der 28-Jährige stolz.

Schon sein Großvater führte ein Süßwaren-Geschäft in Syrien

Auch das Konzept stand schnell. "Ich habe mir einfach überlegt, was uns hier in Schweinfurt noch fehlt. So bin ich auf die Süßigkeiten gekommen", sagt er. Ganz fremd sei das Business seiner Familie aber nicht. "Mein Opa hatte auch ein Geschäft mit Süßigkeiten in Syrien. Und meine Mutter hat ein bisschen Erfahrung damit", sagt er. Die sei ihm nun auch im Laden eine große Hilfe. Nur herstellen könnten sie das süße Gebäck dort nicht. "Dafür bräuchten wir eine große Küche und den Platz haben wir hier nicht. Außerdem wird so eine Küche richtig teuer", sagt Alzoube.

Stattdessen bestelle er das Gebäck bei einer arabischen Großbäckerei im Raum Nürnberg. Mehrmals wöchentlich fahre er selbst dorthin, um die Ware abzuholen. Leicht sei der Start in Schweinfurt aber nicht gewesen. "Das war neu in Schweinfurt, da mussten die Leute erstmal probieren, was es da überhaupt gibt", sagt Alzoube und lacht. Mittlerweile sei fast die Hälfte seiner Kundschaft deutsch. "Die Deutschen mögen, dass bei mir nicht so viel Zucker drin ist", sagt er. Dafür habe er bei der Großbäckerei extra Baklava mit Honig, statt wie üblich mit Zuckerwasser in Auftrag gegeben.

Auf Hype um "Dubai-Schokolade" reagiert

Von dort beziehe er seit Neuestem auch eine Schokolade mit Pistazienfüllung, die der aktuell so beliebten "Dubai-Schokolade" nahekommen soll – einer mit Pistaziencreme und "Engelshaar" gefüllten Hülle aus Vollmilch- oder Zartbitterschokolade.

Auch wenn er den Hype um die Süßware nicht verstehen könne, habe er doch dem Wunsch seiner Kundschaft nachkommen wollen, sagt Alzoube. Denn viele hätten nach der Schokolade gefragt. Jetzt könne er ihnen die Eigenkreation anbieten. "Das ist natürlich keine originale Dubai-Schokolade, das ist einfach unsere Interpretation davon", sagt er. Für das kommende Jahr habe er große Pläne. "Ich hoffe, dass wir einen größeren Laden finden", sagt er. Mit Platz für Sitzgelegenheiten – und eventuell einem eigenen Backraum.

 
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Kommentare
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  • Bernhard Schebler
    Die Gebäcke müsste jeder mal probieren, schmecken sehr lecker. Ich selber habe mal Baklava gemacht, da steckt sehr viel Arbeit dahinter.
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  • Walter Stöckl-Manger
    Insidertip: Wenn gerade nur Jamals Kumpels da sind, geht gleich wieder und kommt ein anderes mal wieder. Dann werdet Ihr auch bedient...
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