zurück
Gernach
Schauergeschichten aus der Region: Die Wolfskapelle im Gernacher Wald und wie sie zu ihrem Namen kam
An der Gemarkungsgrenze zwischen Gernach und Heidenfeld steht im Landkreis Schweinfurt eine kleine Kapelle. Doch was hat die mit einem Wolf zu tun?
Die Wolfskapelle im Wald zwischen Gernach und Heidenfeld bis heute ein beliebter Ort der Erholung für Wanderer und Radfahrer. An dieser Stelle gelobte der fromme Augustinerchorherr im Mittelalter aus Todesangst den Bau einer Kapelle wegen eines heulenden Wolfsrudels.
Foto: Stefan Menz | Die Wolfskapelle im Wald zwischen Gernach und Heidenfeld bis heute ein beliebter Ort der Erholung für Wanderer und Radfahrer.
Stefan Menz
 |  aktualisiert: 21.08.2023 03:09 Uhr

Schon die Brüder Grimm stellten ihn gerne in den Mittelpunkt ihrer Märchen: den Wolf. Ob in "Rotkäppchen" oder bei den "Sieben Geißlein" – der "böse Wolf" wurde hier, ob pädagogisch sinnvoll oder nicht, als angstbesetztes Thema für viele Generationen gefestigt. Bis zum heutigen Tag. Auch die aktuelle und manchmal aufgeheizte Diskussion um sogenannte "Problemwölfe" trägt nicht wenig dazu bei. Kurzum: Am Thema "Wolf" scheiden sich die Geister.

Ein Blick in die Sagenwelt der antiken Mythologien zeigt: Hier galt das größte Raubtier aus der Familie der Hunde meist als gefährlich. Es gibt aber Ausnahmen, so soll die Stadt Rom 753 v. Chr. von Romulus gegründet worden sein. Er und sein Zwillingsbruder Remus – immerhin Söhne des Kriegsgottes Mars – wurden nach ihrer Geburt ausgesetzt und von einer Wölfin gesäugt, bis sie von einem Hirten gefunden wurden.

Alles begann mit einem Krankenbesuch

Im Landkreis Schweinfurt, genauer an der Gemarkungsgrenze zwischen Gernach und Heidenfeld, steht mitten im Wald eine kleine Kapelle. Sie ist bis heute als "Wolfskapelle" bekannt und wird nahezu täglich von Einwohnern aus den beiden Ortschaften besucht. Was hat diese Kapelle mit dem Wolf zu tun? Wie lautet die Sage, die seit Jahrhunderten überliefert ist?

Es begann mit einem Krankenbesuch mitten in der stockdunklen Nacht: Ein Priester aus dem altehrwürdigen Augustinerchorherrenstift Heidenfeld wurde zu einem sterbenskranken Mann nach Gernach gerufen. Gernach und Lindach waren nämlich seit dem zwölften Jahrhundert fast 900 Jahre hindurch Filialen der Pfarrei Heidenfeld. Als der Versehgang beendet war, machte sich der Chorherr auf den Weg nach Hause in das knapp fünf Kilometer entfernte Kloster.

Auf halber Strecke angekommen, hörte der fromme Gottesmann ein Rudel Wölfe heulen und nahm gewahr, sie würden ihn verfolgen. Er fing inbrünstig zu beten an und gelobte in seiner Verzweiflung: "Wenn ich heil nach Hause finde und die Wölfe mich verschonen, werde ich zum Dank hier eine Kapelle stiften!" Tatsächlich erreichte er nach einer dreiviertel Stunde die alte hölzerne Klosterpforte und befand sich in Sicherheit.

Natürlich ging er nun daran, sein Gelübde zu erfüllen: Er ließ an jener Stelle, wo er sich in größter Not wähnte und Todesangst verspürte, eine Kapelle errichten: die Wolfskapelle. Noch heute kann man den Ort im dichten Laubwald zwischen Heidenfeld und Gernach finden. Wegen Baufälligkeit ließ man um 1850 die im Mittelalter erbaute Kapelle abreißen, ein Bildstock wurde statt ihrer aufgestellt. Jedoch erinnerte sich der Gernacher Bürger Hermann Räth nach dem Zweiten Weltkrieg an jene Sage und erbaute die Kapelle an gleicher Stelle neu. Am Rosenkranzfest 1950 konnte sie neu eingeweiht werden.

Erwin Räth kümmert sich bis heute um die Kapelle

Sein Sohn Erwin Räth hat die Fürsorge für diesen heiligen Ort von seinem Vater übernommen und kümmert sich bis heute vorbildlich um das kleine Gotteshaus. Im Innern der Kapelle findet man den alten Bildstockaufsatz mit einer Pieta aus dem Jahre 1845 an der linken Wand befestigt, wie die schmerzhafte Muttergottesdarstellung als Altar, vor dem zu jeder Jahreszeit Blumen und Kerzen stehen.

An diesem wunderschönen Gedenkort werden auch gerne Gottesdienste gefeiert, in der jüngsten Vergangenheit fanden hier sogar einige Hochzeiten statt. Eine Sitzgarnitur unweit der Wolfskapelle lädt zum Verweilen ein. Unmittelbar an der Kapelle vorbei führt der Radweg Gernach-Heidenfeld. Somit erfüllt das Gelübde aus tiefster Todesangst bis heute einen schönen Zweck für die Allgemeinheit. Dem heulenden Wolfsrudel sei Dank.

In Teil 4 unserer kleinen Serie geht es um den "Klappermann von Mönchstockheim".

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gernach
Stefan Menz
Brüder
Heidenfeld
Laubwälder
Stadt Gerolzhofen
Söhne
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top